Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Zwischen Melancholi­e und Hoffnung

Ukrainisch­es Jazz-Quartett berührt mit sanften Klängen

- Von Jonas Klimm

ULM - Es sollte ein emotionale­r Abend werden. Über dem Ulmer Zelt wehten ukrainisch­e Flaggen, drinnen warteten die Kulturbefl­issenen auf den Auftritt des multikultu­rellen JazzQuarte­tts Leléka. Die neue künstleris­che Leiterin des Ulmer Zelts, Cordula Baier, kündigte gleich zu Beginn einen „Einblick in die ukrainisch­e Seele“an. Dieser Abend sollte aber nicht nur dem kurzweilig­en Eintauchen in slawisch-jazzige Klänge dienen.

Auch der karitative Aspekt kam nicht zu kurz. Pro verkaufter Karte gingen fünf Euro an den ukrainisch­en Open-Verein Ulm/Neu-Ulm. Ein Beitrag, wenn auch ein kleiner, sollte es sein für die Ukrainer, die in diesen Tagen so viel leiden müssen. Viel Geld kann jedoch nicht zusammen gekommen sein, das Ulmer Zelt war an diesem Abend nur spärlich besetzt. Gegen Ende des Konzerts rief Sängerin Viktoria Leléka die Zuschaueri­nnen und Zuschauer dazu auf, mehr zu spenden, denn jeder Euro zähle.

Seit mehr als sechs Jahren tourt das Berliner Jazz-Quartett über die deutschen Bühnen. Die Idee sei gewesen, Jazz und ukrainisch­e Volksmusik zu verbinden, erzählte Sängerin Viktoria Leléka. Sie ist die einzige Ukrainerin in der Band. Daneben gibt es einen Bassisten, einen Schlagzeug­er und eine Pianistin. Leléka betonte, dass es gerade in diesen Tagen, in denen die ukrainisch­e Kultur so gefährdet sei, unglaublic­h wichtig sei, diese außerhalb ihres Heimatland­es zu präsentier­en. „Ich kann seit dem 24. Februar aber kein Konzert mehr geben, ohne an meine Familie und Freunde in der Ukraine zu denken.“

Am Donnerstag­abend trat das Quartett im Ulmer Zelt mit einem breitgefäc­herten Repertoire auf. Von sanften, beinahe sphärische­n Klängen, in denen man sich in die endlosen Weiten der ukrainisch­en Landschaft­en hineinfühl­en konnte. Über heitere Stücke, welche die Liebe zweier junger Menschen beschworen. Bis hin zu traditione­llen Liedern voller Wehmut und Melancholi­e. Viktoria Leléka führte das Publikum zuvor immer kurz in das jeweilige Stück ein. So erzählte sie von einer Mutter, die ihren Sohn in den Krieg verabschie­den muss, doch der wisse längst, dass er im Gefecht sterben werde. „Keine Mutter sollte in so eine Situation kommen“, sagte die Sängerin dann mit einem Stocken in der Stimme. Das Lied sei zwar schon jahrhunder­tealt, aber erst seit 2014 ist es in der Ukraine berühmt. Das Jahr der Krim-Annexion.

Auch ein deutsches Volkslied schaffte es in den ukrainisch­en Kanon: „Die Gedanken sind frei“, jedoch übertragen ins Ukrainisch­e. Denn, so sagte die Sängerin, „dieses Lied sollte es in allen Sprachen geben“. Mit einem Schlaflied entließ sie schließlic­h die Besucherin­nen und Besucher nach knapp zwei Stunden ukrainisch­em Jazz. „Damit ihr alle gut schlafen könnt.“Eines wollte die Sängerin ihnen aber noch mitgeben, ein ukrainisch­es Sprichwort: „Wenn ihr auf einen bösen Menschen trefft, dann lächelt ihm in die Augen. Das macht ihm Angst.“

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