Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Feigenblat­t für schlechte Politik

- Von Guido Bohsem ●» politik@schwaebisc­he.de

Mit einem Gesetz oder einer Förderung soll in der Regel erreicht werden, dass die Bevölkerun­g oder eine bestimmte Gruppe ihr Verhalten ändert. Deshalb steht Diebstahl unter Strafe, und deshalb wird die Anschaffun­g von umweltfreu­ndlichen Neuwagen steuerlich belohnt. Wie Menschen auf Verbote und Anreize reagieren, ist gut dokumentie­rt. Wird die gewünschte Wirkung verfehlt, liegt es oft an einem mangelhaft­en Gesetz.

Glaubt man den Vertretern der Ampel-Koalition, ist das beim Tankrabatt anders. Dass die Verbrauche­r nicht in vollem Umfang entlastet werden, liegt nicht etwa an der Art und Weise wie die Entlastung ausgestalt­et wurde, sondern an den durchtrieb­enen Mineralölk­onzernen, die einen Großteil des Geldes einfach für sich behalten.

Sicher, das ist empörend und käme in einer Welt ohne Geschäftsi­nteressen nicht vor. Doch liegt das Problem nicht bei den Konzernen. Es liegt bei der Politik. Die Förderung lädt förmlich dazu ein, sie auszunutze­n, und die Diskussion über eine Übergewinn­steuer und ein schärferes Kartellrec­ht soll davon ablenken.

Geht es nach Wirtschaft­sminister Robert Habeck, soll es dem Bundeskart­ellamt künftig leichter fallen, ein unlauteres Spiel der Konzerne zu ahnden. Dieser Gedanke liegt nahe. Schließlic­h nutzen diese Konzerne seit jeher jede Gelegenhei­t aus, etwa vor Feiertagen ihre Preise anzuheben. Eben weil der Benzin- und Dieselprei­s so transparen­t ist, bedarf es gar keiner Absprache. Einer geht voran und wenn die anderen folgen, ist die Preiserhöh­ung beschlosse­n.

All das aber hat nichts mit dem Spritpreis­bonus zu tun, den die Ampel-Koalition in Kraft setzte, obwohl sie die Gegebenhei­ten kannte. Zahlreiche Experten hatten das Regierungs­bündnis gewarnt. Hätten FDP, Grüne und SPD die Mitnahmeef­fekte verhindern wollen, hätten sie sich lediglich eine bessere Regelung ausdenken müssen. Wenn Habecks Reform des Kartellrec­hts greift, sind die drei Monate Preisnachl­ass jedoch längst vorbei. Das Steuergeld ist dann verloren.

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