Auferstehung in Grün
Vettel fährt beim Formel-1-Spektakel in Baku aufs Podest – Titelkampf bleibt offen
BAKU (dpa/SID) - Sebastian Vettel hatte das Drama in den Straßen von Baku als Mann des Tages überstanden, den Gefahren dieser Strecke ein weiteres Mal getrotzt – und feierte den sensationellen zweiten Platz mit seiner Aston-Martin-Crew wie einen Sieg. Das erste Podium seit seinem Wechsel, das erste überhaupt für den britischen Rennstall war eine Erlösung nach den bitteren ersten Monaten in Grün. „Ich bin jetzt wirklich auf Wolke sieben. Wir haben kein Podest erwartet, das macht es umso besser“, sagte der viermalige Formel-1-Weltmeister.
Der rasend schnelle Stadtkurs am Kaspischen Meer hatte zuvor mal wieder Spektakel geliefert, und die Favoriten gingen gerupft daraus hervor: Max Verstappen und Lewis Hamilton warfen auf den letzten Runden den möglichen Sieg weg, der sechste WM-Lauf wurde zur Nullrunde im Titelkampf. Aber zur Auferstehung für Vettel, den die Fans in aller Welt zum Fahrer des Tages wählten. „Das alles bedeutet mir unheimlich viel, weil wir so einen schweren Start zusammen hatten“, sagte Vettel, bevor er erstmals seit 203 Tagen wieder das Podest der Formel 1 bestieg. Eine herausragende fahrerische Leistung und die starke Strategie hatten seine Aufholjagd von Startplatz elf ermöglicht.
Nur Sergio Perez stand am Ende noch vor Vettel. Der Mexikaner feierte seinen ersten Sieg im Red Bull, Dritter wurde Pierre Gasly für AlphaTauri. Verstappen warf dagegen fünf Runden vor Schluss ein Reifenschaden in Führung liegend aus dem Rennen, der spektakuläre Crash erforderte einen Neustart. Und nach diesem verabschiedete sich Hamilton mit einem Verbremser aus dem Kampf um den Sieg. „Ein hundsmiserabeles Rennen von uns. Wahrscheinlich haben wir das Ergebnis so verdient“, sagte Toto Wolff, der Motorsportchef der Silberpfeile, bei Sky. Der siebenmalige Weltmeister Hamilton
wurde am Ende nur 15., Teamkollege Valtteri Bottas enttäuschte als Zwölfter.
Auch Red-Bull-Pilot Verstappen, der bis zu seinem spektakulären Crash nach einem Reifenplatzer bei hoher Geschwindigkeit vier Runden vor Schluss wie der sichere Sieger aussah, zeigte sich tief enttäuscht. „Das ist natürlich frustrierend. Wir hatten alles unter Kontrolle“, sagte der 23-Jährige: „Keine Ahnung, was da passiert ist.“Red Bull verpasste so auf schockierende Weise noch den ersten Doppelerfolg seit Oktober 2016 in Malaysia. Immerhin stieg der frustrierte Verstappen nach einem harten Einschlag in der Streckenbegrenzung unverletzt ohne Probleme aus seinem Auto. Danach trat er enttäuscht gegen den Reifen und fasste sich an den Kopf.
Der Titel-Herausforderer behielt immerhin seine knappe Führung in der WM-Wertung und liegt weiterhin vier Zähler vor Dauersieger Hamilton, der beim Neustart nach langer Unterbrechung einen für ihn ungewöhnlichen Fehler machte. „Das ist schwer zu akzeptieren. Das tut mir sehr leid für alle im Team, die so hart gearbeitet haben“, sagte der Engländer, der am Ende sogar hinter Rookie Mick Schumacher landete. Der Deutsche steuerte seinen unterlegenen Haas auf Platz 13 und kam erneut vor seinem Teamkollegen Nikita Masepin ins Ziel.
Dort feierte Landsmann Vettel bereits seinen unverhofften Podestplatz. Auch in der Vergangenheit war der Heppenheimer gut in Baku zurechtgekommen. Noch nie hatte er den Grand Prix schlechter als auf Rang vier beendet. Bei der letzten Austragung 2019 war er im Ferrari Zweiter geworden, ein Jahr zuvor stand er auf der Pole Position. Das diesjährige Podium beim Großen Preis von Aserbaidschan soll ihm weiter Auftrieb geben. „Ich hoffe, dass wir jetzt regelmäßiger in die Punkte fahren“, sagte Vettel freudestrahlend.