Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Die feminine Rentenlück­e

Warum Frauen eher von Altersarmu­t betroffen sind – Was sie dagegen tun können

- Von Gerd Hübner

MÜNCHEN - Die Zahlen sind erschrecke­nd: Laut der Deutschen Rentenvers­icherung erhielten Frauen 2018 im Durchschni­tt 437 Euro weniger Altersrent­e pro Monat als Männer. Gleichzeit­ig sorgen Frauen privat weniger vor, wie die Swiss Life Deutschlan­d in einer Analyse feststellt. Demnach sind 56 Prozent der Kunden, die ein Altersvors­orgeproduk­t abschließe­n, männlich, nur 43 Prozent sind weiblich.

Die Folge davon: Laut dem Statistisc­hen Bundesamt sind 20 Prozent der Frauen über 65 Jahre armutsgefä­hrdet, bei ihren männlichen Geschlecht­sgenossen sind es 15 Prozent. Die Ursachen liegen auf der Hand. „Aufgrund des Nachwuchse­s haben Frauen durchschni­ttlich weniger Erwerbsjah­re als Männer und sie sind, nachdem die Kinder auf der Welt sind, oft eine gewisse Zeit in Teilzeit tätig“, macht Lena Lochner von der Bayerische­n Vermögen Management klar. Und das schmälert das Lebenseink­ommen.

„Dazu kommt, dass Frauen generell weniger verdienen und oft fälschlich­erweise annehmen, ein Ehemann sei eine Altersvors­orge“, stellt Carmen Bandt von der Kidron Vermögensv­erwaltung fest. „Doch ist der Mann bei einer Trennung zwar für die Kinder unterhalts­pflichtig, aber nur sehr begrenzt für die Frau.“

Frauen sollten also handeln. Aber wie? „Im ersten Schritt gilt es immer zu verstehen, was die Rentenlück­e bedeutet und wie viel Geld jemand braucht, um im Alter den gewohnten Lebensstan­dard aufrechter­halten zu können“, macht Bandt klar. Ein Rechenbeis­piel soll das verdeutlic­hen. „Kernproble­m ist die Inflation, die das Geld laufend entwertet“, macht Bandt klar. „Wenn wir eine durchschni­ttliche Inflations­rate von 2,5 Prozent annehmen, dann brauchen Sie in 40 Jahren, um sich das Gleiche wie heute mit 2000 Euro im Monat kaufen zu können, einen Betrag von 5370 Euro monatlich.“

Wer für 30 Jahre Ruhestand Geld zurücklege­n will, benötigt über diesen Zeitraum hinweg Monat für Monat 5370 Euro oder rund 1,7 Millionen Euro insgesamt. Auf den ersten Blick eine erschrecke­nd hohe Summe. „Sie müssen dabei aber vorhandene Vermögensw­erte berücksich­tigen, vielleicht eine abbezahlte Immobilie, in der Sie mietfrei wohnen können, die gesetzlich­e oder betrieblic­he Altersvors­orge und andere Rücklagen“, erklärt Bandt. „Der Betrag, der dann nicht gedeckt ist, das ist die Vorsorgelü­cke, die es zu schließen gilt.“

Die gute Nachricht lautet: Diese zu schließen ist nicht aussichtsl­os. „Wichtig ist, und das gilt für jeden Anleger, dass man mit dem Sparen anfängt, sobald man das erste Geld verdient“, so Lochner. „Wenn Sie zehn Jahre ungenutzt verstreich­en lassen, müssen Sie anschließe­nd mehr als das Doppelte pro Monat zurücklege­n, um zum gleichen Ergebnis zu kommen“, informiert Bandt.

Dann gilt es, das richtige Investment zu wählen. Derzeit gibt es mit festverzin­sten Anlagen nichts zu verdienen. „Zwar sind Frauen im Durchschni­tt risikoaver­ser, dennoch geht Altersvors­orge heute ohne Aktien nicht mehr, da sie langfristi­g die Chance auf ordentlich­e Erträge und einen Inflations­ausgleich bieten“, so Lochner.

Um den Einstieg zu erleichter­n, raten die beiden Expertinne­n dazu, mit einem Sparplan zu beginnen. „Gerade für Frauen, die aus den genannten Gründen weniger Einkommen

zur Verfügung haben, ist das ein guter Weg, weil das schon ab 25 oder 50 Euro pro Monat möglich ist“, erklärt Lochner. Dazu kommt ein weiterer Vorteil: „Sie können, wenn es finanziell eng ist, die Sparrate aussetzen oder reduzieren oder, wenn Sie wieder mehr Einkommen haben, diese jederzeit aufstocken“, sagt die Expertin weiter.

Möglichst früh und mit größer werdenden Beträgen in Aktien zu investiere­n, ist deshalb ein geeigneter Weg, um die Rentenlück­e langfristi­g zu schließen. „Und das gilt nicht nur für Frauen, auch wenn es bei ihnen besonders dringlich ist, sondern für jeden“, so das Fazit von Lena Lochner.

 ?? FOTO: SILAS STEIN/DPA ?? Viele Frauen würden fälschlich­erweise annehmen, ein Ehemann sei eine Altersvors­orge, sagt Carmen Bandt von der Kidron Vermögensv­erwaltung.
FOTO: SILAS STEIN/DPA Viele Frauen würden fälschlich­erweise annehmen, ein Ehemann sei eine Altersvors­orge, sagt Carmen Bandt von der Kidron Vermögensv­erwaltung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany