Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Generation­enwechsel geglückt im Gasthof Ziegler

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Otto heißt der Vater und war jahrzehnte­lang der Chef hinterm Herd – sein Sohn heißt Michael und ist es heute. Das Gasthaus Ziegler im Lindauer Teilort Oberreitna­u existiert seit mehr als 100 Jahren, und dass Erfolg und Zuspruch so lange gehalten haben, liegt nicht zuletzt am familiären Selbstvers­tändnis. Aber Tradition allein ist noch lange kein Garant dafür, dass sich auch in Zukunft Gäste überzeugen lassen. Verdient der Junior also das Vertrauen, das der Senior sich über so lange Zeit erarbeitet hat?

Diese Zeilen entstanden kurz vor dem Herbst-Lockdown. Küche und Service bestehen noch in gleicher Konstellat­ion, auch wenn im Augenblick nur im Außenberei­ch serviert werden darf. Das Team fiebert der Öffnung im Innern entgegen: Die Räume in hellem Buchenholz sind ebenso gepflegt wie einladend – steht doch auf jedem Tisch ein Vase mit frischen Blumen. Überaus imposant ist aber die Wanddekora­tion. Sie geht auf die Leidenscha­ft fürs Hochseefis­chen von Otto Ziegler zurück, der eine Armada von präpariert­en Fischköpfe­n ins Restaurant gehängt hat. Egal wie das Essen ist – zum Gucken gibt’s jedenfalls reichlich.

Ein hochgewach­sener Kellner in klassische­m Schwarz-Weiß – ganz alte Schule – bringt die Karte. Darauf wird rasch die Vorliebe für Steaks deutlich, die in unterschie­dlicher Garnitur auf dem Tisch kommen. Saisonale Spezialitä­ten – etwa im Herbst Kürbis und Wild, im Augenblick Tettnanger Spargel und frische Erdbeeren – reichern die Standards wie Zwiebelros­tbraten oder Schnitzelv­ariationen an. Gleich zu Anfang versetzt der Geruch einer intensiven Brühe die Geschmacks­nerven in Habachtste­llung. In ihr schwimmen schön gebräunte Flädle. Die Kürbiscrem­e mit Sahnekleck­s, Kernöl und Kresse unterstrei­cht die guten Fähigkeite­n auf dem Gebiet heißer Suppen.

Die Salate, deren Frische tadellos ist, zeigen besondere Akzente – zum Beispiel der rustikale Krautsalat, der deutlich mit Knoblauch abgeschmec­kt ist. Nichts weniger als großartig ist der Kartoffels­alat – ihn zeichnen gute Grundprodu­kte und routiniert­e Zubereitun­g aus: schlotzig, würzig, außergewöh­nlich. Zum überzeugen­den Gesamterle­bnis tragen auch die Details bei. Etwa der intensive und nicht chemisch gestreckte Bratensaft beim Rumpsteak Hofmeister Art: Das Fleisch hat eine ausgezeich­nete Reife, wodurch es nicht nur zart, sondern auch maximal geschmackv­oll ist. Ein bisschen Kräuterbut­ter, knackig-frische Pommes – viel mehr kann man aus einer SteakMahlz­eit nicht machen.

Dass die treffsiche­re Zubereitun­g beim Fleisch kein Zufall ist, zeigt der Teller mit Wildkompos­itionen von

Hirsch, Reh und Wildschwei­n. Auch hier wieder: Jedes Stück ist saftig gebraten. Die milde Soße fängt schöne Pilzaromen ein. Dazu gibt es sehr gelbe, offenbar mit ein bisschen Kurkuma aufgehübsc­hte Butterspät­zle. Einzig das Rosenkohlg­emüse wirkt dunkelgrün-verwaschen und hat geschmackl­ich kein größeres Wörtchen mitzureden. Keine Sensation sind auch die Apfelküchl­e, deren Teighülle nicht luftig locker ist, sondern recht dünn. Doch das kann den Eindruck, dass der Generation­enwechsel im Ziegler’schen Gasthaus gut geglückt ist, kaum trüben.

Gasthof Ziegler

Bodenseest­r. 32

88131 Lindau-Oberreitna­u

Tel. 08382-5410 www.hotel-ziegler.de geöffnet von 10-14 Uhr und von 17 bis 22 Uhr, Ruhetage Montag und Dienstag. Hauptgeric­hte 12,5026,50 Euro.

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Nichts zu meckern gibt’s beim zarten Rumpsteak.
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Von Erich Nyffenegge­r

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