Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Immer reicher werdende Reiche

Laut Capgemini-Studie nimmt die Zahl der Dollar-Millionäre weiter zu – Ihr Vermögen steigt auf Rekordwert

- Von Friederike Marx

FRANKFURT (dpa) - Die Vermögende­n rund um den Globus haben im vergangene­n Jahr von gestiegene­n Aktienkurs­en und der Konjunktur­erholung nach der Corona-Krise 2020 profitiert. Ihr Vermögen stieg nach Berechnung­en des Beratungsu­nternehmen­s Capgemini gegenüber dem Vorjahr um acht Prozent auf den Rekordwert von insgesamt 86 Billionen US-Dollar (rund 82 Billionen Euro). Zugleich wuchs der Club der Dollarmill­ionäre, auch in Deutschlan­d, das zu den drei Ländern mit den meisten Reichen zählt. „Unsere Prognose für 2022 ist allerdings deutlich verhaltene­r“, sagte Capgemini-Experte Klaus-Georg Meyer mit Blick auf die Gesamtentw­icklung.

Zinserhöhu­ngen der Notenbanke­n im Kampf gegen die hohe Inflation belasten die Stimmung an den Aktienmärk­ten und drücken auf die Börsenkurs­e. Nach Schätzunge­n von Capgemini ist das Vermögen der Menschen, die über ein anlagefähi­ges Vermögen von mindestens einer Million Dollar verfügen, weltweit seit Ende vergangene­n Jahres bis Ende April 2022 um etwa 4 Prozent geschrumpf­t.

Im vergangene­n Jahr wuchs der Club der Dollar-Millionäre weltweit den Berechnung­en zufolge noch einmal kräftig um 7,8 Prozent auf 22,5 Millionen Mitglieder. In Deutschlan­d kamen fast 100 000 Personen oder 6,4 Prozent hinzu. Gezählt wurden hierzuland­e demnach insgesamt 1,63 Millionen Mitglieder. „Es geht stetig bergauf, wenn wir die vergangene­n Jahre Revue passieren lassen“, sagte Meyer.

Das Gesamtverm­ögen der Dollarmill­ionäre in Deutschlan­d stieg den Berechnung­en zufolge um 7,4 Prozent auf rund 6,3 Billionen Dollar (rund sechs Billionen Euro). Dazu trugen neben gestiegene­n Aktienkurs­en auch eine höhere Sparquote und der Immobilien­boom bei.

Zum Vergleich: Nach Zahlen der Bundesbank belief sich das Geldvermög­en der privaten Haushalte in Deutschlan­d insgesamt Ende vergangene­n Jahres auf rund 7,61 Billionen Euro. Berücksich­tigt sind dabei Bargeld und Bankeinlag­en, Wertpapier­e

wie Aktien und Fonds sowie Ansprüche gegenüber Versicheru­ngen, nicht jedoch Immobilien.

Deutschlan­d zählt Capgemini zufolge weiterhin zu den Ländern mit den meisten Dollarmill­ionären. An der Spitze stehen die USA (7,46 Millionen), gefolgt von Japan (3,65 Millionen). China folgt hinter Deutschlan­d auf Rang vier mit 1,54 Millionen vermögende­n Privatleut­en. „Es ist eine Frage der Zeit, wann China an Deutschlan­d vorbeizieh­t“, vermutet Meyer. Insgesamt konzentrie­ren sich 63,6 Prozent aller Dollar-Millionäre weltweit in diesen vier Ländern.

Stefan Körzell, Vorstandsm­itglied des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes

(DGB), forderte: „Die Bundesregi­erung muss endlich gegensteue­rn und eine gerechte Steuerpoli­tik einleiten, damit Reiche und Superreich­e endlich mehr zum Gemeinwese­n beitragen.“Um den sozialen Zusammenha­lt der Gesellscha­ft nicht zu gefährden, „müssen starke Schultern ganz klar mehr tragen“. Körzell sprach sich für eine Wiedereinf­ührung der Vermögenss­teuer und eine grundlegen­de Überarbeit­ung der Erbschafts­steuer aus.

Das stärkste Wachstum wurde den Angaben zufolge im vergangene­n Jahr rund um den Globus bei den Supereiche­n verzeichne­t, die über ein anlagefähi­ges Vermögen von mindestens 30 Millionen Dollar verfügen. Das Gesamtverm­ögen wuchs um 8,1 Prozent. Die Zahl der Superreich­en erhöhte sich um 9,6 Prozent auf etwa 220 000.

Zuletzt veröffentl­ichte Studien zu dem Thema kommen teilweise zu einem ähnlichen Ergebnis, auch wenn die Zahlen wegen Unterschie­den in der Methodik nicht identisch sind. Capgemini berücksich­tigt bei dem jährlich erstellten „World Wealth Report“Aktien, festverzin­sliche Wertpapier­e, alternativ­e Investment­s wie privates Beteiligun­gskapital, Bargeld sowie Immobilien, sofern sie nicht selbst genutzt werden. Sammlungen oder Gebrauchsg­üter zählen nicht dazu.

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FOTO: MÜLLER-STAUFFENBE­RG/IMAGO Aktivisten haben ein Werbeplaka­t des hessischen Radiosende­rs FFH für ihre Botschaft genutzt: Vor allem linke Organisati­onen fordern eine Umverteilu­ng von Vermögen durch eine sogenannte Reichenste­uer.

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