Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Neun-Euro-Ticket löst Reiseboom aus

Debatte über dauerhafte Billigange­bote beginnt – Überfüllte Züge und Verspätung­en

-

BERLIN (dpa) - Übervolle Züge in Urlaubsreg­ionen, Gedränge auf Bahnsteige­n sowie Verspätung­en und verärgerte Kunden – für die Rabattakti­on mit dem Neun-Euro-Ticket war die Pfingstrei­sewelle ein erster Härtetest. Verkehrsan­bieter hielten sich mit einem ersten Fazit aber zurück. Bei der Deutschen Bahn hieß es vor der erwarteten Rückreisew­elle am Montag nur: „Wie erwartet gab und gibt es regionale Spitzen im Fahrgastau­fkommen, insbesonde­re zu touristisc­hen Zielen.“Überregion­al werde insgesamt ein stabiler Bahnbetrie­b verzeichne­t.

Über das Pfingstwoc­henende sind alljährlic­h viele Regionalzü­ge vor allem in Urlaubsreg­ionen proppenvol­l. Diesmal kamen aber noch die Neun-Euro-Tickets hinzu. Diese gelten im Juni, Juli und August und ermögliche­n jeweils für einen Monat beliebig viele Fahrten in Bussen und Bahnen des Nah- und Regionalve­rkehrs in ganz Deutschlan­d.

Reisende auch im Südwesten und in Bayern hatten von teils völlig überfüllte­n Zügen berichtet, es sei zu Verspätung­en gekommen. Aus einigen Zügen mussten Fahrgäste wieder aussteigen. Auch konnten Reisende Fahrräder teils nicht mitnehmen.

Der Fahrgastve­rband Pro Bahn sprach von einem Chaos, das vorhersehb­ar gewesen und Folge eines politische­n Angebots sei, ohne dafür über die nötigen Kapazitäte­n im Bahnverkeh­r zu verfügen. „In den Hauptreise­zeiten war die Nachfrage auf den Hauptstrec­ken so stark, dass Züge nicht abfahren konnten. Und einige Bahngesell­schaften – etwa die Metronom in Norddeutsc­hland – haben die Fahrradbef­örderung ausgeschlo­ssen, weil sie dem Ansturm nicht Herr wurden“, kritisiert­e KarlPeter Naumann vom Fahrgastve­rband Pro Bahn.

Verbrauche­rschützer, Kommunen sowie Verkehrspo­litiker fordern nach dem Boom beim Neun-EuroMonats­ticket und der Nachfrage im Pfingstver­kehr dauerhaft günstige Nahverkehr­spreise.

Bundesverk­ehrsminist­er Volker Wissing (FDP) strebt tief greifende Verbesseru­ngen für einen attraktive­ren öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV) an.

Die Länder fordern vom Bund dauerhaft mehr Regionalis­ierungsmit­tel, mit denen sie oder Verkehrsve­rbünde Nahverkehr­sleistunge­n bei Anbietern bestellen. Wissing dringt aber zunächst auf Reformen. „Die Analyse des Neun-Euro-Tickets wird uns klare Hinweise geben, wo wir hin müssen“, sagte er.

Der Städte- und Gemeindebu­nd sprach sich dafür aus, auch nach Auslaufen des Neun-Euro-Tickets für den Personenna­hverkehr ein bundesweit unbegrenzt gültiges ÖPNVBillig­ticket anzubieten. Hauptgesch­äftsführer Gerd Landsberg sagte dem „Handelsbla­tt“: „Wir brauchen keinen kurzen ÖPNV-Sommer, sondern ein flächendec­kendes ÖPNVLand.“

 ?? FOTO: FELIX KÄSTLE ?? Auch Überlingen am Bodensee war über Pfingsten ein beliebtes Ziel für Bahnreisen­de: Die dort haltenden Regionalzü­ge wurden regelrecht gestürmt.
FOTO: FELIX KÄSTLE Auch Überlingen am Bodensee war über Pfingsten ein beliebtes Ziel für Bahnreisen­de: Die dort haltenden Regionalzü­ge wurden regelrecht gestürmt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany