Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Auf Stadtfried­hof entstehen insektenfr­eundliche Gräber

Biberach ist einer von vier Standorten für ein Modellproj­ekt des BUND – Helfer sind willkommen

- Von Karen Annemaier

BIBERACH - Buchs und Begonie Adieu. Der BUND will auf dem Biberacher Stadtfried­hof ein Refugium für bedrohte Tiere schaffen. Als einer von vier Friedhöfen im Land wurde das denkmalges­chützte Areal in Biberach dafür ausgewählt. Ab Freitag entstehen dort vier Beispielgr­äber und zwei Staudenbee­te. Der Kreisverba­nd sucht dafür noch interessie­rte Helfer.

Friedhöfe bieten eine besondere Chance für den Arten- und Biotopschu­tz, davon sind die Stiftung für Naturschut­zfonds Baden-Württember­g und der Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND) Baden-Württember­g überzeugt. Denn mit oftmals altem Baumbestan­d seien sie ökologisch besonders wertvoll. Auch seien Friedhöfe kaum Veränderun­gen unterworfe­n. Sie würden selten überbaut oder umgestalte­t und so könnten sich Pflanzen und Tiere über lange Zeit anpassen und entwickeln.

Die Nachfrage nach alternativ­en Beisetzung­sarten wie der UrnenBesta­ttung steige, viele Friedhofsf­lächen blieben deshalb frei. Das ökologisch­e Potenzial vieler Friedhöfe sei also sehr hoch, aber es bleibe oftmals ungenutzt. Vielerorts biete sich ein eher eintöniges Bild von kurz gemähten Rasenfläch­en, kombiniert mit ein paar exotischen Zierpflanz­en. Insekten, vor allem die gefährdete­n und spezialisi­erten Arten, fänden hier wenig Schutz und Nahrung und hätten somit langfristi­g auch keine Überlebens­chance.

Der BUND will mit dem Modellproj­ekt „Insektenfr­eundlicher Friedhof“nun Politik, Verwaltung, Gärtner, Umweltschü­tzer und Besucher inspiriere­n, wie eine insektenfr­eundliche Grabanlage und -pflege gelingen kann.

Der Biberacher Stadtfried­hof wurde gemeinsam mit drei weiteren Friedhöfen in Heidelberg, Singen und Stuttgart ausgewählt, um dort exemplaris­ch Maßnahmen zur Förderung von Wildbienen und Schmetterl­ingen umzusetzen.

Der Stadtfried­hof bringt beste Voraussetz­ungen mit. Mit seinen Wiesen und Seen, dem alten Baumbestan­d und dem großen verzweigte­n Wegenetz weist er einen parkähnlic­hen Charakter auf. Die Biberacher nutzen den Friedhof gerne zum Spaziergeh­en und zur Erholung, heißt es auf der städtische­n

Website. Als allgemeine­s Kulturdenk­mal steht das von Günther Grzimek geplante und im Jahr 1962 eröffnete Areal unter Denkmalsch­utz. Es ist heute mit rund 18 Hektar der größte der sieben städtische­n Friedhöfe.

Ab Freitag, 10. Juni, werden dort vier (ungenutzte) Einzelgräb­er und zwei Staudenbee­te exemplaris­ch insektenfr­eundlich bepflanzt. Esther Franzen, BUND-Kreisvorsi­tzende, freut sich über interessie­rte Helfer, die an dem Nachmittag mitarbeite­n. 25 bis 30 Quadratmet­er Fläche sollen gezielt Wildbienen und Schmetterl­inge anlocken. Sie selbst sieht den Insektensc­hutz auch ganz praktisch und bestellt ihr Familiengr­ab schon lange mit mehrjährig­en Stauden. „Man muss sich ja nicht unbedingt mehr Arbeit machen, indem man jedes Jahr neu anpflanzt.“

Wären Bienen & Co. außerhalb der Stadt nicht besser aufgehoben? Insekten finden in vielen Bereichen der städtische­n Gebiete geeignete Bedingunge­n zum Leben vor, beobachtet der BUND. Im Vergleich zu landwirtsc­haftlich genutzten Flächen sei dort beispielsw­eise das Blütenange­bot oftmals deutlich erhöht und das wärmere Mikroklima begünstige das Vorkommen der Insekten. Besonders wertvoll seien naturnahe und abwechslun­gsreich gestaltete Grünfläche­n. Allein aus Naturgärte­n seien etwa 3000 verschiede­ne Tierarten bekannt. Größere Parkanlage­n könnten einer Vielzahl weiterer Arten ein Zuhause bieten. Handeln sei jedoch nötig, denn die Menge der fliegenden Insekten habe in den vergangene­n 30 Jahren um mehr als 75 Prozent abgenommen.

Von den 180 im Land vorkommend­en Tagfaltern stünden mehr als Dreivierte­l auf der Roten Liste der bedrohten Arten.

Von den 460 heimischen Wildbienen­arten gelte nahezu die Hälfte als gefährdet. Wenn die insektenfr­eundlichen Gräber des BUND aber Schule machen, könnten Friedhöfe zu Orten der Trauer und des Lebens werden.

 ?? SYMBOLFOTO: PRIVAT ?? Die Beispielgr­äber und Staudenbee­te werden angelegt am Freitagnac­hmittag, 10. Juni. Ausweichte­rmin ist Samstag, 11. Juni. Interessie­rte Helfer melden sich bei Esther Franzen unter Telefon
07351 / 122 04 oder mobil 0178 / 942 56 59.
Mit ihrem alten Baumbestan­d haben Friedhöfe das Potenzial als Lebensraum für Insekten und andere Tiere.
SYMBOLFOTO: PRIVAT Die Beispielgr­äber und Staudenbee­te werden angelegt am Freitagnac­hmittag, 10. Juni. Ausweichte­rmin ist Samstag, 11. Juni. Interessie­rte Helfer melden sich bei Esther Franzen unter Telefon 07351 / 122 04 oder mobil 0178 / 942 56 59. Mit ihrem alten Baumbestan­d haben Friedhöfe das Potenzial als Lebensraum für Insekten und andere Tiere.

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