Stadt Ulm bringt Hacker gegen sich auf
Macher des „Verschwörhauses“zürnen, sie müssen am Weinhof ausziehen – Es geht um Namensrechte
ULM - Sie sind bekannt als Computer-Hacker, die auf der „guten Seite“stehen. Jetzt sind die rund 40 Macher des Ulmer „Verschwörhauses“ziemlich sauer auf die Stadt, die bislang Partner war der Digital-Aktivisten. Die ehrenamtlichen Programmierer beklagen: Die Stadt würde sie aus den Räumlichkeiten am Weinhof werfen. Das Tischtuch ist zerschnitten.
Dabei galt die Kooperation zwischen Ulm und dem „Verschwörhaus“– eine Anspielung auf das benachbarte Schwörhaus – lange als Musterbeispiel einer Partnerschaft zwischen Stadt und sogenannter Zivilgesellschaft. Ulm stellte unter anderem die Räumlichkeiten zur Verfügung (angemietet von der Sparkasse), wo die Ehrenamtlichen an neuen digitalen Lösungen für Leben und Arbeiten in der Stadt tüftelten.
Eröffnet im Jahr 2016, war das Verschwörhaus, das sich als Verein organisiert, seither an vielen digitalen Projekten in Ulm beteiligt. Die Stadtverwaltung selbst bezeichnete das Verschwörhaus als „digitales Stadtlabor“und als Ideenschmiede, „die Raum bietet für Spielen, Lernen, Mitbestimmen, Ausprobieren, Austauschen und Vernetzen“.
Die Programmierer und Bastler hatten sich auf die Fahnen geschrieben, der Stadt und den Bürgern den praktischen Nutzen der Digitalisierung zu vermitteln, oft gelang dies auf pfiffige Art und Weise. So installierten sie zum Beispiel Sensoren an einem Radweg in Donaunähe, die Meldung erstatten, wenn der Fluss über die Ufer tritt.
Nun gehen Verschwörhaus-Team und Stadt getrennte Wege, der Aufschrei ist groß. Wie der Verein am Montag bekannt gab, werde er spätestens am 13. Juli vor die Türe gesetzt. Dann müsse man ausgezogen sein, „die Schlüssel abgeben“. Dass es keine gemeinsame Zukunft gibt in den Räumlichkeiten, bestätigte am Montag auch die Stadt. Die Trennung erfolgt nicht im Guten, das Verschwörhaus-Team erhebt heftige Anschuldigungen. Ebenfalls auf der Homepage heißt es: Die Stadt werfe die Ehrenamtlichen nicht nur aus dem Gebäude, sondern wolle ihnen auch noch den Namen – Verschwörhaus – „klauen“.
Richtig rund lief es zwischen Stadt und Hackern aber schon länger nicht mehr. Spätestens mit dem Abgang des langjährigen Leiters des Verschwörhauses (Stefan Kaufmann) Ende vergangenen Jahres traten Probleme mehr oder weniger offen zu Tage. Kern: Eine von der Verwaltung geplante „Neuausrichtung des Verschwörhauses“, das behauptet zumindest der Verein. Seitdem, so heißt es weiter, „haben wir viele anstrengende, nervenaufreibende und traurigerweise auch auslaugende Verhandlungen mit der Stadtverwaltung geführt“, jedoch, so wird beklagt, „nicht auf Augenhöhe“.
Und die Stadt? Gibt sich unschuldig. Zwar wird der Bruch bedauert; schuld daran sei aber der Verschwörhaus-Verein. Denn dieser habe sich bis zuletzt geweigert, ein Angebot der Stadt anzunehmen.
Was sich auf der Homepage des Verschwörhauses so liest, als habe die Stadt den Verein unrechtmäßig um seinen Namen gebracht – „hinter unserem Rücken“–, stellt sich aus Sicht der Verwaltung ganz anders dar, als eine Art notwendiger Verwaltungsakt.
Wie die Stadt mitteilt, habe sie sich Ende vergangenen Jahres dazu entschlossen, das „Verschwörhaus“beim Amt der EU für geistiges Eigentum anzumelden, als städtischen Ulmer Besitz sozusagen – um Logo und Marke „vor Missbrauch zu schützen“. Zwar hätte der Verein Name und Logo weiterhin kostenfrei nutzen können. Doch dieser lehnte ab und leitete seinerseits ein Widerspruchsverfahren gegen die Stadt ein, das aktuell noch läuft.
Warum der Verein nicht auf das Angebot einging? Die Ehrenamtlichen teilen mit, dass die Stadt den Verein quasi erpresst habe. Die Verwaltung habe „erzwingen“wollen, „dass wir den Namen und unsere öffentlichen Kanäle (Webseite, Mailadresse, etc.) abgeben und kaum inhaltliche Gestaltungsmöglichkeiten haben, was unter dem Label ,Verschwörhaus’ künftig passiert.“Dem könne man so „nicht zustimmen“.
Folge: Der Verein sucht aktuell nach neuen Räumlichkeiten und teilt mit, dass er dankbar sei für
„Tipps und Hinweise“. Und was passiert mit dem „Verschwörhaus“? Die Stadt will weitermachen und es wieder „mehr Gruppen, Interessierten und Engagierten“zur Verfügung stellen. Anfang Mai wurde ein Konzept im Gemeinderat beschlossen. Mit an Bord bleibt der aktuelle und neue Leiter des Verschwörhauses Niklas Schütte. Er ergreift Partei für die Stadt. Gerne hätte er zwischen dieser und dem Verein einen Vermittlungserfolg erzielt, lässt er mitteilen, doch der Verein habe sich stur gestellt. „Letztendlich muss ich feststellen, dass die Kompromissbereitschaft des Vereins in vielen Punkten doch schnell an Grenzen stieß.“