Neue Antragsflut für Ukrainer
Flüchtlingsbeauftragte Birgit Tegtmeyer berichtet von der aktuellen Situation von Geflüchteten
LAICHINGER ALB - Wer je Anträge auf Ausbildungsförderung, Arbeitslosengeld oder Ähnliches gestellt hat, weiß, wie anstrengend das in Deutschland ist. Noch schwieriger ist das natürlich für Menschen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. So geht es momentan sehr vielen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind und nun Schutz bei uns suchen. Birgit Tegtmeyer, die Flüchtlingsbeauftragte des Gemeindeverwaltungsverbandes (GVV) Laichinger Alb, hilft seit Februar beim Ausfüllen diverser Anträge. Mit dem Rechtskreiswechsel zum 1. Juni müssen die Anträge jedoch noch einmal neu beim Jobcenter beantragt werden.
Seit Februar sind in den Gemeinden des GVV rund 50 geflüchtete Menschen auf der Laichinger Alb angekommen. „Darauf und auf den Krieg in der Ukraine war niemand vorbereitet“, so Flüchtlingsbeauftragte Birgit Tegtmeyer. Viele seien zunächst privat in Hotels, bei Verwandten und Bekannten untergekommen. „Wir bekamen dann sehr schnell viele Angebote an Wohnungen und mittlerweile sind alle in Privatwohnungen untergebracht. Das ist auch wichtig, da es schnell für beide Seiten belastend werden kann“, so Tegtmeyer. Ein Problem daran sei jedoch, dass diese Menschen nicht das dreistufige Aufnahmeverfahren bei der Landesaufnahmebehörde durchlaufen haben und nicht bei der Verteilungsquote nach dem „Königssteiner Schlüssel“anerkannt werden. „Für uns wäre es allgemein wichtig zu wissen, welche Aufnahmequote wir erfüllen müssen, damit wir wissen, wie wir aufgestellt sind und wo es noch Bedarf gibt, beispielsweise an Wohnungen“, sagt die Flüchtlingsbeauftragte.
Positiv sei, dass es nun für die ukrainischen Bürger bald mit den Sprachkursen losgeht. Diese werden ich Laichingen von der Volkshochschule in Kooperation mit dem Profil Kolleg aus Ulm angeboten. „Die entsprechenden Anträge für die Kurse müssen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellt werden. Das haben wir jetzt glücklicherweise alles erledigt. Aber es fehlt trotzdem an Lehrern“, berichtet Birgit Tegtmeyer. Dennoch habe man in der relativ kurzen Zeit schnell reagiert, um entsprechende Angebote zu schaffen. Anträge müssen jedoch nicht nur für Sprachkurse gestellt werden, sondern auch für Sozialleistungen. Diese wurden bisher durch das Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Zum 1. Juni hat sich das nun geändert, was Flüchtlingsbeauftragte Tegtmeyer und ehrenamtliche Helfer, die beim Ausfüllen helfen, vor neue Herausforderungen stellt. Künftig erhalten Geflüchtete aus der Ukraine die staatliche Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II, für welche das Jobcenter zuständig ist. Es müssen also alle Anträge neu gestellt werden. „Das alles zum Stichtag 1. Juni umzustellen ist eine Katastrophe. Es dauert zu lange, bis die neuen Anträge ausgefüllt und alle notwendigen Unterlagen eingereicht. Wovon sollen denn die Leute leben? Es gibt schon jetzt, Mitte des Monats, einige, die kein Geld mehr auf dem Konto haben“, berichtet Tegtmeyer. Sie hätte sich eine Übergangsphase von ungefähr drei Monaten gewünscht. Dadurch hätten die Geflüchteten weiterhin ihre Grundsicherung bekommen und die neuen Anträge Stück für Stück nachreichen können.
Wie Constanze Abendroth, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, berichtet, müssten in den neuen Anträgen andere Fragen beantwortet oder andere Anforderungen erfüllt werden, da es sich um andere Leistungen handelt. Eine weitere Hürde sind die Anträge selbst, da diese nur auf Deutsch verfasst sind. Aufgrund der Rechtssicherheit werde es auch künftig keine fremdsprachige Anträge geben, aber dafür gibt es die Ausfüllhilfen in verschiedenen Sprachen, so Abendroth.
Von ihrem Gefühl her und durch die Gespräche mit den ukrainischen Geflüchteten sagt sie: „Viele richten sich auf eine längere Zeit bei uns ein.“Durch den schnellen Aufenthaltstitel, den die Geflüchteten bekommen, könnten sie schnell wieder arbeiten. „Sie sind gut gebildet und hoch qualifiziert. Nur die Sprache ist noch eine Hürde. Sie möchten aber wirklich gerne wieder arbeiten und wir versuchen, ihnen das zu ermöglichen“, so Tegtmeyer. Außerdem berichtet sie, dass sich die ukrainischen Familien bereits gut untereinander vernetzt hätten, sich austauschen und sehr aktiv seien.
Ebenso aktiv sind auch wieder die ehrenamtlichen Helfer und Helferkreise, wie Tegtmeyer berichtet. „Es gibt auch eine große Gruppe von neuen Helfern, die sich durch die vielen Aufgaben kämpfen. Das ist schon sehr herausfordernd. Die Helferkreise sind nun auch wieder aktiver und machen mit den ukrainischen Flüchtlingen Ausflüge“, so Tegtmeyer. Viel Unterstützung komme auch vom Tafelladen in Laichingen, den die Geflüchteten ebenfalls nutzen dürfen. „Es wird wieder viel auf das ehrenamtliche Engagement gesetzt. Vieles, was die Ehrenamtlichen leisten, sind jedoch staatliche Aufgaben und nicht Alltagshilfe, was die eigentliche Aufgabe der Helfer ist. Ich würde mir wünschen, dass hier mehr karitative und hauptamtliche Organisationen aktiv werden“, kritisiert die GVV-Flüchtlingsbeauftragte.