Vom Charakterdarsteller zum Mann fürs Grobe
Liam Neeson wurde spät in seiner Karriere zur Action-Ikone – Mit nun 70 Jahren soll bald Schluss sein
LONDON (dpa) - Liam Neeson kann es nicht lassen. Nach „Blacklight“kommt jetzt mit „Memory“schon sein zweiter Actionkracher in diesem Jahr in die Kinos. Im ersten spielt er einen Geheimagenten, der sich mit dem FBI anlegt, im zweiten einen Auftragskiller, der selbst zum Ziel geworden ist. Seit er in „96 Hours“als wütender Vater und ExAgent die Entführer seiner Tochter jagte und einen nach dem anderen eliminierte, ist der gebürtige Nordire auf solche Rollen abonniert. Die Action- und Kampfszenen spielt er gern selbst. „Ich liebe es“, sagte er vor Kurzem in der amerikanischen TV-Show „Today“. Am Dienstag wird Liam Neeson (Foto: dpa) 70 und denkt allmählich ans Aufhören.
Dass er auch ein Mann fürs Grobe ist und eine starke physische Präsenz hat, zeigte er schon in jungen Jahren. Als Neunjähriger lernte Neeson das Boxen. In seiner Jugend gewann er als Amateurboxer einige Titel. Später packte der 1,93 Meter große Neeson in der Guinness-Brauerei mit an, für die er als Gabelstaplerfahrer und dann als Lastwagenfahrer arbeitete.
Doch es war die Schauspielerei, die ihm am meisten lag. Schon in der Schule entdeckte er die Leidenschaft fürs Theater. „Es war eine Rettungsleine“, sagte Neeson, dessen Kindheit und Jugend von den Gewaltausbrüchen während des NordirlandKonflikts geprägt war. Als Teenager wirkte er regelmäßig in Schulaufführungen mit. 1976 begann er in Belfast am Lyric Players' Theater zu spielen und schon ein Jahr später hatte er seine erste kleine Filmrolle. Der nach einem Priester in seinem Geburtsort Ballymena benannte William John, den alle nur Liam nannten, spielte Jesus in „Pilgrim's Progress“.
In den 80er-Jahren wirkte Neeson in vielen TV-Produktionen, Serien und Filmen mit. So hatte er einen Gastauftritt bei „Miami Vice“und
Nebenrollen im Fantasy-Epos „Excalibur“, im Historienfilm „Die
Bounty“mit Anthony Hopkins und Mel Gibson sowie an der Seite von Robert De
Niro und Jeremy
Irons in „Mission“.
Es war die Rolle als Oskar Schindler in Steven Spielbergs Drama „Schindlers Liste“, die ihn 1993 weltberühmt machte. Für seine Darstellung des deutschen Industriellen, der während des Zweiten Weltkriegs in seiner Fabrik jüdische Arbeiter vor dem Holocaust gerettet hat, wurde Neeson für einen Oscar nominiert. Spielberg hatte ihn kurz zuvor bei dessen Broadway-Debüt „Anna Christie“in New York auf der Bühne gesehen.
Doch als er 2008 die Rolle als ehemaliger CIA-Agent Bryan Mills übernommen hatte, ahnte Liam Neeson kaum, dass das seiner Karriere noch einmal einen kräftigen Schub verpassen würde. „Ich habe ein paar ganz besondere Fähigkeiten, die ich mir im Laufe vieler Jahre angeeignet habe“, sagt Neeson als Mills in dem harten Thriller zu den Entführern seiner Tochter. „Ich werde nach Ihnen suchen. Ich werde Sie finden und ich werde Sie töten.“
Seit dem Kinoerfolg ist der Brite, der auch die US-amerikanische und die irische Staatsbürgerschaft hat, ein viel beschäftigter Actionstar. „96 Hours“(Originaltitel: „Taken“) zog zwei Fortsetzungen nach sich. „Unknown Identity“oder „Ruhet in Frieden“waren weitere Actionreißer. Dass er noch viele weitere Filme dieses Stils macht, glaubt Neeson allerdings nicht. „Ich glaube, es wird aufhören mit den Actionfilmen“, sagte er im „Today“-Interview mit Blick auf sein fortgeschrittenes Alter. „Das muss aufhören. Das Publikum ist ja nicht blöd. Ich lasse es irgendwann.“