Mineralölkonzerne sollen geschröpft werden
SPD und Grüne bringen Extra-Steuer auf Krisengewinne ins Spiel – Ökonomen warnen – Kraftstoffe laut ADAC zu teuer
BERLIN (dpa) - Angesichts rasant steigender Energiepreise mehren sich in der Ampel-Koalition Stimmen für eine zusätzliche Abgabe für Mineralölkonzerne. SPD-Chef Lars Klingbeil will „Krisen- und Kriegsgewinner“stärker besteuern. Es könne nicht sein, dass sich die Mineralölkonzerne „in der Krise die Taschen noch voller machen“, sagte Klingbeil den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Der SPD-Vorsitzende zeigte sich offen für eine sogenannte Übergewinnsteuer, um extreme Krisengewinne abzuschöpfen. „Eine Steuer auf Kriegs- und Krisengewinne ist ein Instrument, das auf dem Tisch liegt und das ich sehr überlegenswert finde“, so Klingbeil. Eine solche Steuer werde in Großbritannien und Italien bereits eingesetzt, die Europäische Kommission sei ebenfalls dafür. „Damit müssen wir uns in Deutschland natürlich auseinandersetzen.“
Grünen-Chefin Ricarda Lang befürwortet die Idee ebenfalls und hatte sie bereits Anfang Mai ins Spiel gebracht. „Wir beobachten seit Monaten eine Entkopplung vom Rohölpreis und Tankstellenpreisen. Einige wenige profitieren, während ganz viele mittelständische Unternehmen unter den hohen Energiepreisen leiden und sich fragen, wie sie durch das nächste Jahr kommen sollen. Die Übergewinnsteuer wäre da ein logischer Schritt“, sagte Lang dem „Tagesspiegel“. Ähnlich äußerte sich Grünen-Co-Chef Omid Nouripour. Der Funke Mediengruppe sagte er, es gebe „momentan einzelne Unternehmen, die als Trittbrettfahrer der Inflation aus dem Krieg Kapital schlagen“. Daher wäre eine „Übergewinnsteuer“eine Möglichkeit, mehr Geld einzunehmen und
Preise zu dämpfen. Ifo-Chef Clemens Fuest warnte vor einem solchen Schritt. Von Sondersteuern für Übergewinne halte er in der aktuellen Lage nichts. „Die Gewinne werden ja besteuert. Je nach Wirtschaftslage Sondersteuern für einzelne Branchen einzuführen, öffnet der Willkür und dem Populismus Tür und Tor“, sagte er der „Rheinischen Post“. Die Mineralölkonzerne stehen wegen der hohen Spritpreise in der Kritik. Auch eine Senkung der Energiesteuern am Mittwoch hatte die Preise nur vorübergehend sinken lassen. Zuletzt waren sie vielerorts wieder gestiegen. Beide Kraftstoffe waren dem Verkehrsclub zufolge zu teuer. „Da kommt deutlich zu wenig beim Verbraucher an“, sagte ein ADAC-Sprecher. „Die Entwicklung geht in die komplett falsche Richtung.“
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sprach sich für ein Ende der seit Mittwoch vergangener Woche geltenden Steuerentlastung aus. Viele hätten prognostiziert, dass die Spritpreisbremse kontraproduktiv sei und vor allem in den Taschen der Mineralölkonzerne lande, schrieb der Ökonom am Samstag auf Twitter: „Wie wäre es, wenn die Politik ihren Fehler eingesteht und die Spritpreisbremse sofort stoppt?“