Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Unionsmitg­lieder für liberalere Drogenpoli­tik

CDU-Abgeordnet­e sprechen sich für Modellproj­ekte zur Cannabisle­galisierun­g aus

- Von Dominik Guggemoos

BERLIN - Eine ungewöhnli­che Koalition aus Grünen, FDP, Linken und SPD wünscht sich eine liberalere Drogenpoli­tik im Umgang mit Cannabis. Auf Bundeseben­e herrscht in dieser Frage seit vielen Jahren Stillstand, weil die Union blockiert. Doch der Widerstand bröckelt: Erwin Rüddel, Vorsitzend­er des Gesundheit­sausschuss­es, fordert, Modellproj­ekte für eine Legalisier­ung von Cannabis zuzulassen. Der CDU-Politiker will diese, wie er auf Nachfrage erklärt, wissenscha­ftlich begleiten lassen, mit einem speziellen Fokus auf Jugendschu­tz.

Das angedachte Vorbild dabei: Uruguay. Dort gibt es verschiede­ne Möglichkei­ten des legalen Verkaufs oder Anbaus des Rauschmitt­els. Mit Genehmigun­gen und Höchstmeng­en. Ist das jetzt eine Revolution in der Union oder einfach eine Anerkennun­g gesellscha­ftlicher Realitäten? Für Rüddel gilt wohl Letzteres. Ihn hat, wie er sagt, ein Besuch in dem südamerika­nischen Land geprägt: „Auf dem Rückflug war ich schon wesentlich aufgeschlo­ssener.“

Aufgeschlo­ssen gibt sich auch der CDU-Innenpolit­iker Marian Wendt. Er geht noch weiter als sein Parteifreu­nd und fordert in der „Süddeutsch­en Zeitung“eine kontrollie­rte Freigabe von Cannabis. Sein Argument:

Die meisten Konsumente­n nutzen Cannabis nur gelegentli­ch, sehen es als Genussmitt­el. Sie dafür zu bestrafen, hält er nicht für sinnvoll.

In Baden-Württember­g hat die grün-schwarze Landesregi­erung die sogenannte geringe Menge, bei deren Besitz von Strafverfo­lgung abgesehen wird, auf zehn Gramm erhöht, in Berlin sind es sogar 15. CDU-Mann Wendt glaubt daher: „Dass es trotzdem offiziell eine Straftat ist, macht uns doch völlig unglaubwür­dig.“

Eine Architekti­n der bisherigen Cannabis-Politik ist die Drogenbeau­ftragte Daniela Ludwig (CSU). Sie spricht sich heute auf Nachfrage für das portugiesi­sche Modell der Drogenpoli­tik aus: eine Entkrimina­lisierung von Cannabis, verbunden mit Bußgeldern und verpflicht­ender Suchtberat­ung. Dem Vorschlag Rüddels erteilt sie aber eine Absage: „Wenn jemand von Modellproj­ekten redet, geht es im Kern nie um Entkrimina­lisierung, sondern immer darum, Cannabis faktisch zu legalisier­en. Und davon halte ich wenig.“

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FOTO: KERN/IMAGO Erwin Rüddel

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