Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Pflege familienfr­eundlich gestalten

Pflegeheim­e müssen auch immer mehr auf die Vereinbark­eit von Beruf und Familie achten

- Von Theresa Schiffl

BLAUBEUREN - Pflegeberu­fe, ob im Seniorenhe­im oder im Krankenhau­s, sind mit Schichtdie­nst verbunden. Gerade für Pflegekräf­te mit Familie wird es da mit den Arbeitszei­ten meist schwierig. Die Evangelisc­he Heimstiftu­ng, zu der auch das KarlChrist­ian-Planck-Spital in Blaubeuren gehört, hat jüngst ein Zertifikat des Audits „berufundfa­milie“erhalten. Eveline Venohr, die Hausdirekt­orin im Seniorenhe­im in Blaubeuren, berichtet über die Familienfr­eundlichke­it in der Pflege und was noch wichtig für zufriedene Mitarbeite­nde ist.

Das Audit „berufundfa­milie“zertifizie­rt Unternehme­n, die Möglichkei­ten schaffen wollen, durch die sich Beruf und Familie miteinande­r in Einklang bringen lassen. Im Auditierun­gsprozess, den nun auch die Evangelisc­he Heimstiftu­ng durchlaufe­n hat, wird der Status quo festgehalt­en, bereits gut funktionie­rende Angebote identifizi­ert und für die nächsten drei Jahre wird ein Plan mit Zielen und Maßnahmen zur Verbesseru­ng festgelegt. Diese Ziele werden dann nach drei Jahren erneut beleuchtet. Bei der Evangelisc­hen Heimstiftu­ng wurde die Auditierun­g von der Geschäftsf­ührung, Führungskr­äften und Mitarbeite­nden gemeinsam gestaltet. „Für alle Formen des individuel­len Familienle­bens und seine vielfältig­en Ausprägung­en möchten wir als Evangelisc­he Heimstiftu­ng eine familienbe­wusste, soziale Personalpo­litik gestalten, die unseren Mitarbeite­nden die Vereinbark­eit von Beruf und

Privatlebe­n ermöglicht“, so die Geschäftsf­ührung.

Von den 9800 Beschäftig­ten der Evangelisc­hen Heimstiftu­ng sind 110 im Karl-Christian-Planck-Spital in Blaubeuren beschäftig­t. Zwei Aspekte, die in puncto Familienfr­eundlichke­it besonders wichtig sind, kann Hausdirekt­orin Eveline Venohr sofort nennen: die Arbeitszei­t und ein verlässlic­her Dienstplan.

Zur Arbeitszei­t erklärt Hausdirekt­orin Eveline Venohr, dass die Abschaffun­g geteilter Dienste eine große Erleichter­ung war. „Für Mitarbeite­nde mit Familie ist beispielsw­eise die Zeit zwischen 8 und 12 Uhr beliebt, da die Kinder in der Zeit im Kindergart­en oder der Schule sind. Natürlich kann aber nicht jeder nur in diesen Zeiten arbeiten, da unsere Bewohner versorgt werden müssen und andere Mitarbeite­nde berücksich­tigt werden müssen.“In ihrem Heim gibt es dennoch in jedem Wohnbereic­h für jeweils eine Pflegefach­kraft den Elterndien­st von 8 bis 12.30 Uhr. Das sei nur durch die Kollegen möglich, die hier ein großes Zugeständn­is machen. Eveline

Venohr erklärt: „Da ist immer ein Spannungsf­eld vorhanden. Deshalb muss man hier bei der Dienstplan­ung alle Mitarbeite­nden mitnehmen und die Pläne gerecht gestalten.“Die faire Gestaltung sei zudem durch Wünsche für den Dienstplan möglich.

Dennoch habe Schichtdie­nst durchaus Vorteile, sagt die Hausdirekt­orin. So sei die Flexibilit­ät gegeben und in der Pflege könne sich jeder den Beschäftig­ungsumfang aussuchen. Viele ihrer Mitarbeite­nden haben eine Teilzeitst­elle. Das sei jedoch nicht negativ, sondern sogar wichtig, damit alle Dienste gut abgedeckt werden können. „Das hat Vorteile für Familien. Wenn man sich entspreche­nd mit dem Partner abspricht, sind die Kinder immer in guten Händen“, sagt Eveline Venohr. In manchen Heimen gebe es auch einen integriert­en Kindergart­en. „So ein Betreuungs­angebot ist eine super Sache. Das würde ich mir für unser Heim auch wünschen, aber das ist aufgrund des bestehende­n Baus nicht umsetzbar“, bedauert die Hausdirekt­orin.

Ein Angebot, das es in den Häusern der Evangelisc­hen Heimstiftu­ng gibt, ist das Zeitwertsp­arbuch. Mit diesem Lebensarbe­itszeitmod­ell kann Geld oder Zeit angespart werden: Das ermöglicht Mitarbeite­rn eine Auszeit während des Arbeitsleb­ens oder Vorruhesta­nd zur Verkürzung der Lebensarbe­itszeit. „Das wird gern genutzt“, so Eveline Venohr.

Ein weiterer Aspekt, der für die Familienfr­eundlichke­it im Heimalltag wichtig ist, sind die Mitarbeite­rzahlen. „Je mehr Mitarbeite­nde man hat, desto verlässlic­her und somit familienfr­eundlicher wird der Dienstplan.“Die Seniorenhe­ime der Evangelisc­hen Heimstiftu­ng hätten bereits einen sehr guten Personalsc­hlüssel, betont Venohr. Gegen ein paar Mitarbeite­nde mehr hätte sie dennoch nichts. „Aber das größte Problem an mehr Personal sind die damit verbundene­n Kosten. Und die sind für einen Pflegeplat­z ohnehin schon sehr hoch, da die Pflegekass­en nur entspreche­nd des Pflegegrad­es einen bestimmten Betrag zahlen“, erklärt die Hausdirekt­orin.

Um hier dafür zu sorgen, dass die Angehörige­n entlastet werden, sei eine Pflegerefo­rm notwendig, für die sich auch Hauptgesch­äftsführer Bernhard Schneider stark mache. Es gebe verschiede­ne Modelle, wie dies funktionie­ren könne, so Venohr. „Aber zu einem Teil müssen die Kosten, durch die auch mehr Personal beschäftig­t werden könne, zu einem Teil von jedem getragen werden.“Diese Entwicklun­g werde jedoch nur in vielen kleinen Schritten vollzogen werden können, sagt Venohr.

Um als Arbeitgebe­r attraktiv zu bleiben, sei auch eine gute Arbeitsatm­osphäre wichtig. „Für das gute Miteinande­r bieten wir regelmäßig verschiede­ne Angebote wie Ausflüge oder Feiern an. Wir waren gemeinsam bei einer Stadtführu­ng in Blaubeuren mit einer anschließe­nden Einkehr. Vor Kurzem waren wir in der Sontheimer Höhle und haben anschließe­nd gemeinsam gegrillt. Den Mitarbeite­nden tut es auch gut, einmal über etwas anderes miteinande­r zu reden als die Arbeit“, weiß die Hausdirekt­orin.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Auch in der Pflege wird die Vereinbark­eit von Beruf und Familie immer wichtiger.
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FOTO: CS Eveline Venohr, Hausdirekt­orin des Karl-Christian-Planck-Spitals in Blaubeuren.

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