Moderne Technik auf Miniaturbahnen
Forschung auf der kleinen Eisenbahn im Museumsdorf
KÜRNBACH - Die kleine Dampfbahn im Oberschwäbischen Museumsdorf in Kürnbach ist voller Überraschungen: Besucher hatten dieser Tage die Möglichkeit, den kargen Unterbau einer Lokomotive zu sehen, der nahezu unhörbar seine Bahnen zog. Konzentriert arbeitende Studierende der Technischen Fachhochschule Aachen bereiteten sich hier im Museum auf ihren großen Auftritt in Großbritannien vor: Es handelt sich um den jährlich stattfindenden Wettbewerb Railway Challenge „Emma loves J.I.M.“Die Aufgabe: Eine Lokomotive für die englische ParkbahnSpurweite 10 1/4 zu bauen.
In Stapleford, in der Grafschaft Leicestershire, misst sich das Team der Fachhochschule Aachen mit anderen Teilnehmern in verschiedenen Disziplinen der Schienenfahrzeugtechnik. Miniaturbahnen sehen meist romantisch und historisch aus. In diesem speziellen Fall aber geht es um moderne Technik, um Tüftelei und Fortschritt. Nicht um Rauch und Dampf, sondern um Energieeffizienz und Beschleunigung, automatisierten Fahrbetrieb, Assistenzsysteme und Kameras, Lidar, Radar und GNSS-Positionierung.
Selbstredend ist Professor Raphael Pfaff bei seinen Studenten in Oberschwaben. „Die IMechE Railway Challenge bietet Studenten und Azubis eine optimale Gelegenheit, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern und zu testen,“erklärt er und auch, was der Fachbereich Schienenfahrzeugtechnik leistet. „Es geht um die Fragen: Wie sind Fahrgäste und Güter energieeffizient, schnell und sicher unterwegs? Wie sieht das Schienenfahrzeug der Zukunft aus?“In Kürnbach und beim Wettbewerb stehen unter anderem Energierückgewinnung und Wirtschaftlichkeit, Traktionsleistung und automatische Zielbremsung im Fokus. Raphael Pfaff, der Mathematik, Mechatronik und Regelungstechnik studierte, hat seit 2014 eine Professur für Schienenfahrzeugtechnik in Aachen inne. 2016 meldete er ganz spontan eine Gruppe zur „Railway Challenge“an. Bereits 2018 wurden sie als Favoriten betrachtet, 2019 hielten sie den Pokal in ihren Händen. „Beim ersten Mal bauten wir die Lok in der Nacht vor der Challenge zusammen und konnten sie vorher nicht testen,“erinnert er sich schmunzelnd. Dank der guten Zusammenarbeit mit Eberhard Schlegel, dem Vorstand im Schwäbischen Eisenbahnverein Dampfbahn Kürnbach, klappt alles wie am Schnürchen. Nach der 15 Stundenkilometer schnellen Probefahrt auf der aktuellen Lok versichert er, dass ihn diese moderne Antriebstechnik sehr fasziniere und dass der Verein die Forscher gerne und tatkräftig unterstütze. Aber warum ausgerechnet Kürnbach? Im modelleisenbahnbegeisterten England sind 10 1/4"-Zoll-Schienen normal – in Deutschland gibt es jedoch nur diese eine Anlage.
Kady Babilon ist seit 2016 beim Projekt. Früher hat sie hier als Studentin
geplant und berechnet und handwerkliches geleistet. Mit Bachelor und Master darf sie nur noch beratend dabei sein. „Es ist ein tolles Projekt, eine wertvolle Chance, weil man in allen Bereichen ausprobieren und innovativ sein kann.“Ihr Ziel? „Promovieren und in der Forschung bleiben. Autonomes Fahren hat ein großes Potential!“
Und die Ziele von Raphael Pfaff? „Zurzeit erhalten wir die Forschungsförderung von der EU, im Herbst hoffentlich von unserem Verkehrsministerium. Vor allem aber wollen wir nächstes Jahr hier in Schussenried eine eigene Challene starten!“