Revolution des Lastverkehrs
Daimler feiert 125 Jahre Lkw – Der Stuttgarter Konzern steht heute wie schon im Jahr 1896 vor einem Umbruch
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STUTTGART (dpa) - Als Gottlieb Daimler vor 125 Jahren den ersten motorbetriebenen Lkw der Welt vorstellte, musste sich diese Neuheit auf dem Markt erstmal behaupten – gegen seinerzeit gängige Pferde-Transportwagen. Der Umbruch war zäh, er dauerte viele Jahre. Überliefert ist, dass Daimler in der Anfangszeit auf einer Messe seine noch weitgehend unbekannten Lastwagen in eine Reihe mit Zugtieren stellte und per Handzettel bewarb. Ein Daimler sei ein „gutes Thier“, schrieb der Mobilitätspionier dort in damals gültiger Schreibweise. Pointiert dichtete er: „Zieht wie ein Ochs, du siehst's allhier; Er frisst nichts, wenn im Stall er steht; Und sauft nur, wenn die Arbeit geht.“
Am 18. August 1896 präsentierte Daimler nach Unternehmensangaben seinen ersten Lastkraftwagen – und wollte den mit einem Zweizylindermotor ausgestatteten umgebauten Gespann-Güterwagen schnell öffentlich bekannt machen. Vorrangiges Ziel des Handzettels: Bauern sowie die Eigentümer von Brauereien und Getreidemühlen, die damals in der Regel schwere Last von A nach B transportieren mussten, gedanklich abzuholen und vom Sinn der Neuerfindung zu überzeugen.
So ein bisschen erinnert diese Situation an die heutige Lage des Unternehmens Daimler Truck, das aus den ersten Lkw-Versuchen der damaligen Daimler-Motoren-Gesellschaft inzwischen hervorgegangen ist.
Wieder steht eine Art Epochenwende an, wieder geht es darum, dass der Lastverkehr auf der Straße ein Stück weit revolutioniert werden soll. Daimler und viele Konkurrenten basteln daran, dass sich Lkw mit alternativen Antrieben im Markt durchsetzen. Dafür sollen herkömmliche Verbrenner – nicht zuletzt wegen politischer Vorgaben und aus Klimaschutzgründen – perspektivisch verschwinden.
„So wie die Erfindung des Lkw an sich damals ein Umbruch war, so erfinden wir jetzt den Lkw wieder neu“, sagt Andreas Gorbach, Technologievorstand bei Daimler Truck. Doch wie zum Ende des 19. Jahrhunderts zeichnet sich auch diesmal ab, dass das Ganze eine langwierige und zähe Angelegenheit werden dürfte.
Um im Wettbewerb der Branchengrößen zu bestehen, stellt sich die Lkw-Sparte der Daimler AG in diesen Monaten ganz neu auf. Nicht nur, dass Milliardensummen in die Entwicklung von Elektro- und Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieben gesteckt werden – obendrein soll die bisherige Lkw-Tochter vom Daimler-Konzern abgespalten und danach separat an die Börse gebracht werden. Am 1. Oktober, ziemlich genau eineinhalb Monate nach dem 125. Jahrestag der Vorstellung des ersten Lkw, sollen diese Pläne bei einer außerordentlichen Hauptversammlung
von den Aktionären abgenickt werden.
Unter dem Strich soll es im Anschluss zwei unabhängig voneinander agierende Konzerne geben: einerseits Daimler Truck für das Lastwagenund Busgeschäft, andererseits Mercedes-Benz für das Autound Vangeschäft. Auch wenn es das Ende der gelebten Tradition eines Mischwarenladens unter einer Daimler-Dachgesellschaft ist, wird der Schachzug am Markt positiv bewertet. „Die Separierung wird Daimler Truck die Chance geben, das Geschäft konsequent auf die Anforderungen
der Lkw-Industrie und deren Nutzergruppen auszurichten“, sagt Mobilitätsexperte Joachim Deinlein vom Beratungsunternehmen Oliver Wyman. Eigenständig habe Daimler Truck die Chance, einfacher Partnerschaften mit anderen Firmen einzugehen und auch den Vertriebs- und Serviceauftritt konsequenter einer „Lkw-Logik“zu unterwerfen.
Tatsächlich ist es so, dass die Trucksparte öffentlich bisher meist als Anhängsel des Pkw-Geschäfts bei Daimler betrachtet wurde. Letztlich steht das Thema Auto beim Endverbraucher mehr im Fokus, und auch