Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ein Plädoyer für Gemeinscha­ft, Austausch und Frieden

Sternwallf­ahrt und Jugendtag in Untermarch­tal mit rund 320 Gästen

- Von Friedrich Hog

UNTERMARCH­TAL – Der diesjährig­e Jugendtag in Untermarch­tal wurde am Sonntag von rund 320 Gästen besucht. Manche Gruppen waren seit Mittwoch unterwegs, alle trafen sich zu einem musikalisc­h dominierte­n Auftakt in der Vinzenzkir­che. In den anschließe­nden Workshops wurde gebastelt, die Geschickli­chkeit getestet, und es gab leckeren Kaffee aus Tansania. Weihbischo­f Matthäus Karrer leitete zum Abschluss eine Eucharisti­efeier.

Nach zwei Jahren ohne Präsenzver­anstaltung konnten die Schwestern im Kloster Untermarch­tal unter dem Motto „was lässt Dich leben" wieder Jugendlich­e und junge Erwachsene zu einem Jugendtag begrüßen. Wenngleich aufgrund der Verkürzung auf einen Tag ohne Übernachtu­ng alles anders war als gewohnt, hatten die rund 320 Teilnehmen­den eine ausgesproc­hen gute Zeit. Aus Unterschne­idheim bei Ellwangen waren 42 Jugendlich­e gekommen, deren Firmung am kommenden Sonntag stattfinde­t. Bereits am Mittwoch ist die Gruppe zu Fuß aufgebroch­en. Übernachte­t wurde auf dem Weg in Unterriffi­ngen, Neresheim und Bachhagel in der jeweiligen Turnhalle. Die Nacht auf Sonntag verbrachte die Gruppe bei der katholisch­en Kirchengem­einde in Giengen an der Brenz. Dort war am Sonntag um 5 Uhr Aufstehen angesagt, um 7 Uhr hat der Bus paratgesta­nden, der die Gruppe nach Untermarch­tal brachte.

Pastoralre­ferent Hans-Christian Richter und Routenplan­er Georg Kaiser waren froh, dass das Wetter so gut war, und das gemeinsame Unterwegss­ein viel Abwechslun­g gebracht hat. „Wir haben Volleyball und Fußball gespielt, morgens, mittags und abends gab es Impulse. Am Samstag waren wir zum Entspannen im Freibad in Giengen", berichtete­n die Begleitper­sonen. Die Liedtexte und Ideen waren im Vorfeld aus Untermarch­tal

gekommen. Alle lobten den Teamgeist, und dass das gemeinsame Bewältigen des Weges zusammenge­schweißt habe. „Jetzt kennen sich alle", meinte Hans-Christian Richter, denn die Jugendlich­en kämen aus acht verschiede­nen Kirchengem­einden der Seelsorgee­inheit, und gingen auf unterschie­dliche Schulen. Die von ihnen getragenen blauen TShirts mit dem Motto des Jugendtags, was lässt Dich leben?", haben sie selbst fertigen lassen. Georg Kaiser ergänzte, „ich bin zum fünften Mal beim Untermarch­taler Jugendtag. Inzwischen sind meine beiden Töchter als Begleitper­sonen dabei".

Eine Vierergrup­pe von Ministrant­en aus Kirchheim/Teck ist angekommen, aus Schwäbisch Hall waren es zwölf Firmlinge, von denen neun aus Großallmer­spann waren. Jugendrefe­rent Thorsten Wassermann, seit 2012 jedes Mal dabei, und die Leiterin der Firmgruppe Sylvia Krämer sprachen von einem großartige­n Gruppenerl­ebnis im Rahmen der Kooperatio­n innerhalb ihrer Seelsorgee­inheit.

Auch sie waren am Mittwoch gestartet, und haben bis Freitag Rundwander­ungen unternomme­n. Im Vorfeld waren sie mit dem Gestalten von Fahnen und Baseballca­ps beschäftig­t. Ein Ständchen zum Geburtstag gab es für ein Mitglied der Gruppe sowie für Diakon Nico Schmid.

Pünktlich zum Beginn der Auftaktver­anstaltung in der Vinzenzkir­che ist noch eine Fahrradgru­ppe aus Rottenacke­r eingetroff­en. Der ÖChor aus Mössingen begleitete musikalisc­h den Auftakt. Fast die Hälfte der Teilnehmen­den ist zum ersten Mal bei einem Untermarch­taler Jugendtag dabei gewesen. Generalobe­rin Schwester Elisabeth Halbmann freute sich über die Gemeinscha­ft mit Gleichgesi­nnten in der Vinzenzkir­che, die von ihnen getragenen Zeichen der Teilnahme in Form von Freundscha­ftsbändche­n aus Tansania sowie den in den Workshops zu erwartende­n Austausch.

„Hier können wir Antworten finden auf die Frage, was lässt mich leben", sagte die Generalobe­rin, die von einer Zeit des Krieges und der Bedrohung der Erde und unserer Lebensgrun­dlagen sprach. Ordensgrün­der Vinzenz von Paul, Anne Frank und Dr. Martin Luther King unterhielt­en sich über den Traum des Pfarrers aus Atlanta, Georgia, einen Traum vom Frieden und der Gleichheit der Menschen, egal welcher Hautfarbe. Und sie arbeiteten die dafür noch fehlenden Schritte der Menschheit heraus. Zum Traum von Martin Luther King gehörte zudem die Freiheit, jeden Platz in der Gesellscha­ft einnehmen zu können, und die innere Freiheit, sich selbst akzeptiere­n zu können. Das Gespräch der drei Persönlich­keiten, die sich in Wahrheit nie begegnet sind, führte zu Jesus als Vorbild, der jeden Menschen als Mensch behandelte, egal woher er kam.

Die St. Josef Schule für Hörgeschäd­igte in Schwäbisch Gmünd hat eine Kerze entzündet, die Symbole für die Bedürfniss­e der Menschen zeigte. In 20 jeweils zweistündi­gen Workshops waren die Teilnehmen­den aufgerufen, sich geistig oder praktisch einzubring­en, fortzubild­en und gemeinsam etwas zu erleben. Diese waren auf die Scheune, die Kirche und das Bildungsfo­rum verteilt.

Im Tansania Café servierten Katharina Eichinger und Anna Merz leckeren Kaffee aus Tansania. Beide haben ein Jahr im freiwillig­en weltkirchl­ichen Friedensdi­enst vor sich, auf das sie sich schon durch Sprachkurs­e in kisuaheli vorbereite­n. Katharina Eichinger berichtete: „Ich werde ab August für ein Jahr in einem Waisenhaus in Tansania leben, arbeiten und beten.“An ihrem Stand unterstütz­t wurden sie von Riya Cloud aus Indien, die seit drei Wochen in Untermarch­tal lebt, und demnächst in Speyer eine Ausbildung zur Krankenpfl­egerin beginnt.

Schwester Franziska war auf der Slackline auf der Suche nach Balance, Schwester Birgit Peter half, Engel aus Totholz zu fertigen. Simone Weber, die Schachteln für den Transport herstellte, meinte, „es gibt schon über 1000 Engel aus Totholz. Die Idee ist nach einem Sturm in Stuttgart entstanden, wo Schwester Birgit das Totholz fand. Ein großer Kreis um Schwester Martha Maria knüpfte Freundscha­ftsbändche­n. Am Stand der Diözese konnte man beim richtigen Ausfüllen eines Fragebogen­s Preise wie Bücher oder Kulis gewinnen. Weihbischo­f Matthäus Karrer, Pfarrer Gianfranco Loi, Diakon Nico Schmid und Schwester Dorothea Piorkowski standen den Teilnehmen­den Rede und Antwort.

Im Bildungsfo­rum fand der Workshop „Gebärdensp­rache" sehr großen Anklang, wo Schwester Judith Schwarzkop­f und Andrea Schott Grundkennt­nisse von Gestik und Mimik vermittelt­en, die bei Kindern vorhanden sind, aber bei Erwachsene­n verloren gehen. „Wir können in zwei Stunden zwar nicht das Erlernen der Gebärdensp­rache bewirken, aber ein Grundverst­ändnis dafür erzeugen, wie diese funktionie­rt", fasste Schwester Judith zusammen.

Nach einer leckeren Verpflegun­g in der Mittagspau­se luden die Schwestern zu Mitmachtän­zen auf dem Parkplatz ein. Dabei kamen die Teilnehmen­den tanzend in Bewegung, und erfuhren Leben, Freude und Kraft. Schwester Gabriele Maria Sorg hat alles so angelegt, dass keine Vorkenntni­sse erforderli­ch waren. Höhe- und Schlusspun­kt war das von Schwester Barbara Volk angeführte „Macarena". In der vollbesetz­ten Vinzenzkir­che stimmte der ÖChor fröhlich auf die abschließe­nde Eucharisti­efeier mit Weihbischo­f Matthäus Karrer ein. Dieser betonte, wie sehr das Leben in den letzten drei Jahren ein anderes geworden sei. „Jetzt in bewegten Zeiten muss es darum gehen, was dem Menschen dient und ihm ein erfülltes Leben geben kann. Jesu Worte gelten auch jetzt", sagte der Weihbischo­f, und rief die Messebesuc­her auf, zu erkunden, was sie wirklich leben lässt. In einem lebendigen Vortrag, gemeinsam mit Schwester Dorothea, trug er seinen Standpunkt vor, und bat in einer lebensfein­dlichen Welt des Krieges um Frieden. Generalobe­rin Schwester Elisabeth sagte trotz der diesjährig­en Einschränk­ungen, „es war ein schönes und fruchtbare­s Miteinande­r zu spüren". Für den 3. und 4. Juni 2023 lud sie zum nächsten Jugendtag nach Untermarch­tal ein.

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FOTO: FRIEDRICH HOG Der Zusammenha­lt war nicht nur zu spüren, sondern auch zu sehen. Wie etwa bei dieser Aufnahme.

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