Senioren pflegen Kriegsgräber in Frankreich
Neun Feuerwehrleute aus dem Landkreis Biberach reisen für Arbeitseinsatz nach Berneuil
SCHWENDI/BERNEUIL (sz) - Neun Feuerwehrsenioren aus dem Landkreis Biberach sind jüngst für zwei Wochen nach Südwestfrankreich gereist, um auf dem Friedhof Berneuil Kriegsgräber instand zu setzen. Es war der dritte Einsatz der ehemaligen Feuerwehrleute auf einer deutschen Kriegsgräberstätte im Ausland. Geleitet wurde der Einsatz vom in Schwendi lebenden Alfons Christ.
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge beschreibt die Pflege der mehr als 800 deutschen Kriegsgräberstätten im Ausland als „Versöhnung über den Gräbern – Arbeit für den Frieden“. Demnach übernehmen vorwiegend Soldaten, Reservisten und Jugendgruppen diese freiwillige Arbeit. Seit 2019 engagieren sich dafür auch Feuerwehrsenioren aus dem Landkreis Biberach, indem sie Gräber gefallener Soldaten im Ausland pflegen. Zwei Arbeitseinsätze absolvierten sie bislang im lothringischen Spicheren, wo die Feuerwehrleute Denkmale aus dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 restaurierten.
Dieses Mal fuhr die Gruppe mit Feuerwehrsenioren aus Schwendi, Erolzheim, Berkheim, Oberessendorf, Moosburg, Emerfeld und Alleshausen in den zwei Fahrzeugen, die die Laupheimer Feuerwehr und das Deutsche Rote Kreuz Biberach zur Verfügung stellten, in die französische Gemeinde Berneuil – rund 100 Kilometer nördlich von Bordeaux. Wie Alfons Christ berichtet, befindet sich in dieser flachen, von Weinbergen gesäumten Landschaft, auf einer kleinen Anhöhe eine Deutsche Kriegsgräberstätte. Diese sei 1954 angelegt worden, berichtet er. Auf dem Friedhof ruhen in acht Grabfeldern 8342 deutsche Tote. „Die Mehrzahl der Soldaten ist in den letzten Kriegswochen gefallen, eine nicht unerhebliche Anzahl starb erst nach Kriegsende in Gefangenenlagern“, erzählt Christ. Zudem sei in dieser Gegend auch nach der Befreiung Frankreichs durch die Alliierten noch erbittert gekämpft worden. Die große Anzahl der Gefallenen zeuge davon. „Die meisten Toten konnten namentlich erfasst werden, ihre Namen
sind auf Pultsteinen eingemeißelt und über Listen auffindbar“, erklärt der Einsatzleiter.
Die vordringlichste Arbeit war laut Christ zunächst die Reinigung der großzügig angelegten Gehwege. Die Waschbetonplatten seien zum Teil mit Moos bedeckt, die Fugen mit Unkraut überwuchert gewesen, sodass nur mit entsprechendem Wasserdruck vorgegangen werden konnte. Selbst mitgebrachte Geräte, wie Hochdruckreiniger und Stromerzeuger unterstützten die Arbeit der Feuerwehrleute enorm. „In einigen Wegen waren die Platten so stark abgesunken, dass sie ausgebaut werden mussten und in eine neue Planie verlegt wurden“, sagt Christ. „Damit wurden auch viele Stolperfallen für die Besucher beseitigt.“Auch das Edelstahlgeländer am Aufgang zur Eingangshalle war in die Jahre gekommen. Mit gezielten Schweißarbeiten konnten die Feuerwehrsenioren Schäden beseitigen und die Stabilität wieder herstellen.
Auch die weiße Farbe der offenen Eingangshalle war verblasst und erhielt zumindest im Deckenbereich einen neuen Anstrich, die Marmorverkleidung wurde per Wasserdruck gesäubert. Auch bei einem Teil der Pultsteine sei der Hochdruckreiniger zum Einsatz gekommen, bevor ein Trupp die Namen der Gefallenen mit wasserfestem weißem Filzstift nachgezeichnet habe, berichtet Christ. „So erhielten die Gefallenen, unter denen wir zahlreiche Jugendliche entdeckten, wieder einen lesbaren Namen“, sagt der Einsatzleiter und fügt hinzu: „Ein Junge war erst 15 Jahre alt, er geriet in den Kämpfen um La Rochelle in Gefangenschaft und starb im Oktober 1945.“Dieselbe Arbeit machte die gesamte Gruppe zudem einen Tag lang auf einem der Stadtfriedhöfe in Bordeaux, wo 192 Steinkreuze die Namen gefallener deutscher Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg tragen.
In Berneuil indes ging die Arbeit in der zweiten Woche mit Grabarbeiten an Beeten weiter, die für eine Bepflanzung vorbereitet wurden. Den zentralen Platz der Anlage überragt ein elf Meter hohes Betonkreuz, das laut Christ im flachen Tal des Flusses Charente weithin sichtbar ist. Unter diesem Kreuz sei ein großes Grab angelegt, in dem acht namentlich bekannte und drei unbekannte Soldaten bestattet sind.
„Jeder Arbeitseinsatz wird mit einer Gedenkfeier abgeschlossen, in Berneuil findet sie unter diesem Kreuz statt“, berichtet der Einsatzleiter. Im Mittelpunkt dieser Zeremonie stehe das Gedenken an die gefallenen Soldaten und aller in Kriegszeiten umgekommenen Personen. Als Vertreterin der Bundesrepublik Deutschland war die deutsche Konsulin Frau Simone Steimle aus Bordeaux angereist, zudem umrahmten fünf französische Kriegsveteranen aus dem Indochina- und Algerienkrieg mit ihren Fahnen die Feier. Auch Jean Pierre Maurel, Bürgermeister von Berneuil, und Vertreter der Feuerwehr Saintes waren anwesend. Die Mannschaft der Feuerwehrsenioren war in Uniform angetreten.
Alfons Christ von den Feuerwehrsenioren und Marc Pasquier als Vertreter des Volksbunds unterstrichen in ihren Ansprachen die Sinnhaftigkeit solcher Arbeitseinsätze auch mehr als 70 Jahre nach Kriegsende. Dies führe die Völker zusammen, die sich einst bekriegten. Auch Konsulin Steimle lobte das Engagement der Feuerwehrangehörigen für die Verständigung zwischen Franzosen und Deutschen. Gerade in Zeiten, in denen der Friede in Europa in höchstem Maße gefährdet ist, seien solche Initiativen von besonderer Bedeutung.
Neben der Arbeit nutzte die Gruppe das Wochenende für einen Ausflug an den Atlantik, besuchte die Stadt La Rochelle, das Schloss Roche Courbon sowie den Ort Cognac, in dem der weltbekannte Weinbrand hergestellt wird. Einsatzleiter Christ resümiert, der dritte Arbeitseinsatz der Gruppe sei zur vollen Zufriedenheit verlaufen. So hätten die Verantwortlichen vor Ort den Feuerwehrkameraden aus Oberschwaben ein großes Lob für ihre gute Arbeit gezollt.