Erst schnell, jetzt schwierig
Alexander Zverev bei ATP Finals gegen Daniil Medwedew
TURIN (SID) - Für die Revanche an seinem russischen Angstgegner legte Alexander Zverev gerne noch eine Nachtschicht ein. Die Fans hatten den Turiner Centre Court längst verlassen, da schlug der Olympiasieger nach seinem (ungewollt) schnellen Auftaktsieg bei den ATP Finals kurz vor Mitternacht in der leeren Halle noch ein paar Bälle mit Bruder Mischa. Denn das wegweisende Duell im Kampf ums Halbfinale mit Titelverteidiger Daniil Medwedew warf schon seine Schatten voraus.
Er wollte auf dem extrem schnellen Court „einfach meinen Rhythmus ein bisschen besser finden“, erklärte der Hamburger. In seinem ersten Match gegen den Italiener Matteo Berrettini war er nur einen Satz lang gefordert worden, ehe der verletzte Wimbledonfinalist beim Stand von 7:6 (9:7), 1:0 für Zverev aufgeben musste. In der zweiten Vorrundenpartie am Dienstag gegen US-OpenChampion Medwedew dürfte die Aufgabe ungleich schwieriger werden.
Das legt allein der Blick auf die jüngsten Duelle der beiden nahe. Zwar ist die Bilanz mit 5:5 Siegen ausgeglichen, doch die vergangenen vier Vergleiche mit dem Russen hat Zverev allesamt verloren. Nicht nur behielt Medwedew im vergangenen Jahr bei den ATP Finals, dem Saisonfinale der acht Jahresbesten, klar die Oberhand. Erst Anfang November im Halbfinale des Masters in Paris war die deutsche Nummer 1 beim 2:6, 2:6 ebenfalls chancenlos.
Nun in Turin schätzt Zverev seine Aussichten deutlich besser ein. „Ich werde nicht so müde sein hoffentlich, damit geht’s los“, sagte der 24-Jährige, der in Paris noch platt und abgekämpft gewirkt hatte: „Ich hatte jetzt wirklich ein paar Tage frei und habe meine Kräfte wiederbekommen.“Einem hochklassigen Duell, dessen Sieger einen riesigen
Schritt in Richtung Halbfinale macht, steht also nichts im Wege. „Er ist die Nummer 2 der Welt, ich bin die Nummer 3. Wir sind zwei Spieler auf sehr gutem Niveau“, sagte Zverev. „Ich hoffe, dass es ein hochinteressantes Match wird am Dienstag.“Er wolle alles dafür tun, „um gut zu spielen und zu gewinnen“.
In die Vorfreude auf den nächsten Schlagabtausch mit Medwedew mischte sich aber auch eine große Portion Mitgefühl für Berrettini. Der Römer hatte Zverev, angefeuert von den Tausenden frenetischen italienischen Fans im Pala Alpitour, am späten Sonntagabend einen heißen Kampf geliefert. Umso bitterer war seine Aufgabe nach einer Bauchmuskelverletzung.
„Wir spielen in Italien, er hat sich auf das Event ein ganzes Jahr lang gefreut“, sagte Zverev. „Und jetzt ist es nach einem Satz vorbei. Das ist ein Scheißgefühl, um ehrlich zu sein.“Mit einer herzlichen Umarmung und netten Worten hatte er Berrettini noch am Netz Trost gespendet, doch der war nicht aufzumuntern. „Es ist wahrscheinlich der schlimmste Tag meiner Tenniskarriere“, sagte der Lokalmatador.