CO2 speichern statt ausstoßen
Die Lagerung des Gases könnte die Erderwärmung bremsen – Doch noch gibt es kaum verlässliche Technologien
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BERLIN - Die Hoffnungen waren groß. Einige Hundert Meter tief im Gestein unweit des brandenburgischen Ortes Ketzin hofften Wissenschaftler auf einen Durchbruch im Kampf gegen den Klimawandel. In den Poren eines porösen Sandsteins wurde das Treibhausgas CO2 zu Forschungszwecken eingelagert. Fast 70 000 Tonnen lagerten die Forscher zwischen 2003 und 2013 unterirdisch und sammelten dabei reichlich Daten über die Sicherheit der Lagerung. Denn das ist die wichtigste Frage. Schließlich muss das Gas über sehr lange Zeiträume eingeschlossen werden. Der Test wurde längst beendet und hat nach Einschätzung des Deutschen Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ) erwiesen, dass CO2 sicher gespeichert werden kann.
Die Lagerung des Klimakillers gilt als eine der Möglichkeiten, den Aufstieg des Gases in die Atmosphäre mit der Folge einer weiteren Erderwärmung zu verhindern. „Carbon Capture and Storage“, also CO2 abscheiden und speichern, lautet der Fachbegriff dafür, der allgemein mit dem Kürzel CCS ausgedrückt wird. Praxistauglich ist CCS noch nicht, wie das Umweltbundesamt (UBA) feststellt. „Die Permanenz der Maßnahmen ist nicht erwiesen“, sagt eine UBA-Expertin. Gleichwohl gibt es weltweit längst viele erfolgreiche Versuche, das Gas in tiefe Lagerstätten zu pressen. Allein in Deutschland sieht das GFZ Speichermöglichkeiten für zehn Milliarden Tonnen CO2, den gesamten Ausstoß von rund elf Jahren.
Doch der Reihe nach: Zunächst wird das CO2 bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe von anderen Bestandteilen der Abgase getrennt. Das ist technisch mittlerweile kein Problem mehr. Das kann in Kraftwerken geschehen, direkt in Industriebetrieben oder bei der Stromerzeugung aus Biomasse. Es gibt dafür mehrere Verfahren. Anschließend muss das Klimagas zur Lagerstätte transportiert werden. Pipelines oder Schiffstransporte kommen dafür am ehesten infrage.
Schließlich sind die unterirdischen Lagerstätten vonnöten. Hier hakt es noch. Große Hoffnungen setzen Forscher auf ausgebeutete Gasvorkommen.
Sie könnten mit CO2 aufgefüllt werden. Schließlich haben sie Gas über Jahrhunderte dicht umschlossen und somit ihre Tauglichkeit erwiesen. Auch tiefliegende, Salzwasser führende Gesteinsschichten gelten als geeignet. Doch wehe, es kommt zu Leckagen. Da das Gas schwerer ist als Luft, bleibt es am Boden. Unsichtbar und geruchlos erstickt es im Umfeld des Lecks das Leben. Bei einer großen Menge kann es auch für Menschen tödlich wirken.
Es muss noch viel geforscht werden, bis die Entnahme und Speicherung von CO2 in großem Stil möglich wird. Die Bundesregierung fördert ab diesem Herbst zum Beispiel Projekte, die Methoden zur Abspaltung des Gases erforschen. Noch ist dieser Prozess teuer. Der Energieaufwand steigt um 30 bis 40 Prozent.
Womöglich werden auch die Ozeane irgendwann ein Teil der Lösung sein. In diesem Sommer startet ein großes Forschungsprojekt von sechs Instituten mit 200 Wissenschaftlern, in der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM). In den kommenden drei Jahren wollen die Forscher herausfinden, wie Kohlenstoff
in den Meeren gespeichert werden kann. „Der Ozean enthält mehr als 50-mal so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre“, erläutert Andreas Oschlies vom Kieler Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Bislang hätten die Meere ein Viertel der menschengemachten CO2-Emissionen aufgenommen. Doch dieser Anteil dürfte nach Einschätzung der Wissenschaft abnehmen. Noch fehlt es an Wissen über die maritimen Speichermöglichkeiten. Doch angesichts des drängenden Klimaproblems sind alle Optionen eine Untersuchung wert.
Schon in großem Stil erprobt wird die Speicherung in Lagerstätten unter dem Meeresgrund. Norwegen presst zum Beispiel CO2 in alte Gaslagerstätten. Die bisherigen Untersuchungen zeigen, dass es dort gut aufgehoben ist. Die Zahl der Leckagen ist gering. Kommt es zum unerwünschten Austritt von CO2, leidet das Leben im Umfeld des Lecks, allerdings in überschaubarem Umfang. Das Meer übersäuert an dieser Stelle.
Es gibt noch weitere Hoffnungen in den Ozeanen. Algen, Mangroven oder Salzwiesen können CO2 binden.