Schwäbische Kehrwoch’ am Nui Beach
Wie zwei Munderkinger in Thailand Müll statt Sonnenstrahlen sammelten
MUNDERKINGEN - Schwaben haben den Ruf, sparsam und ordentlich zu sein. Zumindest letzteres haben kürzlich zwei Munderkinger bewiesen – an einem durchaus ungewöhnlichen Ort.
Christoph Morgenstern und Dominik Witt sind gute Freunde, die auch öfter mal zusammen Urlaub machen. „2019 waren wir zusammen auf Bali“, erzählt Morgenstern. Damals, berichtet er, seien den beiden gewisse Müllprobleme in dem Urlaubsparadies aufgefallen. „Dort wird vielerorts der Abfall zusammengekarrt und einfach hinterm Strand verbrannt. Das riecht man dann auch.“Nun waren die beiden über Silvester wieder zusammen unterwegs und zwar insgesamt 23 Tage lang in Thailand. Corona zum Trotz. „Wir haben das Jahr über viel gearbeitet, so dass wir einfach mal weg und was anderes sehen mussten“, begründet Christoph Morgenstern die Entscheidung. „Thailand hat deutlich geringere Inzidenzen als wir und ist uns in einigen Bereichen, was den Infektionsschutz betrifft, voraus. So gibt es zum Beispiel an vielen Supermärkten Temperaturmessgeräte. Wer Fieber hat, darf nicht rein.“Ansonsten gibt es wie auch hierzulande in vielen Bereichen Masken- und Abstandspflicht, auch in Discos oder Bars, wenn sie denn überhaupt geöffnet haben. „Wir haben uns an alle Regeln gehalten und mussten nach der Ankunft einen Tag in Quarantäne“, erzählt Morgenstern. Trotz der Einschränkungen sei es ein gelungener Urlaub gewesen.
Einer, der aber aus einem ganz anderen Grund ein außergewöhnlicher werden sollte. Bei ihren Inseltouren
sind die beiden Munderkinger auf etliche Strände getroffen, die ziemlich verwahrlost sind – teils auch deshalb, weil Urlaubsresorts coronabedingt Pleite gegangen sind. „Dazu hat der Sturm viel Müll vom Meer her angespült“, sagt Christoph Morgenstern, der vermutet, dass die Hinterlassenschaften von benachbarten Inseln oder auch von Kreuzfahrtschiffen stammen. Der Unrat, der sich an den Stränden sammelt, ist vielfältig und reicht von Flipflops über Plastiknetze, die man als Schutz über Flaschen stülpt, Feuerzeuge, Nassrasierer, Ölbehälter bis hin zu ganzen Gastanks. „Besonders übel sind Styroporteile, die zerbröseln und von Fischen gefressen werden“, meint Morgenstern.
Als die beiden Munderkinger zusammen mit einem Kumpel, den sie beim Tauchen kennengelernt haben, eines Nachmittags mit den Kajak zwischen den vielen kleinen Inseln unterwegs waren, fiel dem Trio im hinteren Bereich des unter den Urlaubern bekannten kleinen Nui Beach eine besonders große Müllansammlung auf. „Und auf einem Felsvorsprung lag ein Paket mit leeren Müllsäcken drin“, berichtet Christoph Morgenstern: „Das sah aus wie eine Prüfung für uns: in der Sonne brutzeln oder Müll einsammeln.“Sie entschieden sich für letzteres. „Wir haben mal mit einem Sack angefangen, dann schnappte sich jeder einen. Weil das aber irgendwie eine fade Geschichte war, habe ich eine Musikbox geholt und wir haben eine kleine Party draus gemacht. Dann sind plötzlich andere Urlauber dazugekommen – Niederländer – und schon wurde eine spontane Kehrwoche draus“, erzählt Morgenstern. „Dabei mussten wir ziemlich aufpassen, um nicht barfuß in eine der vielen Scherben zu treten.“
Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Nach knapp zwei Stunden waren elf Säcke gefüllt. Jedoch stellte sich nun die Frage: Wie kommen die Säcke aufs Festland? „Der Skipper eines Longtailboots, mit dem normalerweise Touristen kutschiert werden, hat sich schließlich bereit erklärt, uns zu helfen. Für einen Lohn von 100 Baht – das sind etwa 2,70 Euro“, berichtet Christoph Morgenstern. „Wir haben mit unseren Kajaks dann die Säcke zum Boot geschippert und mussten dabei auch gegen die aufkommende Ebbe und starken Wind ankämpfen.“Am Ende entstand eine skurrile Kulisse mit Strandurlaubern, die im traumhaften Sonnenuntergang in der Bucht von Nui Beach Müllsäcke auf ihre Kajaks laden. Die Aktion sprach sich offenbar herum, den plötzlich half ein weiterer einheimischer Skipper mit – sogar ganz ohne Entgelt. „Wir konnten noch einen jungen Briten animieren, eine weitere Schicht zu übernehmen.“
So haben die Urlauber mit bescheidenem Aufwand etwas für die Umwelt getan – eine Tatsache, „die uns ein gutes Gefühl gibt“, sagt Christoph Morgenstern. „Denn jeder hinterlässt mal irgendwo Müll und wir mit unserer Reise auch einen CO2 Abdruck. Da schadet es nicht, bei 23 Tagen Urlaub auch mal etwas Müll zu sammeln.“Für die beiden Munderkinger ist das freilich keine ganz neue Erfahrung gewesen. „Als Vorstand der Schützengilde bin ich auch der Ansprechpartner bei der Munderkinger Stadtputzete“, erklärt Morgenstern, der als Betreiber eines Outdoor-Handels auch sonst sehr naturverbunden ist. „Müll hat mich schon immer gestört und meinen Kumpel Dominik auch. Wenn wir zum Beispiel auf der Schwäbischen Alb unterwegs sind, haben wir immer ein Müllsäckle dabei.“
Gefreut haben sich die beiden über viel positive Resonanz von
Freunden und Bekannten aus der Heimat, die sie mit WhatsApp-Berichten und Bildern über die Aktion auf dem Laufenden gehalten haben. „Uns geht es vor allem darum, andere zum Nachahmen zu animieren“, sagt Christoph Morgenstern. Selbst das thailändische Bier habe am Abend besonders gut geschmeckt, als er und Dominik Witt beobachteten, wie ein Tuk Tuk mit Beiwagen die Müllsäcke abgeholt und auf ein Schiff verladen hat. Mit einem Lächeln fügt Christoph Morgenstern an: „Jetzt hoffen wir bloß, dass das Zeug von dort nicht wieder im Meer landet.“