Was beim Vererben zu beachten ist
Wer seinen Nachlass gut vorplant, kann für die Erben Geld sparen
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STUTTGART - Wer sich das Urteil des Schriftstellers Theodor Fontane aus dem 19. Jahrhundert zu eigen macht, wonach „Geizhälse die Plage ihrer Zeitgenossen, aber das Entzücken ihrer Erben sind“, könnte Gefahr laufen, die Option der Schenkung zu übersehen. Während die Erbschaft eine Vermögensübertragung nach dem Tod eines Angehörigen ist, erfolgt bei der Schenkung die Vermögensübertragung unter Lebenden.
Bei Erbschaft- und Schenkungsteuer gelten dieselben Freibeträge, geregelt im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer Gesetz (ErbStG). Allerdings können diese bei einer Schenkung alle zehn Jahre genutzt werden, bei einer Erbschaft dagegen nur einmal. Bei der Berechnung der Erbschaftsteuer spielen der Wert des Erbes wie auch steuerliche Freibeträge und Steuerklassen in Abhängigkeit vom Verwandtschaftsgrad zum Verstorbenen eine Rolle. Zudem fließen die Schulden des Verstorbenen sowie bereits erfolgte Schenkungen mit in die Berechnung ein.
Als Faustregel gilt: Je näher man dem Verstorbenen stand, desto höher ist der Freibetrag – und desto weniger Steuern fallen an. Während dem Ehemann oder der Ehefrau sowie dem Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ein Freibetrag von 500 000
Euro zusteht, sind es bei Kindern, Stief- oder Adoptivkindern sowie Enkeln, deren Eltern verstorben sind, je 400 000
Euro. Doch auch wenn eine Immobilie diesen Freibetrag übersteigen würde, sodass bei einer Schenkung Steuern anfallen würden, kann die Steuerlast zu Lebzeiten des Schenkers reduziert oder gar ausgeschlossen werden – und zwar je früher eine Immobilie gegen Vorbehalt eines Nutzungsrechts von den Eltern einem Kind geschenkt wird. Denn der kapitalisierte
Wert eines Nutzungsrechts kann vollständig vom ermittelten Steuerwert einer Immobilie in Abzug gebracht werden. „Je früher eine Immobilie deshalb übertragen wird, desto höher ist der kapitalisierte Wert des Nutzungsrechts, da sich dies nach dem bisher erreichten Lebensalter eines Schenkers richtet“, erläutert Elmar Uricher, Rechtsanwalt und Erbrechtsexperte aus Konstanz. Wenn also eine Großmutter ihrer Tochter ein Mehrfamilienhaus schenkt und sich den Nießbrauch daran vorbehält und die Tochter wiederum ihrem Sohn das Haus unter Vorbehalt des Nießbrauches für sich selbst weiterverschenkt, so kann dieser bei der Steuerermittlung bereits abgezogen werden. Diese Entscheidung sei neu und eine wichtige Grundlage für die Übertragung von Immobilien unter Nießbrauchvorbehalt, macht Uricher klar.
Gleichzeitig weist er darauf hin, dass die lebzeitige Übertragung von Immobilien auch eine Entlastung für die Eltern darstellen kann. In einem Übergabevertrag könne man etwa regeln, dass sich die Kinder als Erwerber um die Vermietung kümmern müssen – auch wenn sich die Eltern beispielsweise an einem Mehrfamilienwohnhaus den Nießbrauch vorbehalten haben. Dabei betont Uricher, wie wichtig es ist, dass in den Fällen, in denen sich Schenker an einer Immobilie den Nießbrauch vorbehalten, auch geregelt wird, dass sie die außerordentlichen Aufwendungen bezüglich der Immobilie zu tragen haben. Wird das nicht geregelt, tritt der auch steuerrechtlich ungünstige Zustand ein, dass die Schenker künftig weiterhin die Einnahmen haben, aber die außerordentlichen Aufwendungen wie etwa eine Sanierung von den Beschenkten zu tragen sind. „Das schafft rasch Unfrieden
zwischen den Beteiligten“, warnt Uricher.
Eltern, die ihre Kinder schon lebzeitig beschenken, sollten auch prüfen, ob sie für bestimmte Fälle nicht ein Rückfall- oder Rücktrittsrecht einbauen wollen, – etwa, wenn das beschenkte Kind vorverstirbt und keine eigenen Kinder hinterlässt. In diesem Fall können die Eltern das Geschenk zurückfordern und neu verfügen. Auch kann man vereinbaren, dass das beschenkte Kind für den Fall der Heirat einen Ehevertrag abschließen muss, damit das geschenkte Haus vom Zugewinn ausgenommen ist. Möchte man also sicherstellen, dass die späteren erbberechtigen Kinder nicht über den Nachlass streiten, ist eine frühzeitige Planung der Vermögensnachfolge von großer Bedeutung. Hinzu kommt, dass diejenigen, die schon vor Gericht die Klinge gekreuzt haben, kaum mehr in der Lage sein mögen, sich beim nächsten Familienfest friedlich zu begegnen.