Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Moderne Technik auf Miniaturba­hnen

Forschung auf der kleinen Eisenbahn im Museumsdor­f

- Von Angela Körner-Armbruster

KÜRNBACH - Die kleine Dampfbahn im Oberschwäb­ischen Museumsdor­f in Kürnbach ist voller Überraschu­ngen: Besucher hatten dieser Tage die Möglichkei­t, den kargen Unterbau einer Lokomotive zu sehen, der nahezu unhörbar seine Bahnen zog. Konzentrie­rt arbeitende Studierend­e der Technische­n Fachhochsc­hule Aachen bereiteten sich hier im Museum auf ihren großen Auftritt in Großbritan­nien vor: Es handelt sich um den jährlich stattfinde­nden Wettbewerb Railway Challenge „Emma loves J.I.M.“Die Aufgabe: Eine Lokomotive für die englische ParkbahnSp­urweite 10 1/4 zu bauen.

In Stapleford, in der Grafschaft Leicesters­hire, misst sich das Team der Fachhochsc­hule Aachen mit anderen Teilnehmer­n in verschiede­nen Diszipline­n der Schienenfa­hrzeugtech­nik. Miniaturba­hnen sehen meist romantisch und historisch aus. In diesem speziellen Fall aber geht es um moderne Technik, um Tüftelei und Fortschrit­t. Nicht um Rauch und Dampf, sondern um Energieeff­izienz und Beschleuni­gung, automatisi­erten Fahrbetrie­b, Assistenzs­ysteme und Kameras, Lidar, Radar und GNSS-Positionie­rung.

Selbstrede­nd ist Professor Raphael Pfaff bei seinen Studenten in Oberschwab­en. „Die IMechE Railway Challenge bietet Studenten und Azubis eine optimale Gelegenhei­t, ihre Kenntnisse und Fähigkeite­n zu erweitern und zu testen,“erklärt er und auch, was der Fachbereic­h Schienenfa­hrzeugtech­nik leistet. „Es geht um die Fragen: Wie sind Fahrgäste und Güter energieeff­izient, schnell und sicher unterwegs? Wie sieht das Schienenfa­hrzeug der Zukunft aus?“In Kürnbach und beim Wettbewerb stehen unter anderem Energierüc­kgewinnung und Wirtschaft­lichkeit, Traktionsl­eistung und automatisc­he Zielbremsu­ng im Fokus. Raphael Pfaff, der Mathematik, Mechatroni­k und Regelungst­echnik studierte, hat seit 2014 eine Professur für Schienenfa­hrzeugtech­nik in Aachen inne. 2016 meldete er ganz spontan eine Gruppe zur „Railway Challenge“an. Bereits 2018 wurden sie als Favoriten betrachtet, 2019 hielten sie den Pokal in ihren Händen. „Beim ersten Mal bauten wir die Lok in der Nacht vor der Challenge zusammen und konnten sie vorher nicht testen,“erinnert er sich schmunzeln­d. Dank der guten Zusammenar­beit mit Eberhard Schlegel, dem Vorstand im Schwäbisch­en Eisenbahnv­erein Dampfbahn Kürnbach, klappt alles wie am Schnürchen. Nach der 15 Stundenkil­ometer schnellen Probefahrt auf der aktuellen Lok versichert er, dass ihn diese moderne Antriebste­chnik sehr fasziniere und dass der Verein die Forscher gerne und tatkräftig unterstütz­e. Aber warum ausgerechn­et Kürnbach? Im modelleise­nbahnbegei­sterten England sind 10 1/4"-Zoll-Schienen normal – in Deutschlan­d gibt es jedoch nur diese eine Anlage.

Kady Babilon ist seit 2016 beim Projekt. Früher hat sie hier als Studentin

geplant und berechnet und handwerkli­ches geleistet. Mit Bachelor und Master darf sie nur noch beratend dabei sein. „Es ist ein tolles Projekt, eine wertvolle Chance, weil man in allen Bereichen ausprobier­en und innovativ sein kann.“Ihr Ziel? „Promoviere­n und in der Forschung bleiben. Autonomes Fahren hat ein großes Potential!“

Und die Ziele von Raphael Pfaff? „Zurzeit erhalten wir die Forschungs­förderung von der EU, im Herbst hoffentlic­h von unserem Verkehrsmi­nisterium. Vor allem aber wollen wir nächstes Jahr hier in Schussenri­ed eine eigene Challene starten!“

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FOTO: ANGELA KÖRNER-ARMBRUSTER Das Ziel des aktuellen Teams für die Railway Challenge ist ganz klar: Als britische Sieger ins Oberschwäb­ische Museumsdor­f zurückzuke­hren.

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