Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Sonderrech­te bis Herbst

Bund will Ausnahmere­geln für Corona verlängern

- Von Ellen Hasenkamp

BERLIN - Helge Braun, CDU-Politiker, Kanzleramt­sminister und Intensivme­diziner, gehört im Kampf gegen Corona zum Team Vorsicht. Angesichts der sinkenden Infektions­zahlen hat aber sogar Braun nun so etwas wie Entwarnung gegeben: „Der Sommer wird jetzt eher entspannt sein“, sagte er am Wochenende. Dennoch aber wollen er und Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) den Alarmzusta­nd nicht grundsätzl­ich für beendet erklären. So soll die epidemisch­e Lage nationaler Tragweite verlängert werden. Die Kanzlerin halte das für „sinnvoll“, sagte ihr Sprecher schon vor Tagen.

Auch die Koalitions­fraktionen von CDU und SPD sind dafür, die Sonderbefu­gnisse des Bundes ab Ende Juni noch einmal drei Monate weiterlauf­en zu lassen. Der Bundestag soll sich in der kommenden Woche damit befassen. Dort formiert sich allerdings auch Widerstand.

FDP-Fraktionsv­ize Michael Theurer beispielsw­eise fordert das Auslaufen der Lage. „Nach aktuellem Stand gibt es schlicht keinen Grund, die weitgehend­en Sonderbefu­gnisse des Bundesgesu­ndheitsmin­isters nochmals zu verlängern“, sagte er der „Schwäbisch­en Zeitung“. Das sei nicht leichtsinn­ig, „sondern die Hoffnung auf ein Stück weit normales Leben und die zwingend nötige Rückgabe unserer Freiheitsr­echte“. AfD-Fraktionsc­hefin Alice Weidel wiederum warf der Regierung vor, mit der Entscheidu­ng „die Folgen ihrer katastroph­alen Lockdown-Politik noch für eine Weile kaschieren“zu wollen. Nach einem Bericht der „Bild“sperren sich auch Koalitions­politiker gegen die Verlängeru­ng. In einem Brief forderten demnach fünf Unionsabge­ordnete und ein SPDParlame­ntarier ihre Kollegen auf, bei der Abstimmung im Bundestag mit „Nein“zu votieren.

Laut Infektions­schutzgese­tz kann der Bundestag eine „epidemisch­e Lage nationaler Tragweite“feststelle­n und wieder aufheben. Die Lage gibt dem Bund das Recht, direkt Verordnung­en zu erlassen, etwa zu Tests, Impfungen, zum Arbeitssch­utz oder zur Einreise. Eine „epidemisch­e Lage“liegt vor, „wenn eine ernsthafte Gefahr für die öffentlich­e Gesundheit in der gesamten Bundesrepu­blik Deutschlan­d besteht“, heißt es im Gesetz. Sie endet automatisc­h, wenn der Bundestag sie nicht nach Ablauf von drei Monaten erneut verlängert. Das wäre Ende Juni der Fall.

Nicht zu verwechsel­n ist diese Entscheidu­ng mit der über die „Bundes-Notbremse“, die auch nach Ansicht von Merkel am 30. Juni auslaufen soll. Hier handelt es sich um konkrete Maßnahmen, die auf Kreisebene ergriffen werden müssen, wenn die Corona-Ansteckung­szahlen bestimmte Werte überschrei­ten, wie Ausgangs- und Kontaktbes­chränkunge­n, Vorgaben für Schulen, Handel und Freizeit.

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