Verhandlung wegen jugendpornographischer Schriften vertagt
Angeklagter wird von seinem Strafverteidiger vertreten, der von Schuldunfähigkeit ausgeht
EHINGEN (hog) – Nicht zur Hauptverhandlung beim Amtsgericht Ehingen erschienen ist am Mittwoch ein Angeklagter, dem der Besitz jugendpornographischer Schriften vorgeworfen wird, konkret der Besitz von Fotos und Videos. Wirksam vertreten wurde er von seinem Verteidiger, Rechtsanwalt Olaf Krämer, der eine entsprechende Vollmacht vorlegen konnte. Zur Vernehmung zweier geladener und anwesender Zeugen kam es jedoch nicht. Vielmehr hat das Gericht die Hauptverhandlung vertagt, um von einem Sachverständigen schriftliche Aussagen bezüglich der Schuldfähigkeit des Angeklagten zu erhalten.
Amtsgerichtsdirektor Wolfgang Lampa war überrascht, dass Strafverteidiger Olaf Krämer ohne den Angeklagten zur Hauptverhandlung erschienen war. Rechtsanwalt Krämer machte geltend, dass der Angeklagte gerichtsbekannt an einer Psychose leide und gerade einen akuten Schub habe.
Richter Lampa räumte ein, dass ihm in einem Parallelverfahren gegen den Angeklagten ein Sachverständigengutachten vorliege, in dem für den dortigen Tatvorwurf die
Schuldunfähigkeit des Angeklagten nicht ausgeschlossen wird. Allerdings handele es sich beim Besitz jugendpornographischer Schriften um ein Dauerdelikt.
Lampa ging daher davon aus, dass der Angeklagte aufgrund klarer Phasen während der Zeit des Besitzes der Bilder und Videos bezüglich dieses Tatvorwurfs schuldfähig sein könnte. „Es handelt sich hier um ein gänzlich anderes Delikt“, so seine Sicht der Dinge.
Der Strafverteidiger, dem die Bilder und Videos nicht vorlagen, sah das anders und schlug vor, den bereits im anderen Verfahren tätigen Sachverständigen dahingehend zu befragen, ob für den Vorwurf des Besitzes jugendpornographischer
Schriften die Schuldfähigkeit besteht. Richter Lampa sagte: „Die Videos sind noch eindeutiger als die Fotos.“Er ging anhand der Aktenlage mithin davon aus, dass der objektive Tatbestand der Strafrechtsnorm erfüllt ist. Daher wunderte er sich, dass überhaupt gegen den Strafbefehl über – aus seiner Sicht milde – 40 Tagessätze Einspruch eingelegt wurde.
Da jedoch auch er nicht ausschließen konnte, dass dem Angeklagten auch für den vorliegenden Fall Schuldunfähigkeit attestiert wird, hat er auf die Vernehmung der anwesenden Zeugen verzichtet. Bezüglich des Parallelverfahrens ging er davon aus, dass es aufgrund der nicht auszuschließenden Schuldunfähigkeit des Angeklagten zu keiner Eröffnung des Hauptverfahrens kommen wird.
Nach rund 20 Minuten endete der Termin vor dem Amtsgericht Ehingen mit einem Beschluss. Richter Lampa hat die Hauptverhandlung vertagt. Außerdem werden die Akten dem Sachverständigen übersandt mit der Bitte um gutachterliche Stellungnahme zur Schuldfähigkeit des Angeklagten bezüglich des Dauerdelikts des Besitzes jugendpornographischer Schriften.