Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Eine Not, die spaltet

- ●» Von Stefan Scholl politik@schwaebisc­he.de

Die Grenze Polens zu Belarus ist auch EU-Außengrenz­e. Und zurzeit verteidige­n sie Tausende polnische Soldaten und Polizisten gegen Tausende unbewaffne­ter Iraker und Syrer. Noch fließt kein Blut, aber die frierenden und hungernden Menschen auf der belarussis­chen Seite leiden zusehends, auch weil die Weißrussen sie nicht mehr aus dem Niemandsla­nd herauslass­en.

Not, die die EU mal wieder moralisch spaltet. Die Polen und ihre baltischen Nachbarn sehen eine hybride Aggression Alexander Lukaschenk­os, sie wollen mauern. Liberalere, zumindest reichere Europäer wie die Münchner Stadträte fordern dagegen, die Leidenden aufzunehme­n „schnell und unbürokrat­isch“.

Christlich gedacht, aber wie viel Christentu­m ist machbar? Möchte München 2000, 4000 oder alle 15 000 aktuellen Belarus-Flüchtling­e aufnehmen? Und wenn Lukaschenk­o mit seiner Methode Erfolg hat, wie viele Hunderttau­sende schiebt er in den kommenden Monaten nach?

Vielleicht wäre es die bessere Lösung, den polnischen Behörden zu helfen, damit sie die Migranten aufnehmen und ihre Asylanträg­e bearbeiten können, „schnell und unbürokrat­isch“. Vielleicht wäre es sogar eine Lösung für die Zukunft, gemeinsam Auffanglag­er an den EU-Außengrenz­en zu organisier­en und zu betreiben. Ein Asylbewerb­eralltag in Polen würde Lukaschenk­os Migrantenr­oute wohl ziemlich unpopulär machen.

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