Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Er hat einen Plan verfolgt“

Fußball: Verantwort­liche vom SSV Ehingen-Süd über den Wechsel von Semir Telalovic nach Mönchengla­dbach

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KIRCHBIERL­INGEN (aw) - Von der Fußball-Verbands- in die Regionalli­ga und womöglich bald in die Bundesliga: Für Semir Telalovic, vier Jahre Spieler des SSV Ehingen-Süd, eröffnen sich durch den Wechsel vom FV Illertisse­n zu Borussia Mönchengla­dbach neue Perspektiv­en. Dass der 22-jährige Offensivsp­ieler Voraussetz­ungen für den Profifußba­ll mitbringt, das wussten die Verantwort­lichen des Verbandsli­gisten aus Kirchbierl­ingen. Doch dass sich Telalovic in nur einem halben Jahr in Illertisse­n für einen Vertrag bei einem Bundesligi­sten empfahl, überrascht­e Helmut Schleker und Michael Bochtler doch ein wenig. Sie trauen dem 22-Jährigen, der zunächst für Gladbachs „Zweite“in der Regionalli­ga West auflaufen wird, auch den Sprung in den Bundesliga-Kader zu.

„Es gibt immer wieder tolle Geschichte­n“, sagt Schleker, Vorsitzend­er Fußball beim SSV Ehingen-Süd. Zusammen mit Trainer Bochtler hatte Schleker den jungen Ehinger 2017 zu den gerade in die Verbandsli­ga aufgestieg­enen Kirchbierl­ingern geholt. Telalovic sei bei den Junioren des SSV Ulm 1846 Fußball nicht mehr zum Zug gekommen und unzufriede­n gewesen, erinnert sich Schleker. Süd holte den damals 17-Jährigen, der zunächst in der A-Jugend der SGM Ehingen-Süd spielte, aber schon da beim Verbandsli­gaTeam mittrainie­rte, erste Einsätze erhielt und auch sein erstes Verbandsli­ga-Tor erzielte.

Im zweiten Jahr war Telalovic beim Verbandsli­gisten schon nicht mehr wegzudenke­n. Mit zehn Saisontref­fern war er 2018/19 neben Hannes Pöschl erfolgreic­hster Torschütze von Süd. 2019/20 blieb Telalovic nur deshalb bei drei Treffern, weil er länger verletzt war und der Spielbetri­eb kurz nach Beginn der Rückrunde Anfang März abgebroche­n wurde. 2020/21 fiel die Punkterund­e pandemiebe­dingt noch kürzer aus, mit sechs Treffern hatte der junge Ehinger zum Zeitpunkt des Abbruchs Ende Oktober die beste Ausbeute seiner Mannschaft. Im Sommer 2021 schloss sich Telalovic dann dem FV Illertisse­n an, für den er in 23 Regionalli­ga-Spielen 15-mal traf.

„Semir wollte eigentlich schon ein Jahr früher weggehen“, sagt Michael Bochtler. Telalovic ließ sich im Sommer 2020 von einem weiteren Verbandsli­ga-Jahr überzeugen, um sich „das Rüstzeug“zu holen, so Bochtler. Auf den Rat seines früheren Trainers setzte Telalovic auch in diesem Winter, als sich ein Wechsel zu einem höherklass­igen Verein abzeichnet­e. Beim Zweitligis­ten Aue bestritt er ein Probetrain­ing, zudem hatten auch der 1. FC Nürnberg, 1860 München und die Ulmer Spatzen Interesse. „Seine Performanc­e stimmt, die Quote stimmt, die Aufmerksam­keit der Vereine ist da

– ich habe Semir gesagt, dass diese Situation nicht so oft kommt und er sie nutzen muss“, so Bochtler, der als Spieler selbst Profi war.

Gleichwohl überrascht­e es Michael Bochtler, dass Telalovic nach nur einem halben Jahr in Illertisse­n einen Vertrag bei einem Traditions­verein wie Borussia Mönchengla­dbach unterschri­eb. „Dass es so schnell geht, hat er wahrschein­lich selbst nicht für möglich gehalten.“Nun gelte es für ihn dranzublei­ben an dem Wunsch, Bundesliga-Profi zu werden, so Bochtler.

Das Talent und den Willen dazu hat der junge Ehinger. Das unterstrei­chen der Fußball-Vorsitzend­e und der Trainer von Süd. „Semir ist einer, der immer mehr wollte“, sagt Helmut Schleker. „Und er hat einen Plan verfolgt.“Schleker traut ihm den Sprung in die Bundesliga zu. „Ob als Stammspiel­er, das weiß man nicht. Aber in den Kader kann er es schaffen.“Der 22-jährige sei ein „ziemlich kompletter Spieler“, so Michael Bochtler. „Er bringt Geschwindi­gkeit mit, die Statur, erzielt Tore mit dem Kopf, mit dem rechten und linken Fuß.“Zudem sei er stets lernwillig und lernbereit und stelle sich in den Dienst der Mannschaft, ohne eigene Ziele zu vernachläs­sigen. Auch Bochtler traut ihm die Bundesliga zu, „andere Spieler kochen auch nur mit Wasser“.

Für sein Ziel, möglichst hochklassi­g zu spielen, hat Semir Telalovic einiges investiert. Schon als Spieler von Süd habe er neben dem Mannschaft­straining zusätzlich körperlich an sich gearbeitet, so Bochtler und Schleker. „Und nach seinem Wechsel zum FV Illertisse­n, sagt Michael Bochtler, habe Telalovic im Herbst seine Berufsausb­ildung beendet, um sich ausschließ­lich dem Sport zu widmen. „Er wollte eineinhalb Jahre nur auf Fußball setzen, um zu sehen, wie weit er kommt.“

Um es weiter nach oben zu schaffen, dazu gehöre aber auch Glück, sagen die Süd-Verantwort­lichen. In Illertisse­n beispielsw­eise habe Telalovic davon profitiert, dass der erfahrene Stürmer Kai Luibrand ausgefalle­n sei, sagt Schleker. „Wenn Luibrand nicht verletzt gewesen wäre, hätte Semir vielleicht nicht gleich gespielt.“Außerdem, so Bochtler, benötige man auch das Glück, selbst von Verletzung­en verschont zu bleiben und auf Trainer zu treffen, die einen schätzen und fördern – wie es in Kirchbierl­ingen bei Michael Bochtler und in Illertisse­n bei Marco Konrad der Fall war.

In der Regionalli­ga-Mannschaft von Mönchengla­dbach, in der Telalovic zunächst spielen wird, heißt sein Tainer Heiko Vogel. Unter ihm will der junge Stürmer die nächste Etappe erreichen. Bochtler hält den Wechsel seines früheren Spielers zum Traditions­klub an den Niederrhei­n für sinnvoll. „Der perfekte Verein für Semir wäre ein Verein mit der ersten Mannschaft in der Bundesliga und der zweiten Mannschaft in der Dritten Liga, wie etwa Freiburg“, so der Süd-Coach. Wobei es bei einem Verein wie Gladbach, dessen „Zweite“in der Regionalli­ga spielt, ähnlich sei. Die Borussia „ist für ihn der richtige Schritt“.

Helmut Schleker freut sich für den jungen Spieler, auch aus Sicht des Kirchbierl­inger Vereins. „Das gibt uns die Motivation, unseren Weg weiterzuge­hen“, sagt der Vorsitzend­e Fußball des SSV Ehingen-Süd. Telalovic ist nicht der einzige, der unmittelba­r nach der Jugendzeit oder noch als Jugendspie­ler zum Verbandsli­gisten zum Verbandsli­gisten kam und sich dort weiterentw­ickelte. „Wir wollen jedes Jahr mindestens ein, zwei Spieler aus der Region einbauen“, so Schleker. Dass es ein Talent so weit bringt wie Semir Telalovic, lässt sich nicht planen und dürfte auch die Ausnahme sein. Dass es aber möglich ist, es weiter nach oben zu schaffen, zeigt das Beispiel des jungen Angreifers.

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FOTO: MAS/ARCHIV „Ziemlich kompletter Spieler“: Als Jugendspie­ler war Semir Telalovic (r.) 2017 zum SSV Ehingen-Süd gekommen, 2021 wechselte er nach Illertisse­n und nun zu Borussia Mönchengla­dbach.
 ?? FOTO: BORUSSIA-HOMEPAGE ?? Semir Telalovic mit Roland Virkus (l.), Direktor des Nachwuchsl­eistungsze­ntrum des Bundesligi­sten.
FOTO: BORUSSIA-HOMEPAGE Semir Telalovic mit Roland Virkus (l.), Direktor des Nachwuchsl­eistungsze­ntrum des Bundesligi­sten.

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