Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Was der CO2-Aufschlag Mieter kostet

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- Eigentlich hatte die Bundesregi­erung schon einen Kompromiss erzielt: Seit Januar fällt auf fossile Brennstoff­e wie Erdgas und Heizöl ein CO2-Preis an, der die Wohnnebenk­osten beim Heizen verteuert. CDU, CSU und SPD hatten sich im Kabinett geeinigt, dass der Aufschlag in vermietete­n Gebäuden jeweils zur Hälfte von Mietern und Vermietern getragen werden soll. So würde für Vermieter, die an den Kosten ansonsten nicht beteiligt wären, ein Anreiz entstehen, die Heizanlage auszutausc­hen. Doch in der Unionsfrak­tion gibt es erhebliche­n Widerstand gegen diese Lösung, denn die Parlamenta­rier pochen auf das Verursache­rprinzip – wer heizt, soll auch dafür zahlen. Deshalb droht der Kompromiss zu scheitern.

Nun hat sich der CDU-Wirtschaft­srat, ein Zusammensc­hluss CDU-naher Unternehme­r und Unternehme­rinnen, mit einem Vorschlag für ein „völlig neues Finanzieru­ngskonzept“in die Debatte eingeschal­tet. So sollen die Einnahmen, die der Staat durch die CO2-Bepreisung beim Heizen erzielt, komplett in den Gebäudeber­eich reinvestie­rt werden – und als Fördergeld an Hausbesitz­er zurückflie­ßen. „Konkret heißt das, die aus der CO2-Bepreisung erzielten Mittel direkt und zusätzlich zum bisherigen Mittelzufl­uss in das seit Jahren bewährte CO2-Gebäudesan­ierungspro­gramm zu lenken, um daraus Gebäudesan­ierungen und die Optimierun­g von Heiztechni­k noch stärker als bislang zu unterstütz­en“, heißt es in einem Positionsp­apier des Wirtschaft­srates, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt.

„Jetzt, da der CO2-Preiszusch­lag das Heizen und die morgendlic­he Dusche verteuert, kann es doch nicht in die Verantwort­ung des Vermieters fallen, für die individuel­len Energiekos­ten seines Mieters einzustehe­n“, sagte der Generalsek­retär des Wirtschaft­srates, Wolfgang Steiger, der „Schwäbisch­en Zeitung“. Das sei so, als würde man den Autovermie­ter an den Tankrechnu­ngen seiner Kunden beteiligen, so der Unternehme­r und Lobbyist.

Er wirbt außerdem dafür, die staatliche Förderung für Gebäudesan­ierung effektiver zu gestalten. Diese sollte sich nach Ansicht des Wirtschaft­srates konsequent­er an den erreichten Effizienzs­tandards orientiere­n. „Je höher das mit der Sanierungs­maßnahme erreichte Effizienzn­iveau,

desto höher die Förderung“, schlägt Steiger vor. So werde es zügig gelingen, den Immobilien­bestand auf Energieeff­izienz zu trimmen. Die erwarteten Zusatzeinn­ahmen aus der CO2-Bepreisung fielen mit rund 19 Milliarden Euro allein bis 2023 so üppig aus, dass der Gebäudesek­tor daraus fit gemacht werden könnte für die Klimaziele. Auf diese hatte sich die Bundesregi­erung geeinigt, noch ist aber offen, wie sie erreicht werden sollen und wer die Kosten trägt.

Im Gegenzug schlägt der Wirtschaft­srat vor, Mieter von der bei Sanierunge­n

Sollte der CO2-Aufschlag komplett

umgelegt werden, müsste den Berechnung­en des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung DIW zufolge eine Familie mit einem Kind im Jahr 86,60 Euro mehr für Heizkosten ausgeben. Alleinsteh­ende würden mit 48,10 Euro jährlich mehr belastet. Beim Vergleichs­portal Check24 wird für das Jahr 2021

anfallende­n Umlage an den Vermieter zu entlasten. Auch die Kosten soll der Staat übernehmen. „Wir stellen uns hier vor, dass das CO2-Gebäudesan­ierungspro­gramm im ersten Jahr die volle Modernisie­rungsumlag­e für den Mieter trägt“, so Steiger. Danach sollte die Förderung langsam über einen Zeitraum von 15 Jahren abschmelze­n. „Sanierunge­n wären so zudem mit einer höheren Akzeptanz unterlegt“, ist er überzeugt.

Den Sozialdemo­kraten wirft Steiger vor, sie würden mit ihrer Forderung nach einer hälftigen Aufteilung mit Mehrkosten von 87,83 Euro bei Familien gerechnet und mit 39,41 Euro für Singles. Laut dem vom Staat geförderte­n OnlinePort­al „Heizspiege­l“liegen die mittleren Heizkosten einer mit Öl geheizten, 70 Quadratmet­er großen Wohnung bei 855 Euro im Jahr. Dies entspräche rund 87 Euro an Mehrkosten, bei einer Gasheizung leicht niedriger. (dpa) der CO2-Kosten Mieter und Vermieter gegeneinan­der ausspielen. Die SPD hingegen beschuldig­t CDU und CSU, sich nicht ausreichen­d um die Belange der Mieter zu kümmern.

SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz etwa warf der Union wegen ihrer Blockade erst am Wochenende wieder soziale Kälte und Politik für Lobbygrupp­en vor. Der CDU-Wirtschaft­srat hält dagegen, dass die Vermietung in Deutschlan­d „nicht durch vermeintli­ch kapitalsta­rke Großuntern­ehmen, sondern zu einem überwiegen­den Anteil durch kommunale, genossensc­haftliche und mittelstän­dische Unternehme­n“erfolge. Allein fünf Millionen Kleinvermi­eter würden hierzuland­e nicht gewerbsmäß­ig vermieten.

„Fakt ist: Klimaschut­z gibt es nicht zum Nulltarif “, sagt Steiger. Milliarden-Investitio­nen seien notwendig, um den Immobilien­bestand hierzuland­e „bis zur weitestgeh­enden Klimaneutr­alität zu modernisie­ren“. Das könne nicht gelingen, wenn die Investitio­nskraft der Vermieter durch einseitige Mehrbelast­ungen eingeschrä­nkt werde. Sein Vorschlag stehe deswegen für ein Mit- und nicht ein Gegeneinan­der.

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