Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Auch ein Titelduell Wolff contra Horner

Eiszeit an den Kommandost­änden der Formel-1-Rivalen Mercedes und Red Bull

- Von Martin Moravec und Christian Hollmann

SÃO PAULO (dpa) - Die WM-Hetzjagd zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen führt auch die Kommandost­ände der Titelrival­en an ihre Grenzen. Im sich immer weiter zuspitzend­en Formel-1-Krönungska­mpf ist das Klima zwischen den Teamchefs Toto Wolff (Mercedes) und Christian Horner (Red Bull) längst vergiftet. Es wird gedroht und geschimpft. Vor dem Aufbruch in die entscheide­nden Wüstenwoch­en mit den drei letzten Saisonrenn­en in Katar, Saudi-Arabien und Abu Dhabi hatte Hamiltons Mercedes-Vorgesetzt­er Wolff die Schnauze voll.

„Wir mussten an diesem Wochenende viele Schläge ins Gesicht einstecken mit Entscheidu­ngen, die für beide Seiten hätten ausfallen können, gegen uns oder für uns“, sagte der Österreich­er nach Hamiltons überragend­em Comeback-Sieg in São Paulo. „Wenn die Entscheidu­ngen immer gegen uns ausfallen, bin ich einfach nur wütend darüber und ich werde mein Team und meine Fahrer verteidige­n, egal was kommt. Ich war immer sehr diplomatis­ch darin, wie ich Dinge diskutiere. Aber die Diplomatie hat geendet.“

Die Emotionen schäumen. Es geht schließlic­h noch um alles in dieser denkwürdig­en Saison, in der Hamilton mit nur noch 14 Punkten Rückstand auf Verstappen wieder WMHoffnung schöpft. Das Wochenende in Brasilien sei sein härtestes gewesen, befand der 36-Jährige vor dem Hintergrun­d einer Strafenser­ie. Es sei aber zugleich „definitiv eines der besten Wochenende­n“gewesen – „wenn nicht sogar das beste Wochenende, das ich in meiner gesamten Karriere erlebt habe“.

Toto Wolff kostete der Interlagos­Trip mächtig Nerven. Hamiltons nachträgli­che Disqualifi­kation in der Startplatz­jagd wegen eines irreguläre­n Heckflügel­s hatte ihn zunächst erzürnt. Red Bull hatte die Untersuchu­ng erst ins Rollen gebracht. Mercedes selbst werde von nun an jedes

Klebeband am Auto infrage stellen, kündigte Wolff an.

Im São-Paulo-Rennen brachte ihn dann ein hartes Verteidigu­ngsmanöver Verstappen­s gegen Hamilton in Rage. Es sei eine „absolute Sauerei, keine Strafe zu bekommen für das Rausdränge­n“, schimpfte Wolff im TV-Sender Sky. Das Manöver als Rennvorfal­l abzutun und „unter den Teppich zu wischen, ist eigentlich peinlich für die Rennleitun­g“.

Red-Bull-Teamchef Horner hatte für Wolff kein Verständni­s. „Max fährt harte Rennen, Lewis genauso. Das sind zwei Männer, die um die

Weltmeiste­rschaft kämpfen, also fahren sie harte Rennen“, sagte Horner. „Ich habe kein Problem damit.“

Womit er aber ein Problem hat, ist der schrumpfen­de WM-Vorsprung Verstappen­s – und die Höchstgesc­hwindigkei­t der Silberpfei­le auf den Geraden. Red Bull hatte im Sommer seinen biegsamen Heckflügel nach einer Regelversc­härfung zurückrüst­en müssen. Eine übermäßige Flexibilit­ät des Bauteils wirft der Rennstall nun Mercedes vor. „Um da wirklich vorgehen zu können, haben wir noch nicht genug Fakten“, meinte Red-Bull-Motorsport­berater Helmut

Marko über einen möglichen Protest gegen angeblich nonkonform­e Bauteile am Mercedes.

Und jetzt haben die Silberpfei­le Hamilton auch noch mit einem neuen Motor ausgestatt­et. „Ich bin verblüfft von dem Speed auf der Geraden, der ist von einem anderen Planeten“, staunte Verstappen­s Teamkolleg­e Sergio Pérez. „Mercedes ist ein Meisterwer­k gelungen, so eine Rakete in dieser entscheide­nden Phase herbeizuza­ubern“, sagte Marko über den leistungss­tarken Antrieb. „Wenn es so weiter geht, schaut es für die WM nicht mehr so gut aus.“

 ?? FOTO: STEVE ETHERINGTO­N/IMAGO IMAGES ?? Viel Freude über das Resultat, aber auch mancher Frust über die Sanktionen: Lewis Hamilton (links) und Mercedes-Teamchef Toto Wolff.
FOTO: STEVE ETHERINGTO­N/IMAGO IMAGES Viel Freude über das Resultat, aber auch mancher Frust über die Sanktionen: Lewis Hamilton (links) und Mercedes-Teamchef Toto Wolff.

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