Starkregen schwemmt Autos weg und flutet Keller
Über Deutschland wüten auch am Sonntag Unwetter – Mehrere Boote kentern auf dem Bodensee
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BERLIN (dpa) - Blitze schlugen ein, Starkregen flutete Keller und Unterführungen, Autos wurden weggeschwemmt: In vielen Orten Deutschlands haben Unwetter am Wochenende immense Schäden verursacht. Schlimm betroffen waren gleich mehrere Orte in Thüringen. Im kleinen Ort Gierstädt bei Erfurt gellten am Sonntagmorgen die Sirenen. Kurz darauf stand das Dorf unter Wasser. Die Polizei sperrte Gierstädt zeitweise ab – alle Zufahrtsstraßen waren nicht mehr passierbar. „Das Wasser kam aus dem Wald geschossen“, sagte Bürgermeister Ulf Henniger. Dabei seien auch Schlammmassen in den Ort gespült worden. Süddeutschland kam bis zum Sonntagabend vergleichsweise glimpflich davon
Zuvor war am Freitagabend im Ortsteil Mosbach der thüringischen Gemeinde Wutha-Farnroda eine Flutwelle kniehoch durch den Ort geströmt und hatte Häuser, Gärten und Garagen geflutet. Mehrere Autos wurden weggeschwemmt, aus einigen mussten Menschen befreit werden. Der Bürgermeister rechnete mit Schäden in Millionenhöhe, bei einem Gebäude wurde ein Teilabsturz durch einen Hangrutsch befürchtet.
Auch in Hennef in NordrheinWestfalen kam es nach einem Unwetter am Freitagabend zu Hangrutschungen. Ein Auto wurde in einen Bach gespült, das Gelände eines Schwimmbads mit Schlamm und Geröll bedeckt, eine durch den Wald verlaufende Straße stark unterspült.
Auf einer Tunnelbaustelle in Stuttgart starb am Freitag ein 65 Jahre alter Arbeiter. Ersten Erkenntnissen zufolge hatte starker Regen einen unterirdisch verlaufenden Bach am Nachmittag stark anschwellen lassen. Das Wasser unterspülte ein Gerüst, riss es dadurch um und mehrere Arbeiter mit sich. Einsatzkräfte konnten einen von den Wassermassen mitgerissenen Arbeiter aus dem nahen Neckar retten. Der Mann wurde in ein Krankenhaus gebracht, ebenso wie zwei weitere Personen, die ihm wohl zur Hilfe kommen wollten. Die Bergung des getöteten Arbeiters dauerte einem Polizeisprecher zufolge Stunden und konnte erst am späten Freitagabend abgeschlossen werden.
Starkregen hatte am Samstagabend den Bereich um den Hauptbahnhof in Stuttgart am Samstagabend überschwemmt. Das Wasser stand zeitweise bis zu 30 Zentimeter hoch, wie ein Sprecher der Polizei am Sonntag mitteilte. Das Wasser konnte demnach unter anderem aufgrund verstopfter Regenabläufe nicht schnell genug versickern. Die Polizei sperrte deshalb zeitweise eine Straße.
In Laatzen bei Hannover holte die Feuerwehr am Samstag eine Seniorin aus einer überfluteten Fußgängerunterführung. Die 82-Jährige war zusammen mit acht Jugendlichen von etwa 30 Zentimeter hoch stehendem Wasser eingeschlossen. Feuerwehrleute trugen die Rentnerin ins Freie.
In Düsseldorf wurde eine Zwölfjährige lebensgefährlich verletzt, nachdem ein Blitz am Freitagabend nahe ihrer Radfahrergruppe eingeschlagen hatte. Das Mädchen erlitt vermutlich einen Stromschlag und stürzte auf die Straße, wo es von einem Auto erfasst wurde.
In vielen Orten musste die Feuerwehr binnen kurzer Zeit etliche Male ausrücken. Allein in Osthessen gab es Hunderte Einsätze – im Landkreis Fulda im Laufe des Samstags schon 330. Bei bis zu 100 Litern pro Quadratmeter in der Stunde kam es laut
Polizei „zu überfluteten Straßen, unzähligen herausgesprungenen Gulliund Kanaldeckeln, vollgelaufenen Kellern und Erdabgängen“.
In vielen Regionen Deutschlands kam es zudem zu zahlreichen wetterbedingten Verkehrsunfällen. Die meisten verliefen glimpflich. Örtlich mussten unterhöhlte oder unter Schlamm begrabene Straßen gesperrt werden. Auf dem Bodensee kenterten am Samstag mehrere Segelboote und ein Katamaran im Sturm. Internationaler Seenotalarm wurde ausgelöst, Polizei, Feuerwehren, Wasserrettung und ein Hubschrauber des Innenministeriums waren im Einsatz. Alle Besatzungen konnten in Sicherheit gebracht werden.
Auch in Teilen Bayerns hat der Starkregen zu überschwemmten Straßen und überfluteten Kellern geführt. Vom Main bis zu den Alpen wurden in vielen Orten Keller und Straßen überflutet, Blitze richteten Schäden an. Die Feuerwehren waren in einigen Regionen im Dauereinsatz.
Allein in Oberfranken meldete die Polizei mehr als 100 Einsätze – die meisten um Bindlach im Landkreis Bayreuth und im Landkreis Coburg. Viele Keller seien vollgelaufen, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag.
Bei Gößweinstein im Landkreis Forchheim kam es zu einem Erdrutsch, eine Straße wurde deshalb gesperrt. Aufgrund der Wassermassen und dem mit angeschwemmten Schlamm mussten bei Huisheim am Samstagabend mehrere Straßen zeitweise gesperrt werden, wie die Polizei am Sonntag mitteilte. Zusätzlich wurden etwa 20 Keller überschwemmt. Insgesamt waren mehr als 200 Einsatzkräfte vor Ort. Die Aufräumarbeiten zogen sich bis in die Morgenstunden.
Die Ötztalstraße in Tirol wurde nach einem massiven Felssturz zwischen Zwieselstein und Untergurgl in der Nacht zum Sonntag komplett gesperrt. „Obergurgl ist derzeit über keinen Verkehrsweg erreichbar“, teilte die Polizei in Sölden mit. Eine Luftbrücke stelle die Versorgung der Bevölkerung sicher.