Langsam pilgern sie wieder
Anlaufpunkt für Pilger: So läuft’s nach der Wiedereröffnung im Oberdischinger Cursillo-Haus
● OBERDISCHINGEN - Eigentlich gehören sie zum Bild der Gemeinde und eigentlich wären schon jetzt ganze Scharen unterwegs: Die Pandemie hat auch das Pilgern verändert. Das zeigt ein Blick ins örtliche Cursillo-Haus St. Jakobus in Oberdischingen. Hier gibt Hausleiterin Julia Kohler nach der Wiedereröffnung Einblick, was sich geändert hat. Erste Pilger haben die Gastfreundschaft in den vergangenen Tagen genossen, doch die großen Gruppen bleiben aus. „Es sind zwar weniger Pilger unterwegs, doch die, die kommen, sind überglücklich“, erklärt Kohler. Das Pilgern, ist sie sich sicher, hat in diesen besonderen Zeiten eine neue Bedeutung gewonnen.
Pilgern, das sei eine regelrechte Auszeit für die Seele: Das berichten die Pilger, die in Oberdischingen Station machen. Für Julia Kohler absolut nachvollziehbar. „Durch das Pilgern lässt sich der Stress bewältigen, den die Pandemie mit sich bringt. Man kann sehr zu sich, in die Gegenwart finden“, sagt sie. Egal ob die Heimat neu entdecken, neue Kraft tanken oder einfach die Natur genießen – all das bringt allein schon der in der Pandemie wieder neu entdeckte Spaziergang, und gerade das Pilgern intensiviert diese Erfahrungen. Es herrsche bei vielen Pilgern und denjenigen, die es sich überlegen, eine Aufbruchsstimmung, so Kohler.
Die Folgen jedoch seien nach wie vor spürbar, auch im Haus St. Jakobus. „Es ist schon verrückt“, erzählt die Hausleiterin, „das erste, nachdem wir fragen, ist nicht mehr der Pilgerausweis, sondern der Impfausweis.“Zwar seien die Teammitglieder wie auch die Pilger routinierter im Umgang mit Abständen und Regeln, doch gebe es nach wie vor einiges zu beachten. Die „30, 40 Quadratmeter“pro Pilger könne man locker bieten, sagt Julia Kohler.
Der Großteil der Großgruppen, die sonst ganz gezielt Oberdischingen ansteuern, habe auch für dieses Jahr schon abgesagt. Bisher seien viele einzeln oder zu zweit unterwegs. Das werde auch in den nächsten Wochen so bleiben, sagt Kohler. Sie erwartet, dass nach wie vor kleine 2er-, vielleicht auch die eine oder andere 3er-Gruppe kommen wird. An der Gastfreundschaft – ein wesentliches Element des Pilgerns – habe sich nichts geändert. „Die Pilger sind sehr froh, dass sie bei uns übernachten können und auch was zu essen bekommen“, so Kohler. Die Angebote seien derzeit nicht so üppig wie sonst auf der Strecke. Grundsätzlich sei es recht unübersichtlich für die Pilger, was hat geöffnet, was nicht, wo kann man Station machen, wo nicht.
Doch mit der Wiederöffnung und dem passenden Wetter der vergangenen Tagen wird langsam wieder mehr gepilgert. Oberdischingens Cursillo-Haus ist als „Teil des Weges“wieder richtig dabei. „Wir sind froh, wenn Leute kommen. Wir rollen inwendig für jeden den roten Teppich aus“, so Julia Kohler, auf beiden Seiten sei die Freude zu spüren. Beide Helfer seien geimpft, und vor
Ort liegen für die Pilger Tests aus – auch das sei beruhigend.
Schwer tun sich Kohler und Team noch mit den Veranstaltungen, die das Haus regelmäßig anbietet. Ob der Pilgertag zum Jakobustag am 24. Juli beispielsweise stattfindet, das möchte das Team erst in den kommenden Tagen entscheiden. Mit sehr vielen Menschen den Pilgersegen zu erhalten, den 20 Kilometer langen Rundweg zu bestreiten und die Pilgermesse gemeinsam zu feiern – all das werde aller Voraussicht nach nicht passieren. Doch man überlege, sollte der Tag ausfallen müssen, schon Alternativen. „Man könnte Stationen aufstellen zum Beispiel. Aber auch da müssen wir schauen, was Sinn macht.“
Dass Wandern und Pilgern seit Corona eine Wiederbelebung erfahren, das freut die Hausleiterin und Theologin Julia Kohler. Die Motive und Motivation sind vielfältig: sich auf eine Reise zu begeben, in sich zu gehen, eine lange Strecke zu bewältigen, eine Auszeit zu nehmen oder die Natur zu erleben. Schön sei es, dass man jetzt wieder wahrgenommen werde: Die Pilger werden, auch in Oberdischingen, wieder wahrgenommen. Kohler: „Die Pilger berichten mir, dass es eine besondere Zeit ist. Wenn man auf Oberdischingen zuläuft, wird man begrüßt, viele freuen sich, die Pilger wieder zu sehen. Sie gehören zum Ort einfach dazu.“
„Durch das Pilgern lässt sich der Stress bewältigen, den die Pandemie mit sich bringt. Man kann sehr zu sich, in die Gegenwart finden.“Julia Kohler
Alles Aktuelle rund um das Cursillo-Haus St. Jakobus in Oberdischingen gibt es auf der Homepage