„Können Verfahren nicht weiter betreiben“
Tote im Dichterviertel: Ein Vater soll in Ulm seine Frau und Tochter getötet haben
ULM - „Die Tochter war ein hübsches Mädchen mit rötlichen Haaren, wie eine Puppe“, sagte eine Nachbarin damals – wenige Stunden nachdem es passiert war. Im Dichterviertel selbst sowie in und rund Ulm war das Entsetzen groß. In einer Wohnung in der Böblinger Straße wurden die Leichen einer 34-Jährigen und ihrer fünf Jahre alten Tochter gefunden. Über vier Monate ist der schreckliche Vorfall nun her. Wie ist der Stand der Ermittlungen? Und wie geht es dem Familienvater, der im Verdacht steht, erst seine Frau und Tochter getötet und sich dann selbst schwerst verletzt zu haben?
„Der Tatverdächtige ist weiterhin nicht verhandlungs- und vernehmungsfähig“, sagt Oberstaatsanwalt Michael Bischofberger und Sprecher der Staatsanwaltschaft Ulm. Entsprechendes habe auch ein Gutachten
ergeben, das die Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben habe.
Die Folge: „Wir können gegen ihn nicht weiter ein Verfahren betreiben“, sagt Bischofberger. So sei es auch nicht möglich, gegen den Vater eine Anklage zu erheben. Der Mann müsse belehrt und auch vernommen werden. „Diese Möglichkeit hatte er aber bislang nicht.“Somit sei das Verfahren – zumindest vorläufig – nicht weiter betreibbar.
Eine Verhandlungsfähigkeit sei auch nicht absehbar, so der Oberstaatsanwalt. Er gehe zudem nicht davon aus, dass in den kommenden Wochen eine Verbesserung des Gesundheitszustandes zu erwarten ist. Fortlaufend, so grob nach immer drei oder sechs Monaten, solle das aber wieder überprüft werden.
Wie mehrfach berichtet, waren die Leichen und der Schwerverletzte am Morgen des 7. Juli dieses Jahres in der Wohnung im vierten Stock in der Böblinger Straße am Rande der Ulmer Innenstadt von Rettungskräften gefunden worden. Zuvor soll die 34jährige Ehefrau geschrien und noch über den Notruf Hilfe angefordert haben.
Die Obduktion ergab, dass sie und ihre Tochter mit einem Messer getötet wurden. Auch die Verletzungen des 38-jährigen Familienvaters, die er sich mutmaßlich selbst zugefügt hat, sollen von einem Messer stammen.
Er kam in ein Krankenhaus und schwebte anfangs noch in Lebensgefahr. Die Tatwaffe wurde in der Wohnung gefunden.
Doch wie gehen die Ermittlungsbehörden jetzt damit um? Im Gespräch erinnert sich Oberstaatsanwalt Bischofberger an einen früheren Fall aus Munderkingen (Alb-Donau-Kreis), wo ein Vater erst sein sechs Jahre altes Kind umgebracht hatte und anschließend sich selbst das Leben nehmen wollte. Der Mann stellte dazu im Juli 2016 einen Kohlegrill ins Schlafzimmer, starb aber nicht, sondern erlitt durch sein Handeln einen Hirnschaden und wurde zu einem schweren Pflegefall.
Nach einem gewissen Zeitraum aber hatte sich dessen Gesundheitszustand so verbessert, dass er sich – wie damals berichtet – vor Gericht verantworten musste. Der damals 43-Jährige wurde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.