Von Umbrüchen und Frauenrechten
Die Ehingerin Roya Rahmani nimmt ihre Leser mit in eine fremde Welt des Orients
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EHINGEN - Viele Geschichten hat Roya Rahmani in ihrer Kindheit im Iran gehört. Sie lebt seit 2012 in Ehingen und hat nun über ihre Kindheitserinnerungen ein Buch verfasst, in dem sie in den Iran des vergangenen Jahrhunderts eintaucht und den Leser mitnimmt in eine fremde Welt des Orients.
„Ich war noch ein Kind, es war Ende der Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, da hab’ ich in unserem Dorf im Iran öfters allein lebenden Frauen und Männern Milch gebracht“, beginnt Roya Rahmani ihre Geschichte über Tante Khorshid, eine starke Frau, die im Dorf ohne Nachkommen lebte. Korshid erzählte den Kindern der Nachbarschaft ihre Lebensgeschichte. Eine Geschichte, geprägt von Umbrüchen und Herausforderungen, denn Khorshids Vater kommt früh in Folge einer Flutkatastrophe ums Leben. Die Mutter muss sich mit drei kleinen Kindern (die zusammen noch keine 15 Jahre alt sind) durchschlagen.
Roya Rahmani schildert die Erlebnisse ihrer Tante (die eigentlich nicht ihre Tante ist) so, als würde diese sie gerade der damals zwölfjährigen Roya erzählen. Dabei erfährt der Leser erst spät im Buch, warum Korshids Mutter vor den Kindern nur wenig über den Vater und ihre Herkunft erzählt. Denn sie als christliche Armenierin hatte einen mohammedanischen Türken geheiratet, eine Verbindung, die beide Familien missbilligten. Wie die Mutter, die aufgrund ihres kulturellen Hintergrunds einst die Türkei verlassen musste, muss auch Korshid ihr Heimatdorf verlassen und konnte über ihren kulturellen Hintergrund im muslimisch geprägten Iran nicht offen sprechen.
Als Haushaltshilfe schlägt sich die Mutter durch, immer wieder verdient sie zusätzliches Geld durch das Weben von Teppichen, was auch der damals noch jungen Korshid Freude bereitet. Der Familie gelingt es zu überleben und trotzdem schöne Momente zu erleben und neue Freunde zu finden. Immer wieder spielt aber auch Religion eine Rolle im Buch, wenn die kleine Familie auf streng gläubige Muslime stößt, die Ehen arrangieren und auf die Wünsche von Frauen keine Rücksicht nehmen. So begegnet der noch jungen Korshid Samieh, ein Mädchen, das sich selbst anzündete, um der Ehe zu entgehen, und deren Schwester aus dem Elternhaus flieht, um einen Russen heiraten zu können.
Nicht alles, was im Buch erzählt wird, ist dabei auch wirklich so geschehen, erklärt Roya Rahmani. Manche Details hat sie ausgeschmückt, doch der rote Faden stimme, sagt sie.
Das Schreiben war für Autorin dabei wie eine Therapie, die sie die vergangenen beiden Jahre begleitet hat. „2012 bin ich aus dem Iran gekommen und musste Deutsch lernen“, erzählt sie von ihrer Anfangszeit in Ehingen, die stets von der Unsicherheit begleitet war, ob die Familie bleiben kann oder gehen muss. „Die Sprache war eine Herausforderung.“Eine, die Roya Rahmani inzwischen so gut gemeistert hat, dass sie das Buch nicht auf Persisch, sondern direkt auf Deutsch verfasste. „Auf Persisch kann man mehr mit weniger Worten sagen. Im Deutschen braucht man für eine Situation sehr viele Zeichen“, beschreibt sie den Unterschied der beiden Sprachen.