Mehr Geld für den Hochwasserschutz
- Für drei Passagiere eines Regionalzuges nach Neustadt in Holstein ist klar, Robert Habeck wäre der bessere Kandidat gewesen. Die drei Frauen mit norddeutschen Akzent sind unterwegs zu einem Auftritt des Grünen-Mannes und sie unterhalten sich über die Chancen der Grünen-Spitzenfrau Annalena Baerbock. „Sie wurde ja nur wegen der Frauen-Quote genommen“, sagt die eine. „Ja, das ist ja okay. Aber mir redet sie immer zu schnell“, erwidert die andere. Die Dritte geht auf die Fehler in Baerbocks Lebenslauf ein und schließt mit: „Wer was gegen die Grünen hat, der findet auch was.“
Einen Tag vorher steht Robert Habeck im Regen. Als er am Timmendorfer Strand zum Mikro greift und zu den Versammelten sprechen will, platscht es eimerweise vom Himmel herunter. Die Leute verstecken sich unter Regenschirmen oder nutzen Papphocker als Schutz. Habeck will sich keinen Schirm geben lassen. Innerhalb von Minuten ist er klatschnass und sagt: „Wenn wir gehen, schreibt die Presse: Grüne flüchten vor Regen. Jetzt sagen sie: Grüne trotzen Regen.“
Nein, es läuft nicht rund für die Grünen. Seit sie Baerbock zur Kanzlerkandidatin gekürt haben, kennen die Umfragen nur einen Trend: nach unten. Diskussionen über ihren Lebenslauf und ihr Buch haben die Partei in Umfragen abstürzen lassen. Zuletzt musste sich Baerbock für den Gebrauch des rassistischen Wortes „Neger“entschuldigen, das sie – wie auch in diesem Text – lediglich verwendet hatte, um den damit verbundenen Zusammenhang zu verdeutlichen. Standen die Chancen auf das Kanzleramt bei ihrer Nominierung im Frühjahr gar nicht so schlecht, sind sie mittlerweile verflogen. Die Grünen verharren bei 20 Prozent und wollen retten, was zu retten ist. Ihre politischen Gegner genießen die Lage. Manch einer deutet sogar an, er habe aus dem Habeck-Lager gehört, dass der putschen und Baerbock womöglich ablösen wolle.
Der grüne Co-Bundesvorsitzende ist gerade an der Nord- und Ostseeküste Schleswig-Holsteins unterwegs. Im zweiten Teil seiner Küstentour besucht er Firmen, hält auf Marktplätzen Reden, verteilt Autogramme und posiert für Selfies. Habeck will sprichwörtlich für gute Bilder sorgen. Von Regen lässt er sich die Gelegenheit nicht verderben, obwohl ein heißer Sommer wie in den vergangenen Jahren den Grünen mehr genutzt hätte.
Beim digitalen Parteitag Anfang Juni wurde er zusammen mit Baerbock als Spitzenduo mit überwältigender Mehrheit gewählt. Während ihre bröckelt, ist seine Popularität ungebrochen. Vor allem in Schleswig-Holstein,
wo er einst Landwirtschaftsund Umweltminister war, hat er Fans. Wäre ein Wechsel so spät im Wahlkampf noch möglich? Habeck wiegelt ab. Nein, nein, das stimme nicht. Auch wenn etwas dran wäre, in der politischen Logik
Nach der Hochwasser-Katastrophe im Westen Deutschlands fordern die Grünen eine konsequente Klimavorsorge sowie einen besseren Hochwasser- und Gesundheitsschutz. „Vorsorge muss zum Leitprinzip einer neuen Politik werden“, heißt es in einem Papier von Grünen-Chef Robert Habeck, Fraktionschef Anton Hofreiter und Fraktionsvize Oliver Krische. Der Bund müsse einen entsprechenden Fonds in den nächsten zehn Jahren auflegen, um die Anpassungen vor Ort – etwa die Umwandlung in „Schwammstädte“– mitzufinanzieren. solcher Prozesse dürfte er es als letzter sagen.
Am Marktplatz in Neustadt angekommen, wartet schon eine Traube von Menschen auf Habeck. Der Flensburger redet frei und nimmt sich dabei die ganz großen Aufgaben vor. Klimavorsorge müsse zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen werden. „Es geht um nicht weniger als eine umfassendes Modernisierungsprogramm für unsere Infrastrukturen, Städte und Dörfer“, heißt es in dem Papier. Konkret sprechen sich die Grünen unter anderem dafür aus, Klimaschäden und -risiken systematisch zu erfassen, die Verkehrsinfrastruktur entsprechend anzupassen, Privathaushalte durch Förderprogramme bei der Klimavorsorge zu unterstützen und deren Risiken besser abzusichern. (clak)
„Wir können Geschichte schreiben“, sagt er. Würde und Freiheit könnten nur bewahrt werden, indem die Politik aufwache und den Klimaschutz ernst nehme. Jetzt gebe es noch die Möglichkeit dazu, später nicht mehr. Langsam gehe ihm die Geduld aus. Denn die Union und FDP würden die Grünen angreifen, statt selbst Konzepte vorzulegen. „Schluss mit der Antwortlosigkeit“, fordert er.
Wenn Habeck mit seinen Reden fertig ist, umringen ihn Bürger. Sie wollen Selfies, sich seine Bücher unterschreiben lassen, einige wollen auch über die umweltpolitischen Probleme im Norden reden. Der Lübecker Hartwig Marung mit seinem Sohn Jasper ist auch darunter. Vor zwei Jahren, erzählt der Vater, hat Habeck am Berliner Hauptbahnhof auf den Jungen kurz aufgepasst. Der Vater musste schnell in den Zug hüpfen und den fast vergessenen Koffer holen. Heute hat sich Jasper eine Unterschrift geholt. „Herr Habeck hat mich damals getröstet“, sagt Jasper und es wird klar, wer hier im Norden die Nummer 1 der Grünen ist.
von 25 Milliarden Euro