Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Showdown in Bonn

Bayern-Basketball­er massiv unter Druck – Trainer droht seiner Mannschaft

-

MÜNCHEN (dpa/SID) - Gegen menschlich­e Gewohnheit­en ist auch Andrea Trinchieri machtlos. Als Bayern Münchens Basketball­er in der Halbfinals­erie gegen die Telekom Baskets Bonn vor wenigen Tagen noch mit 2:0 in Führung lagen, hatte ihr Trainer angesichts des trügerisch­en Vorsprungs vor Leichtsinn gewarnt. Derartige Gedanken seien zwar menschlich, doch er wolle dagegen ankämpfen, sagte Trinchieri. Nach dem 80:83 im vierten Spiel der Best-of-five-Serie am Montagaben­d steht fest: zumindest dieser Kampf ging verloren.

Nun bleibt den Münchnern am Mittwoch (20.30 Uhr/ Sport1 und Magentaspo­rt) eine allerletzt­e Chance, um das Traumfinal­e in der Basketball-Bundesliga gegen Alba Berlin perfekt zu machen. „Natürlich hat das Momentum gewechselt. Wir müssen nach Bonn, es wird dort vollbesetz­t sein“, sagte der Italiener. Den Baskets schiebt er nach ihrer Aufholjagd – erneut – die unangenehm­ere Favoritenr­olle zu.

Trinchieri fordert von seiner Mannschaft, das Level anzuheben. „Wer immer Angst davor hat, ins fünfte Spiel zu gehen und zu gewinnen, sollte zu Hause bleiben“, appelliert­e der Coach unmissvers­tändlich an sein Team. Im Alles-oder-NichtsSpie­l könne alles passieren. „Es wird schwierig, aber mal sehen“, sagte der Südländer gewohnt kleinlaut.

Am Montag gestattete­n die Bayern im brodelnden Audi Dome den Gästen ein paar Offensiv-Rebounds zu viel und leisteten sich selbst zu viele Ballverlus­te und Fehlversuc­he von der Freiwurfli­nie. „Was ich nicht verstehe: In den ersten beiden Spielen waren wir sehr fokussiert auf die Verteidigu­ng und die Rebounds. Im dritten und vierten Spiel haben wir hier einen Rückschrit­t gehabt“, analysiert­e Trinchieri, dessen Team nur aus dem ersten Viertel mit einer Führung gegangen war.

Zum Ende des dritten Durchgangs drehten die Bonner auf und Jeremy Morgan führte die Gäste mit spektakulä­ren Körben mit einem 10:0-Lauf zu einem 66:60. „Bonn hat eine gute Wurfquote gehabt“, erkannte auch Bayerns Shooting Guard Nihad Djedovic neidlos an. Nach einem Distanzwur­f von Bonns Liga-MVP Parker Jackson-Cartwright zum 83:77 retteten die Gäste den knappen Vorsprung über die Zeit.

Am Ende entschiede­n die Nerven, die am Mittwoch wohl noch mehr gefragt sein dürften. „Wir spielen das fünfte Spiel in Bonn, um es zu gewinnen, und werden alles geben, damit wir in die Finals kommen“, sagte Djedovic. „Das war nochmal ein großartige­r Kampf unserer Jungs. Ich sage fast nach jedem Spiel, wie stolz ich über unsere Leistung und den Kampfgeist bin, aber es ist kaum zu verstehen, was für einen guten Job alle zusammen machen und wie hart jeder Einzelne kämpft“, meinte der sichtlich erleichter­te Trainer Tuomas Iisalo nach dem Spiel: „Dieses Team findet immer einen Weg.“

Dieser Sieg war keinesfall­s selbstvers­tändlich, schließlic­h verloren die Baskets ihre beiden Heimspiele zu Beginn der Best-of-five-Serie. In München standen die Bonner mit dem Rücken zur Wand und setzten sich durch. Entspreche­nd enttäuscht war nach dem nächsten vergebenen Matchball die Gegenseite. „Wir haben wieder die Rebounds verloren. Sechs Offensive-Rebounds allein im dritten Viertel“, analysiert­e BayernTrai­ner Andrea Trinchieri nach dem Spiel. „Nun gibt es Spiel fünf. Da müssen wir einfach besser sein. Alles kann passieren“, sagte er vor dem Entscheidu­ngsspiel in Bonn. Gewinnt seine Mannschaft, käme es gegen Alba Berlin zur Neuauflage des letztjähri­gen Finals. Für die Münchner wäre es nach der Niederlage im Vorjahr die Chance auf eine Revanche.

Auf diese pocht jedoch mit Sicherheit auch Bonn. Fünfmal standen die Baskets bislang im Bundesliga-Finale, gewinnen konnten sie keines, viermal hieß der Gegner Alba Berlin. Iisalo geht zumindest gelassen in das entscheide­nde Spiel: „Bayern hat den gesamten Druck auf seiner Seite, und wir spielen vor ausverkauf­tem Haus. Das ist eine wunderschö­ne Situation für uns.“

Das erste Finale seit 2009, vor allem der erste Meistertit­el, wäre in Bonn auch das Ende einer Ära. Nach 28 Jahren steigt die Telekom als Hauptspons­or des Klubs aus, bereits in der nächsten Saison müssen die Baskets unter einem neuen Namen antreten.

 ?? FOTO: MARCEL ENGELBRECH­T/ IMAGO ?? Parker Jackson-Cartwright (am Ball) führte die Bonner zum Sieg im Spiel gegen die Bayern.
FOTO: MARCEL ENGELBRECH­T/ IMAGO Parker Jackson-Cartwright (am Ball) führte die Bonner zum Sieg im Spiel gegen die Bayern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany