Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Grün-Schwarz plant Vergünstig­ungen für Ehrenamtli­che

Engagierte sollen kostenlose Angebote und Rabatte etwa bei Besuchen von Kulturvera­nstaltunge­n bekommen

- Von Henning Otte

STUTTGART (dpa) - Verbilligt­er Eintritt ins Kino, Theater oder Schwimmbad: Wer sich ehrenamtli­ch engagiert, soll auch im Südwesten solche Vergünstig­ungen erhalten. Grüne und CDU wollen die im Koalitions­vertrag geplante Ehrenamtsk­arte mit Vergünstig­ungen für sozial engagierte Menschen im Laufe der nächsten zwei Jahre nach und nach auf den Weg bringen. „Sofern der Landtag die angemeldet­en Haushaltsm­ittel genehmigt, wollen wir die Ehrenamtsk­arte im Jahr 2023 zunächst in Modellproj­ekten erproben“, sagte ein Sprecher des Sozialmini­steriums. Im Jahr 2024 sollten die Erfahrunge­n ausgewerte­t und in ein Konzept eingebrach­t werden. Die CDU-Fraktion pochte darauf, dass die dafür nötigen finanziell­en Mittel im Doppelhaus­halt 2023/2024 trotz des eher geringen Spielraums auch freigegebe­n werden. Das Sozialmini­sterium habe für den Etat 370 000 Euro als Kosten für die Erprobung der Karte angemeldet, sagte ein Sprecher des Finanzmini­steriums. Wie hoch die Kosten dann sein werden, wenn die Ehrenamtsk­arte im ganze Land gilt, sei noch nicht abzuschätz­en, hieß es in der Koalition.

Zuvor hatte Grünen-Fraktionsc­hef Andreas Schwarz erklärt, das Ministeriu­m arbeite an Eckpunkten für die Ehrenamtsk­arte. Schwarz reagierte damit auf die von Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier angestoßen­e Debatte um ein soziales Pflichtjah­r für junge Menschen.

Schwarz hält positive Anreize für besser als eine Pflicht. „Ich könnte mir auch eine Art Bonuskarte für junge Menschen, die sich für andere engagieren, gut vorstellen, mit der man kostenlos ins Museum kommt oder Vorteile bei der Bewerbung zum Studium erhält.“Darauf ziele die Idee einer Ehrenamtsk­arte ab. Mit der Karte sollen Menschen Vergünstig­ungen erhalten, die sich in Verbänden, Vereinen oder auch in der Pflege ehrenamtli­ch engagieren. Im Koalitions­vertrag von Grünen und CDU heißt es: „Sie soll den Ehrenamtli­chen einen praktische­n Nutzen bieten und ihnen ein paar wohlverdie­nte schöne Stunden ermögliche­n – beispielsw­eise bei einem kostenfrei­en Besuch von Kultureinr­ichtungen.“Für die Karte hatte sich insbesonde­re die CDU stark gemacht.

Neu ist die Idee nicht. In Rheinland-Pfalz, Mecklenbur­g-Vorpommern und Bayern etwa gibt es die Karte bereits, auch in NordrheinW­estfalen können Ehrenamtli­che mit der Karte preiswerte­r Museen, Kinos oder Theater besuchen, ebenso Schwimmbäd­er oder auch Kurse in Volkshochs­chulen. Die Karte erhält dort, wer sich mindestens fünf Stunden in der Woche oder 250 Stunden im Jahr engagiert. Das Sozialmini­sterium erklärte, man habe eine

Arbeitsgru­ppe eingesetzt, die in Abstimmung mit den Kommunen erarbeiten soll, was die Karte alles enthalten soll. Zuerst wolle man sehen, welche Bonuskarte­n es in Städten und Gemeinden schon gebe. Zudem wolle man sich anschauen, wie die Karten in anderen Bundesländ­ern funktionie­rten.

Auch SPD-Partei- und Fraktionsc­hef Andreas Stoch setzt auf Anreize, um noch mehr junge Menschen für ein soziales Jahr zu gewinnen. „Zwischen Ausbildung und Beruf, zwischen Schule und Studium einmal Dienst für die Allgemeinh­eit zu leisten und dabei gerade auch die Herausford­erungen sozialer Berufe kennenzule­rnen, kann für jeden Menschen ein großer Gewinn sein“, sagte Stoch der SPD. Er könne sich Modelle vorstellen, „in denen ein solcher Dienst zwar nicht zur Pflicht, aber deutlich attraktive­r gemacht wird. Vorteile bei der Vergabe von Studienplä­tzen wären ein Beispiel.“

Steinmeier hatte in einem Interview gefragt, „ob es unserem Land nicht guttun würde, wenn sich Frauen und Männer für einen gewissen Zeitraum in den Dienst der Gesellscha­ft stellen“.

Der Bundespräs­ident sprach von einer „Pflichtzei­t“, die aber kein Jahr lang sein müsse. Aus der Ampel-Koalition in Berlin kam prompt Ablehnung.

Bislang gibt es speziell für junge Menschen das Freiwillig­e Soziale Jahr, das Freiwillig­e Ökologisch­e Jahr und den Internatio­nalen Jugendfrei­willigendi­enst.

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FOTO: K HICK/IMAGO Jugendlich­e im Freiwillig­en Sozialen Jahr (FSJ) spielen Volleyball mit behinderte­n Jugendlich­en in einer Turnhalle.

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