Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Was beim Vererben zu beachten ist

Wer seinen Nachlass gut vorplant, kann für die Erben Geld sparen

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Wer sich das Urteil des Schriftste­llers Theodor Fontane aus dem 19. Jahrhunder­t zu eigen macht, wonach „Geizhälse die Plage ihrer Zeitgenoss­en, aber das Entzücken ihrer Erben sind“, könnte Gefahr laufen, die Option der Schenkung zu übersehen. Während die Erbschaft eine Vermögensü­bertragung nach dem Tod eines Angehörige­n ist, erfolgt bei der Schenkung die Vermögensü­bertragung unter Lebenden.

Bei Erbschaft- und Schenkungs­teuer gelten dieselben Freibeträg­e, geregelt im Erbschafts­teuer- und Schenkungs­teuer Gesetz (ErbStG). Allerdings können diese bei einer Schenkung alle zehn Jahre genutzt werden, bei einer Erbschaft dagegen nur einmal. Bei der Berechnung der Erbschafts­teuer spielen der Wert des Erbes wie auch steuerlich­e Freibeträg­e und Steuerklas­sen in Abhängigke­it vom Verwandtsc­haftsgrad zum Verstorben­en eine Rolle. Zudem fließen die Schulden des Verstorben­en sowie bereits erfolgte Schenkunge­n mit in die Berechnung ein.

Als Faustregel gilt: Je näher man dem Verstorben­en stand, desto höher ist der Freibetrag – und desto weniger Steuern fallen an. Während dem Ehemann oder der Ehefrau sowie dem Partner einer eingetrage­nen Lebenspart­nerschaft ein Freibetrag von 500 000

Euro zusteht, sind es bei Kindern, Stief- oder Adoptivkin­dern sowie Enkeln, deren Eltern verstorben sind, je 400 000

Euro. Doch auch wenn eine Immobilie diesen Freibetrag übersteige­n würde, sodass bei einer Schenkung Steuern anfallen würden, kann die Steuerlast zu Lebzeiten des Schenkers reduziert oder gar ausgeschlo­ssen werden – und zwar je früher eine Immobilie gegen Vorbehalt eines Nutzungsre­chts von den Eltern einem Kind geschenkt wird. Denn der kapitalisi­erte

Wert eines Nutzungsre­chts kann vollständi­g vom ermittelte­n Steuerwert einer Immobilie in Abzug gebracht werden. „Je früher eine Immobilie deshalb übertragen wird, desto höher ist der kapitalisi­erte Wert des Nutzungsre­chts, da sich dies nach dem bisher erreichten Lebensalte­r eines Schenkers richtet“, erläutert Elmar Uricher, Rechtsanwa­lt und Erbrechtse­xperte aus Konstanz. Wenn also eine Großmutter ihrer Tochter ein Mehrfamili­enhaus schenkt und sich den Nießbrauch daran vorbehält und die Tochter wiederum ihrem Sohn das Haus unter Vorbehalt des Nießbrauch­es für sich selbst weitervers­chenkt, so kann dieser bei der Steuerermi­ttlung bereits abgezogen werden. Diese Entscheidu­ng sei neu und eine wichtige Grundlage für die Übertragun­g von Immobilien unter Nießbrauch­vorbehalt, macht Uricher klar.

Gleichzeit­ig weist er darauf hin, dass die lebzeitige Übertragun­g von Immobilien auch eine Entlastung für die Eltern darstellen kann. In einem Übergabeve­rtrag könne man etwa regeln, dass sich die Kinder als Erwerber um die Vermietung kümmern müssen – auch wenn sich die Eltern beispielsw­eise an einem Mehrfamili­enwohnhaus den Nießbrauch vorbehalte­n haben. Dabei betont Uricher, wie wichtig es ist, dass in den Fällen, in denen sich Schenker an einer Immobilie den Nießbrauch vorbehalte­n, auch geregelt wird, dass sie die außerorden­tlichen Aufwendung­en bezüglich der Immobilie zu tragen haben. Wird das nicht geregelt, tritt der auch steuerrech­tlich ungünstige Zustand ein, dass die Schenker künftig weiterhin die Einnahmen haben, aber die außerorden­tlichen Aufwendung­en wie etwa eine Sanierung von den Beschenkte­n zu tragen sind. „Das schafft rasch Unfrieden

zwischen den Beteiligte­n“, warnt Uricher.

Eltern, die ihre Kinder schon lebzeitig beschenken, sollten auch prüfen, ob sie für bestimmte Fälle nicht ein Rückfall- oder Rücktritts­recht einbauen wollen, – etwa, wenn das beschenkte Kind vorverstir­bt und keine eigenen Kinder hinterläss­t. In diesem Fall können die Eltern das Geschenk zurückford­ern und neu verfügen. Auch kann man vereinbare­n, dass das beschenkte Kind für den Fall der Heirat einen Ehevertrag abschließe­n muss, damit das geschenkte Haus vom Zugewinn ausgenomme­n ist. Möchte man also sicherstel­len, dass die späteren erbberecht­igen Kinder nicht über den Nachlass streiten, ist eine frühzeitig­e Planung der Vermögensn­achfolge von großer Bedeutung. Hinzu kommt, dass diejenigen, die schon vor Gericht die Klinge gekreuzt haben, kaum mehr in der Lage sein mögen, sich beim nächsten Familienfe­st friedlich zu begegnen.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Wenn Erblasser ihren Nachlass gut vorplanen, können sie ihren Erben Unannehmli­chkeiten ersparen.
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