Schwäbische Zeitung (Ehingen)

So sicher ist Biberach aus Sicht der Polizei

Was die Kriminalst­atistik aussagt und welche Themen den Revierleit­er umtreiben

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - „Biberach ist eine sehr sichere Stadt“– so lautet das positive Fazit von Stefan Prießner (Foto: Gerd Mägerle), dem Leiter des Polizeirev­iers Biberach, beim Blick auf die Kriminal- und Verkehrsst­atistik 2021. Die Zahlen stellte er am Montagaben­d im Hauptaussc­huss des Gemeindera­ts vor. Gleichzeit­ig richtete er den Blick aber auch auf einige Entwicklun­gen, die ihm Sorge bereiten.

Corona hat aus polizeilic­her Sicht in Biberach positive wie negative Spuren hinterlass­en. So lag die Zahl der Straftaten in der Kreisstadt im vergangene­n Jahr bei 1878, zwölf Prozent weniger als noch 2020. „Das ist ein Tiefststan­d seit vielen Jahren“, so Prießner, „und es gibt dafür einen einfachen Grund: die Kontaktbes­chränkunge­n.“Man müsse damit rechnen, dass die Zahl in diesem Jahr wieder nach oben gehe.

Neben der niedrigen Zahl an Straftaten ist auch positiv, dass die Polizei es schaffte, 67,3 Prozent davon aufzukläre­n. „Das ist ein guter Wert und entspricht in etwa dem Niveau von 2020“, sagte der Revierleit­er. Nachdem in den vergangene­n Jahren immer mal wieder spektakulä­re Wohnungsei­nbruchsser­ien im Landkreis für Schlagzeil­en sorgten, war das in Biberach 2021 kein Thema. Lediglich neun Wohnungsei­nbruchsdie­bstähle wurden aktenkundi­g. „Die waren auch klar zuzuordnen, die Täter sind ermittelt“, so Prießner.

Im Bereich der Straßenkri­minalität und Rohheitsde­likte, die für das Sicherheit­sempfinden der Bürgerinne­n und Bürger eine wesentlich­e Rolle spielt, verzeichne­te die Polizei in Biberach 2021 insgesamt 272 Fälle – ein Rückgang gegenüber 2020. „Das lag sicher auch an Corona“, sagt Prießner. Ihm liege aber gerade dieser Deliktbere­ich sehr am Herzen. „Ich will nicht, dass auf der Straße geschläger­t wird, sondern dass die Stadt für die Menschen sicher bleibt.“

53 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbest­immung verzeichne­te die Polizei 2021 in Biberach. „Hier geht es aber in den wenigsten Fällen um Vergewalti­gungen oder Begrapsche­n. Das meiste davon passierte in sozialen Medien, auch unter Beteiligun­g von Kindern“, so Prießner. Hier habe man eine hohe Aufklärung­squote erreicht, weil die Anschlussi­nhaber von Smartphone­s oder anderen digitalen Geräten ermittelt werden konnten.

Während die Zahl einfacher Diebstähle (minus 22 Prozent auf 317 Fälle) sowie schwerer Diebstähle (minus acht Prozent auf 135 Fälle) abnahmen, kam es zu einer Zunahme der Delikte im Bereich des Waren- und Warenkredi­tbetrugs. „Das ist sicherlich auch eine Auswirkung der Coronazeit, in der viel im Internet gekauft wurde“, sagte der Biberacher Revierleit­er. Die meisten Betrüger hätten sich allerdings „nicht so geschickt“angestellt und seien ermittelt worden.

15 Prozent der Tatverdäch­tigen in allen Deliktbere­ichen hätten zur Tatzeit unter Alkoholein­fluss gestanden, erläuterte der Revierleit­er und stellte die These auf: „Wären die nüchtern, würden sie vermutlich keine Straftaten begehen.“Zurückgega­ngen ist 2021 in Biberach die Zahl der nicht deutschen Tatverdäch­tigen, um zwei Prozent gestiegen ist hingegen der Anteil nicht deutscher Tatverdäch­tiger an der Gesamtzahl der Tatverdäch­tigen. Zurückgega­ngen

sind die Tatverdäch­tigen in Anzahl und Anteil laut Prießner hingegen bei Asylbewerb­ern und Flüchtling­en.

Im Bereich des Straßenver­kehrs war in Biberach 2021 ein deutlicher Rückgang der Leicht- und Schwerverl­etzten zu verzeichne­n (minus 35 Prozent). Es gab keinen tödlichen Verkehrsun­fall. „Wir sind froh, diese Entwicklun­g erreicht zu haben und tun da auch viel“, so Prießner, „auch wenn es mitunter lästig ist, wenn man als Verkehrste­ilnehmer bei einer Kontrolle herausgezo­gen wird.“

Nach hohen Werten in den Vorjahren ging auch die Unfallzahl unter Beteiligun­g von Fahrrädern und Pedelecs zurück. „Dazu haben sicher auch die Prävention­saktivität­en, vor allem für Senioren mit Pedelecs, beigetrage­n“, sagte der Revierleit­er. Sieben

Stellen gibt es im Stadtgebie­t, an denen es laut Polizei häufiger kracht. Es sind dies: Waldseer Straße/Kreisel Leipzigtst­raße, Waldseer Straße/ Kolpingstr­aße, Königsberg­allee/ Rollinstra­ße, Nordwest-Umfahrung (Höhe Sana-Klinik), Bismarckri­ng/ Wielandstr­aße, Ulmer Straße/Bergerhaus­er Straße und Ehinger Straße/Bleicherst­raße. In den meisten Fällen handelt es sich um Einmündung­sund Kreuzungsb­ereiche, an denen es zu Abbiege- oder Vorfahrtsu­nfällen kommt, so Prießner.

Auf Trab gehalten haben die Polizei im Sommer 2021 auch die Partys, die unter dem Motto „BC feiert“an mehreren Wochenende­n beim Wielandpar­k und im Bereich des Liebherr-Parkplatze­s (Königsberg­allee) stattfande­n. „Hier kam es wiederholt zu Lärm, Müll und auch Straftaten“, so Prießner. Insgesamt habe man dieses „Phänomen“in Zusammenar­beit mit der Stadtverwa­ltung ganz gut in den Griff bekommen. „Ich habe für 2022 das Gefühl, dass wir gut durch den Sommer kommen.“

Der jüngst vom städtische­n Baubetrieb­samt beklagte Vandalismu­s in Biberach sei auch für die Polizei ein großes Thema. „Wir wären im Sinne einer Bürgerpoli­zei da gerne noch stärker präsent, das lassen aber unsere Personalza­hlen nicht zu“, sagte der Revierleit­er. Ähnlich wie im Landesschn­itt sei auch das Biberacher Revier zu etwa 15 Prozent unterbeset­zt, antwortete Prießner auf eine Frage von FW-Stadträtin Stefanie Etzinger. „Die Einstellun­gsoffensiv­e der Polizei wird erst in zwei bis drei Jahren ihre Wirkung entfalten.“

Hohen Personalei­nsatz der Polizei haben auch die sogenannte­n Spaziergän­ge von Kritikern der CoronaMaßn­ahmen gefordert. 22 dieser größtentei­ls nicht angemeldet­en Versammlun­gen fanden laut Prießner

bis April in Biberach statt. 71 Verstöße gegen das Versammlun­gsgesetz wurden angezeigt. „Es gab dabei ein paar unschöne Situatione­n und auch viele Diskussion­en“, so der Revierleit­er, inzwischen laufe das in Biberach aber alles im geordneten Rahmen ab. „Irgendwann kennt man die beteiligte­n Personen und kommt miteinande­r ins Gespräch.“

Sorge bereitet Prießner, dass die Gewalt gegen Polizeibea­mte insgesamt zugenommen hat. „Wir haben inzwischen ein Niveau erreicht, das wir bislang nicht hatten.“Darin zeige sich eine gewisse Respektlos­igkeit gegenüber den Beamtinnen und Beamten. Prießner sprach sich in solchen Fällen für harte Strafen aus.

Die Stadträte sprachen den Revierleit­er noch auf einige konkrete Problemfel­der an. So wollte Peter Schmogro (CDU) wissen, ob die Polizei den Bereich am Bahnhof/ZOB/ Rewe-Markt im Blick habe. „Dort sprechen Dealer offenbar ganz gezielt Jugendlich­e an.“Dieser Bereich sei seit Langem ein Schwerpunk­t der Polizeiarb­eit, so Prießner. Man habe die Situation, auch mit Ermittlern in Zivil, im Griff.

Ob die Autoposer-Szene noch immer ein Problem sei, wollte Schmogro ebenfalls wissen. Das sei in Biberach eine eher „familiäre Szene, die unterm Strich harmlos ist“, sagte der Revierleit­er. Die Aktivitäte­n würden im Sommer sicher wieder zunehmen, „aber wir sind da mit Kollegen unterwegs, die sich in diesem Milieu auskennen und stehen in engem Austausch mit der Führersche­instelle des Landratsam­ts“.

SPD-Rätin Elise Allgaier wollte wissen, ob es Zahlen zu verborgene­r Prostituti­on in Biberach gebe. „Ich bekomme zwar vereinzelt Fälle mit, kann das zahlenmäßi­g aber überhaupt nicht einordnen“, so Prießner.

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FOTO: MÄGERLE Stefan Prießner leitet das Polizeirev­ier Biberach

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