Claudia Roth und Bischof Meier besuchen Ukraine
Kulturstaatsministerin will in Odessa Fokus auf Hilfsangebote – Ordinarius fordert geeintes Europa
ODESSA/KIEW (dpa/KNA) - Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) ist am Montagnachmittag zu einem zweitägigen Besuch in Odessa eingetroffen. Die Grünen-Politikerin ist das erste Mitglied der Bundesregierung, das nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vor mehr als 100 Tagen in der strategisch wichtigen Hafenstadt am Schwarzen Meer zu Gast ist. Augsburgs Bischof Bertram Meier hat nach einem Besuch in Kiew die Zustimmung der deutschen katholischen Bischöfe zu Waffenlieferungen an die Ukraine bekräftigt.
Claudia Roth ist auf Einladung des ukrainischen Kulturministers Olexandr Tkatschenko in Odessa. Die Stadt gilt nicht nur als Kulturmetropole, sondern ist vor allem wegen ihres großen Hafens auch von strategischer Bedeutung. Zuletzt gab es erneut Meldungen über Raketenangriffe im Raum Odessa. Die Stadt habe unheimlich viel Kultur, sagte Roth zum Auftakt der Reise. „Wir wollen zeigen, dass wir da sind“, sagte Roth, „wir wollen zeigen, wie die Kultur angegriffen wird“. Sie wolle in Odessa erfahren, wie das Gesicht des Krieges jenseits der Frage von schweren Waffen aussehe. Humanitäre Hilfsangebote kämen in den Debatten noch zu selten vor.
Bischof Bertram Meier zeigte sich nach seiner Reise erschüttert über die Kriegszerstörungen, die ihm auf seiner Reise von Lwiw (Lemberg) nach Kiew und Umgebung begegneten. „Unglaublich viel muss nach dem Krieg wieder aufgebaut werden.
Besonders schockierend war es in Butscha, dem Ort der russischen Massaker, und im weitgehend zerstörten Irpin.“In einem Interview mit der Katholischen NachrichtenAgentur (KNA) sagte Meier, der Ukraine bleibe nur eine starke Selbstverteidigung. Die deutschen Bischöfe seien sich „einig, dass in der jetzigen Lage alles getan werden muss, um der angegriffenen Ukraine in ihrer Notwehr zu helfen, und Europa da zusammenstehen muss.“Die Lieferung schwerer Waffen dürfe kein „Blankoscheck“sein, der zu einer unkontrollierten Spirale der Gewalt führe. In seinen Gesprächen mit katholischen und orthodoxen Würdenträgern sei deutlich geworden, dass sie Verhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt keine echten Aussichten geben. „Sie haben keinerlei Vertrauen in Putin und sagen: Gibt man ihm die Gebiete im Osten und Süden, folgt in absehbarer Zeit der nächste Schlag gegen eine westlich orientierte Ukraine.“Zugleich bestehe die Hoffnung, dass die Russen Putins Kurs nicht endlos tolerierten.