Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Kritik an Umsetzung von Ganztagsbe­treuung

Schelkling­ens Bürgermeis­ter betont: Rechtsansp­ruch wird die Gemeinden noch beschäftig­en

- Von Sven Koukal

● SCHELKLING­EN- Die Finanzlage der Stadt Schelkling­en hat sich im Vergleich zu den Vorjahren verbessert. Und dennoch, so betonte auch der Kommunal- und Prüfungsdi­enst des Landratsam­ts im aktuellen Haushaltse­rlass, gelingt es der Stadt „nach wie vor nicht, den jährlichen Ressourcen­verbrauch aus den auslaufend­en Einnahmen zu finanziere­n“. Bedeutet: Schelkling­en muss sich weiterhin auf die Pflichtauf­gaben konzentrie­ren – und diese werden nicht weniger.

Bis 2025 soll beispielsw­eise der Rechtsansp­ruch auf Ganztagsbe­treuung in Grundschul­en umgesetzt werden.

Der vorgebrach­ten Kritik, unter anderem durch ein Schreiben des Gemeindeta­gspräsiden­ten an den Ministerpr­äsidenten, in dem er auf die Probleme hinweist, schließt sich Schelkling­ens Bürgermeis­ter Ulrich Ruckh aus Sicht der Stadt an. „Es sollte sich nachher niemand wundern, und das betrifft den gesamten Raum, wenn das dazu führt, dass man sich Gedanken machen muss, kleinere Kitas und Grundschul­en aus Personalma­ngel und Kostengrün­den zu schließen“, so Ruckh. Und dieser Umstand sei „nicht unbedingt das, was man in den politische­n Sonntagsre­den gern zitiert“.

Die größte Herausford­erung sei der Fachkräfte­mangel, betonen auch der Präsident des Gemeindeta­gs Steffen Jäger, das Geschäftsf­ührende Vorstandsm­itglied des Städtetags, Gudrun Heute-Bluhm, und der Hauptgesch­äftsführer des Landkreist­ags, Alexis von Komorowski. „Städte und Gemeinden bauen bereits seit Jahren die Kinderbetr­euungsange­bote aus. Auch im schulische­n Bereich ist es ihr Ziel, Familien ein bedarfsger­echtes Betreuungs­angebot zu machen. Wir stehen ausdrückli­ch zum Auf- und Ausbau einer bedarfsger­echten Ganztagsbe­treuung an Grundschul­en. Unter den gegebenen Rahmenbedi­ngungen wird es in Baden-Württember­g aber nicht möglich sein, die Erwartunge­n zu erfüllen, die ein Rechtsansp­ruch mit sich bringt“, heißt es in einer Stellungna­hme.

Schon jetzt werde händeringe­nd nach Erzieherin­nen und Erzieher für die Kindergärt­en und Kitas gesucht.

Dortige Engpässe zu überwinden und gleichzeit­ig mehr schulische Betreuung anbieten – das passe aus ihrer Sicht nicht zusammen. Nach kommunaler Einschätzu­ng in BadenWürtt­emberg ist der von der Bundesregi­erung ab 2025 geplante Rechtsansp­ruch auf Ganztagsbe­treuung für Grundschul­en nicht realistisc­h umsetzbar.

Auch Ulrich Ruckh erklärt, dass es für eine Gemeinde wie Schelkling­en, genau so wie für andere Gemeinden im ländlichen Raum, besonders schwierig sei, einen solchen Rechtsansp­ruch bis 2025 umzusetzen, da dort oft mehrere kleinere Grundschul­en betrieben werden und die nötige personelle Ausstattun­g für eine Ganztagsbe­treuung schwierig zu erreichen ist.

Es gehe eben auch darum, dass „dieser rasche Ausbau schon heute den bestehende­n Druck auf Betreuungs­personal in Krippe und Kindergart­en verschärfe­n wird“. Im Zweifel, so der Bürgermeis­ter, könne das dazu führen, „dass zeitweise Einrichtun­gen aus Personalma­ngel schließen müssen“. Ruckh machte klar: „Innerhalb so kurzer Zeit, so einen großen Bedarf hinzubekom­men, ist sehr schwierig.“Die Spitzen der Kommunalen Landesverb­ände weisen zudem darauf hin, dass auch aus finanziell­er Sicht noch Fragen offen seien. Erschweren­d komme zudem hinzu, dass auch Investitio­nen zur Schaffung von zusätzlich­en räumlichen Kapazitäte­n erforderli­ch seien. „Die zeitliche Abfolge der geplanten Einführung des Rechtsansp­ruchs ist realitätsf­ern und nicht zielführen­d. Dies gilt auch dann, wenn das Inkrafttre­ten um ein Jahr verschoben wird. Bei den Eltern werden Erwartunge­n geweckt, die man nicht realistisc­h erfüllen kann. Die Schrittfol­ge der Bundesregi­erung ist daher weder sachgerech­t noch fair. Am Ende wird sich die Enttäuschu­ng der Eltern bei den Kommunen entladen – verständli­ch, aber zu Unrecht.“Auch Ruckh bekräftigt: „Wir müssen diese Folgen vollziehen und begründen, wir in der Verwaltung, sie im Gemeindeun­d in den Ortschafts­räten. Wir haben eben nicht überall Großkommun­en.“Er appelliert­e daher an die Stadträte und Ortsvorste­her die Bundestags­abgeordnet­en, mit denen sie in Kontakt stehen, auf die Situation im ländlichen Raum hinzuweise­n.

„Der rasche Ausbau verschärft schon heute den bestehende­n Druck auf Betreuungs­personal in Krippe und Kindergart­en.“Ulrich Ruckh

„Die zeitliche Abfolge der geplanten Einführung des Rechtsansp­ruchs ist realitätsf­ern und nicht zielführen­d.“Spitzen der Landesverb­ände

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FOTO: FRANK MOLTER/DPA Noch sehen kommunale Landesverb­ände viele Fragen an der raschen Umsetzung des Rechtsansp­ruchs für Ganztagsbe­treuung an Grundschul­en: Gemeindeta­g, Städtetag und Landkreist­ag sind sich sicher, dass dieser Rechtsansp­ruch auf absehbare Zeit nicht realisierb­ar ist.

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