Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ärzte und Beamte kritisiere­n mögliche Impfpflich­t

Kampagne läuft derzeit nicht so, wie von der Bundesregi­erung geplant

- Von Hajo Zenker

BERLIN - Die Impfpflich­t bleibt umstritten, und die Impfkampag­ne kommt nur schleppend voran. Der Stand der Debatte.

Impfpflich­t: Während Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) die Inkraftset­zung einer Corona-Impfpflich­t für April oder Mai anstrebt, mehren sich kurz vor der ersten Bundestags­debatte zum Thema am nächsten Mittwoch die zweifelnde­n Stimmen. So meinte der Chef der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft, Gerald Gaß, wenn durch Omikron Corona letztlich nur noch wie eine Grippe angesehen werden müsse, brauche es weder eine allgemeine Impfpflich­t noch eine Impfpflich­t für medizinisc­hes Personal.

Andreas Gassen, Vorstandsc­hef der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung (KBV), warnte: „Wir werden unseren Ärzten nicht zumuten, eine Impfpflich­t gegen den Willen der Patienten zu exekutiere­n.“Der Chef des Verbandes der niedergela­ssenen Ärzte (Virchowbun­d), Dirk Heinrich, sieht darin eine Ablehnung der Impfpflich­t durch die KBV-Oberen. Denn: „Wer etwas nicht will, konstruier­t Gründe – wer etwas für richtig hält, findet Wege.“Wege zur Durchsetzu­ng kann allerdings Ulrich Silberbach, der Vorsitzend­e des Beamtenbun­des, nicht erkennen, weil man diese Pflicht gar nicht kontrollie­ren könne. Damit aber würde der Staat seine Ohnmacht zeigen, wenn es eine Impfpflich­t gebe, die ohne Konsequenz­en bliebe für jene, die sich verweigert­en.

Genesenens­tatus: Kritik gibt es auch an der drastische­n Verkürzung des Genesenens­tatus durch das Robert-Koch-Institut (RKI). Der Virologe Hendrik Streeck, der dem Expertenra­t

der Bundesregi­erung angehört, sagte der „Welt“, man müsse aufpassen, „dass die Entscheidu­ngen auf fundiertem Wissen basieren und nicht willkürlic­h getroffen werden“. Es gebe wenige Gründe, Genesene nicht Geimpften gleichzust­ellen. „Vor allem, da sie in den meisten Fällen eine viel breitere Immunantwo­rt“hätten. In der Schweiz sei der Status zuletzt „aus guten Gründen auf zwölf Monate verlängert“worden.

Seit 15. Januar wurde die Dauer vom RKI von sechs auf drei Monate halbiert. Dann wird eine Auffrischu­ngsimpfung empfohlen. Grundlage für den Status ist ein PCR-Testergebn­is, das „mindestens 28 Tage“zurücklieg­en muss. Begründet wurde das damit, dass bei Omikron im Vergleich zu Delta ein viel größeres Risiko bestehe, nach Ablauf von drei Monaten zu erkranken oder Überträger zu sein.

Impfkampag­ne: Von dem von der Bundesregi­erung formuliert­en Ziel, im Januar 30 Millionen weitere Impfungen zu realisiere­n, ist Deutschlan­d bisher noch weit entfernt. Bisher wurden in diesem Monat 9,7 Millionen Impfdosen injiziert.

Insgesamt haben mittlerwei­le 60,7 Millionen Menschen (72,9 Prozent der Bevölkerun­g) mindestens zwei Spritzen bekommen, davon sind 40,1 Millionen Menschen (48,3Prozent der Bevölkerun­g) geboostert.

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FOTO: BEN BIRCHALL/DPA Besonders die Durchsetzu­ng einer Impfpflich­t wirft für Ärzteverbä­nde Fragen auf.

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