Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Testpflich­t für Kinder

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- Nach einem kühlen Frühling herrschen angenehm warme Temperatur­en – ideale Bedingunge­n für Sport im Freien, gerade auch für die Leichtathl­etik. In normalen Jahren wäre die Freiluftsa­ison der Leichtathl­eten der SG Dettingen und des TSV Erbach längst im Gange, doch 2021 ist kein normales Jahr. Training ist seit Monaten nur sehr eingeschrä­nkt möglich, Wettkämpfe waren bisher den Kaderathle­ten vorbehalte­n. Statt sich auf Training und Meistersch­aften zu konzentrie­ren, mussten sich die Verantwort­lichen der Vereine mehr mit Corona-Verordnung­en beschäftig­ten. Dennoch haben sie versucht, ein Angebot für ihre Mitglieder auf die Beine zu stellen.

Kürzlich hatte der Württember­gische Leichtathl­etikverban­d (WLV) ein Schreiben an seine Leichtathl­etikkreise und Vereine verschickt, in dem er die unbefriedi­gende Situation für den Sport im Land darstellte und auch die Sinnhaftig­keit und Schlüssigk­eit mancher von der Politik verordnete­n Einschränk­ung in Frage stellte. Von „Unmut“und „Frust“bei einer „großen Anzahl von Leichtathl­eten im Wettkampf-, Freizeit- und Breitenspo­rt“war die Rede. Ein Urteil, das für Markus Mayr, Abteilungs­leiter und Trainer der Leichtathl­eten des

TSV Erbach, nachvollzi­ehbar ist. Eine wesentlich­e

Tätigkeit der Vereinsver­antwortlic­hen bestehe im

„Prüfen und Interpreti­eren von Verordnung­en“. Dabei seien selbst Juristen herausford­ert und könnten nicht alles klar beantworte­n.

Die Vereine müssen Verordnung­en von Bund, Land und Kommunen beachten, dazu ständig mit Änderungen rechnen. Und wenn man etwas anbietet, sind Hygienevor­schriften zu beachten, ist die Betreuung der Kinder zu organisier­en. „Es ist alles sehr mühsam dafür, dass man am Ende des Tages wenig anbieten kann“, sagt Mayr. Und er fügt an: „Die Ehrenamtli­chen macht das müde und erschöpft.“Für die Abteilungs­leiter, Trainer und Betreuer ist vieles schwer zu verstehen, manches erscheint widersprüc­hlich.

Dabei hatten die Vereinsver­antwortlic­hen nach dem Winter auf Entspannun­g gehofft. „Bei den Kindern sind so langsam Erleichter­ungen da, aber vieles ist noch nicht geregelt. Das Regelwerk bereitet Probleme“, so Mayr. Zwar dürfte man im Alb-DonauKreis, in dem die Sieben-Tage-Inzidenz seit einiger Zeit stabil unter 100 liegt, wieder in Gruppen mit bis zu 20 Kindern und Jugendlich­en trainieren. Doch da begannen für Mayr schon wieder Unklarheit­en: Dürfen mehrere 20er-Gruppen gleichzeit­ig ins Stadion, müssen sie sich auf verschiede­ne Orte oder verschiede­ne Tage aufteilen? Die aktuelle Änderung der Corona-Verordnung liefert mehr Klarheit.

Für die TSV-Leichtathl­eten ist das erheblich, denn im Regelbetri­eb kommen laut Mayr stets zwischen 70 und 100 Kinder zum Training. Ähnlich viele sind es bei der SG Dettingen: Siegfried Fieder, Abteilungs­leiter und einer der Trainer, spricht von rund 70 Kinder und Jugendlich­en, die normalerwe­ise Woche für Woche bei der SG trainieren.

Im Winter und zu Frühjahrsb­eginn war an ein Training in größeren Gruppen nicht zu denken. Stillstand herrschte aber nicht in Erbach und Dettingen – zumal beide Vereine ambitionie­rte junge Sportlerin­nen und Sportler haben, die in ihrer Altersklas­se und Diszipline­n zu den Besten auf Landes- und teils auf Bundeseben­e zählen. Vorteile hatten Kaderathle­ten, die zu den Spitzenspo­rtlern zählen und deshalb recht uneingesch­ränkt trainieren durften.

Die derzeit einzige Kaderathle­tin der SG Dettingen ist Annika Schepers, die auch 2021 bei der U20-DM starten wird. „Sie konnte die ganze Zeit trainieren aufgrund ihrer Kaderzugeh­örigkeit“, sagt Fieder. Was unabdingba­r ist, um in der nationalen Spitze zu bleiben. Zurückzust­ecken wäre schwierig, so der SG-Abteilungs­leiter. „Andere Kaderathle­ten haben auch die Trainingsm­öglichkeit­en.“Für den Spitzenspo­rt gab und gibt es zudem Wettkämpfe – wie am Sonntag im bayerische­n Erding, wo Annika Schepers startet. „Sie braucht Wettkämpfe“, sagt Fieder. Um die DM-Norm im Kugelstoße­n zu erreichen, die normal kein Problem für Schepers sein sollte, aber auch als Vorbereitu­ng auf die badenwürtt­embergisch­en Meistersch­aften im Juli. „Da sind ein, zwei Wettkämpfe

Eine neue Auslegung der CoronaVero­rdnung des Landes BadenWürtt­emberg, wonach vor einem gemeinsame­n Training in Gruppen mit bis zu 20 Personen auch Kinder ab sechs Jahren einen tagesaktue­llen Test vorweisen müssen (und nicht nur Jugendlich­e ab 14 Jahren sowie Erwachsene) hat nicht nur Dachorgani­sationen des Sports verärgert, sondern auch Verantwort­liche und vorher nicht schlecht“, sagt Siegfried Fieder, der mit den Trainingsm­öglichkeit­en für Annika Schepers in den vergangene­n Monaten einverstan­den war. „Sie ist aber die einzige bei uns, bei der man zufrieden sein konnte.“

Andere ambitionie­rte SG-Athletinne­n mussten mit starken Einschränk­ungen leben. Katharina Renz, Karolina Bloching und weitere vielverspr­echende Talenten aus der Leistungsg­ruppe hatten mehr als ein halbes Jahr keinen Wettkampf. Und lange auch keine gemeinsame­n Einheiten, weil nur Einzeltrai­ning erlaubt war. Weil die Hallen geschlosse­n waren, blieb auch im Winter nur Training unter freiem Himmel. Je nach Wetter hätten er und vor allem sein Sohn Marcel Fieder jeweils einzeln mit fünf, sechs Athletinne­n geübt. „Dabei ging es darum, das Niveau einigermaß­en zu halten und nicht viel zu verlieren“,sagt Siegfried Fieder. Sich weiterzuen­twickeln sei durch die geringe Anzahl an Einheiten nicht möglich gewesen.

Jugendlich­e ab 14 Jahren dürfen seit Kurzem wieder in Gruppen trainieren, müssen aber einen tagesaktue­llen Test vorweisen. Für die unter 14-Jährigen war Gruppentra­ining schon länger möglich – selbst bei einer regionalen Inzidenz über 100, in diesem Fall aber auf fünf Kinder begrenzt. Seit die Inzidenz stabil unter 100 liegt, sind Gruppen bis 20 erlaubt – inzwischen allerdings nur mit negativem Test.

Die SG Dettingen plant die Wiederaufn­ahme des Trainings für die Jüngsten, für die es lange Zeit keine Trainingsg­elegenheit gab. Auch wenn größere

Trainer in den Vereinen. Dies wäre schwierig zu handhaben, hieß es von Vereinsver­antwortlic­hen. Womöglich ist es auch nicht nötig. Der Passus mit der Nachweispf­licht, wozu Tests gehören (auch vollständi­ge Impfung und Genesung), wurde geändert. Demnach besteht zwar grundsätzl­ich eine Nachweispf­licht für Kinder ab Vollendung des sechsten Lebensjahr­es, doch sei die Vorlage eines Gruppen erlaubt sind, werde man sich eher in kleinen Gruppen bewegen, sagt Siegfried Fieder. Und kontaktfre­i, was in der Leichtathl­etik ohnehin leicht umzusetzen ist. „Bei uns hat man keinen Kontakt, außer beim Staffelsta­b, aber das machen wir nicht.“Bei den Älteren kommen Kugel, Diskus und Speer hinzu, aber da haben alle ihre Geräte, die am Ende jeder Einheit desinfizie­rt werden.

Beim TSV Erbach erhofft man sich ebenfalls die Wiederaufn­ahme des Trainings für die Jüngsten. Ursprüngli­ch wollte man nach den Ferien beginnen, doch eine neue Interpreta­tion der Corona-Verordnung rückte Tests auch für Sechs- bis 13-Jährige in den Fokus. Deshalb habe man den Start des gemeinsame­n Trainings für die Jüngsten noch einmal verschoben und stattdesse­n ein weiteres Wochenprog­ramm für den Kinder-Leichtathl­etik (Ki-La)Fitnesspfa­d an die Mitglieder verschickt. Seit April schon sind Eltern mit ihren Kindern dazu aufgerufen, den Fitnesspfa­d rund um die Brühlwiese­n zu beschreite­n. „Woche für Woche gibt es was anderes“, sagt Markus Mayr. Das Programm dreht sich um den Kern der Leichtathl­etik, um Laufen, Werfen, Springen. „Wir wissen nicht, wie viele sich daran beteiligen, aber die Rückmeldun­gen waren sehr positiv“, so der Abteilungs­leiter.

Für die ambitionie­rten Jugendlich­en gab es in Erbach in den vergangene­n Monaten Einzeltrai­ning. Ein Trainer kümmerte sich um die Mehrkampfg­ruppe der TSV-Leichtathl­eten und bot einzelne Einheiten in verschiede­nen von der jeweiligen Schule bescheinig­ten negativen Tests, der maximal 60 Stunden zurücklieg­t, ausreichen­d. Würden die Kinder also zweimal pro Woche in der Schule getestet, wäre damit das Vereinstra­ining abgedeckt. Bei einer Inzidenz unter 35 entfällt für Veranstalt­ungen und Angebote im Freien die Nachweispf­licht (siehe auch Änderungen in der CoronaVero­rdnung). (aw)

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FOTO: PRIVAT Markus Mayr

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