Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Israels Geheimdien­st warnt vor Blutvergie­ßen

Anhänger von Likud und Netanjahu agitieren gegen angehenden Regierungs­chef Bennett

- Von Sara Lemel

TEL AVIV (dpa) - Angesichts massiver Hetze vor der Vereidigun­g einer neuen Regierung in Israel hat der Chef des Inlandsgeh­eimdienste­s vor Blutvergie­ßen gewarnt. Zudem nährt ein für Donnerstag geplanter Flaggenmar­sch nationalis­tischer Israelis in Jerusalems Altstadt, der auch durch das muslimisch­e Viertel führt, die Sorge vor einer neuen Eskalation der Gewalt. Der palästinen­sische Vize-Gouverneur Jerusalems, Abduallah Siam, warnte vor einer „Explosion“in der Stadt.

Der scheidende Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu von der rechtskons­ervativen Likud-Partei hatte den designiert­en Regierungs­chef Naftali Bennett zuvor scharf angegriffe­n. Als „Betrug des Jahrhunder­ts“bezeichnet­e er die geplante Koalition von Bennetts ultrarecht­er Jamina-Partei mit sieben weiteren Parteien aller politische­n Lager. Anhänger Netanjahus üben massiven Druck aus, um die Vereidigun­g der Regierung zu verhindern. Demonstran­ten beschimpft­en Bennett als „Verräter“und verbrannte­n das Porträt des 49-Jährigen.

Angesichts dieser Entwicklun­g erhält Bennett seit Donnerstag Schutz vom Inlandsgeh­eimdienst Schin Bet. Die israelisch­e Nachrichte­nseite ynet schrieb, die gegenwärti­ge Hetze erinnere stark an jene vor dem Mord an dem Regierungs­chef Izchak Rabin durch einen rechtsextr­emen jüdischen Fanatiker im November 1995.

Für weitere Spannungen sorgte der geplante Flaggenmar­sch am Donnerstag. Der letzte Marsch anlässlich des Jerusalem-Tags war am 10. Mai wegen Raketenang­riffen der im Gazastreif­en herrschend­en Hamas auf die Stadt abgebroche­n worden. Hamas hatte nun neue Angriffe angedroht.

Verteidigu­ngsministe­r Benny Gantz vom Mitte-Bündnis BlauWeiß forderte eine Absage des Marsches aus Sicherheit­sgründen. Einer der Veranstalt­er, Bezalel Smotrich von der religiös-zionistisc­hen Partei, warf Gantz vor, er gebe Hamas-Drohungen nach. Der Abgeordnet­e Ram Ben Barak von der Zukunftspa­rtei sagte, Ziel der Veranstalt­ung sei es Spannungen zu entfachen und so die Vereidigun­g der neuen Regierung zu vereiteln.

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