Macht die Polizei Druck auf mögliche Verdächtige?
Die Ermittlungen in dem Fall einer Vergewaltigung im Jahr 2020 in Blaubeuren dauern weiter an
BLAUBEUREN - Nach mehreren Einbrüchen und einer Vergewaltigung im Jahr 2020 in Blaubeuren hatte die Polizei Spuren gesichert und deswegen zwei DNA-Reihenuntersuchungen in der Stadthalle organisiert. Diese sollten zur Aufklärung der Straftaten beitragen. Die Teilnahme an den Tests war freiwillig, aber die Polizei soll nun Medienberichten zufolge bei einigen Männern, die nicht zu den Tests erschienen waren, mit Hausbesuchen Druck gemacht haben.
So kam es zu den DNA-Reihentests: Ein Unbekannter versuchte am
1. Oktober 2020, in ein Wohnhaus in Gerhausen einzubrechen. Mitte November versuchte es der Unbekannte wieder und scheiterte erneut. Anfang Dezember brach ein bisher Unbekannter in ein Mehrfamilienhaus ein und verging sich dort an einer schlafenden Person. Bei diesem Einbruch und dem in Gerhausen wurden jedoch DNA-Spuren gefunden, die miteinander übereinstimmten und Polizei sowie Staatsanwaltschaft gehen davon aus, dass es sich um dieselbe Person handelt.
Die im vergangenen Jahr angesetzten DNA-Reihentestungen sollten bei der Aufklärung der Straftaten helfen. Dazu geladen waren Männer im Alter zwischen 41 bis 51 Jahren aus Blaubeuren sowie den Teilorten Gerhausen und Weiler, die zwischen dem
1. Oktober und dem 31. Dezember 2020 in Blaubeuren gemeldet waren. Insgesamt 690 Einladungen zu den Tests wurden verschickt. Schon damals wurde betont, dass niemand der Teilnehmenden verdächtigt werde, aber der Kreis möglicher Tatverdächtiger
weiter eingegrenzt werden könne. Wie Oberstaatsanwalt Michael Bischofberger bereits beim ersten
Termin zur Reihentestung im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“erklärte, solle so auf den Täter
Druck ausgeübt werden, der dadurch möglicherweise Fehler begehen und so ermittelt werden könnte. Dieser
Druck wurde jetzt auch laut einem Medienbericht einigen Männern zuteil, die auch nach mehrfacher schriftlicher Einladung noch keine Probe abgegeben hatten. Dem Bericht zufolge sollen in der vergangenen Woche bewaffnete Polizisten an den Haustüren dieser Männer geklingelt haben und diese persönlich dazu aufgefordert haben, ihre DNA-Probe abzugeben.
Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“verwies Polizeipressesprecher Wolfgang Jürgens auf die Staatsanwaltschaft Ulm, die diesbezüglich Auskünfte geben dürfe. Staatsanwältin und Pressereferentin Nadine Schmelzer erklärt: „Die richterliche Anordnung für die Reihentestungen gibt es schon seit dem vergangenen Jahr und die DNA-Tests sind freiwillig. Ob die Einsätze der Polizei wirklich so stattfanden wie geschildert, kann ich nicht beurteilen. Aber es kann sein, dass die Polizeibeamten die Einladungen, warum auch immer, persönlich vorbeigebracht haben. Das heißt noch lange nicht, dass jemand dieser Straftaten beschuldigt oder verdächtigt wird.“Wie in vielen Bereichen in unserem Rechtssystem ließe sich auch dagegen eine Beschwerde einreichen und der DNATest somit verweigern. Abgesehen von einer Beschwerde hätte jeder der Betroffenen die Möglichkeit gehabt, gegenüber der Polizei zu begründen, warum er nicht als Täter infrage komme oder zu belegen, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht in Blaubeuren war, sondern beispielsweise auf Mallorca.