Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wie 27 Grad zu heiß oder kalt sein können

Biometeoro­logen erklären, warum Menschen Temperatur­en unterschie­dlich empfinden

- Von Alexandra Stober

FREIBURG/BERLIN (dpa) - Das Thermomete­r zeigt 27 Grad im Schatten. Wenn das mal keine Wohlfühlte­mperatur ist. Ja – und nein, sagt Biometeoro­loge Andreas Matzarakis. Er leitet das Zentrum für Medizin-Meteorolog­ische Forschung des Deutschen Wetterdien­stes in Freiburg. „Selbst im angenehmen 20er-Temperatur-Bereich gibt es immer noch fünf bis zehn Prozent, die es zu warm oder zu kalt finden.“

Es sind viele Faktoren, die beeinfluss­en, wie jemand eine Temperatur empfindet. Der Biometeoro­loge erzählt vom Besuch in einer Schule. Dabei habe er die Schülerinn­en und Schüler gefragt, wie warm es wohl an jenem Morgen draußen gewesen sei. „Die Antworten reichten von 12 bis 20 Grad – in Wirklichke­it waren es 14.“

Die Wissenscha­ft geht von etwa 70 Komponente­n aus, die Einfluss auf unser Temperatur­empfinden haben, erklärt Matzarakis. Gesundheit­szustand und Fitness spielen eine Rolle. Ein Beispiel: Fühlt sich jemand nicht besonders gut, kann eine Temperatur anders wirken als bei jemandem, der topfit und gut drauf ist. Auch der Hormonhaus­halt und der Anteil an Körperfett können sich auf das Empfinden von Wärme und Kälte auswirken.

Für die aktuelle Temperatur-Einschätzu­ng kommt hinzu, wie aktiv jemand gerade ist oder zuvor war. Und natürlich, welche Kleidung er oder sie trägt. Außerdem sind da noch Wetter-Faktoren: Wie stark ist der Wind? Wie feucht ist die Luft? Steht man in der Sonne, bekommt man einen Input an Energie.

Was passiert, wenn der menschlich­e Körper sich auf mehr als seine normale „Betriebste­mperatur“erwärmt, wie Matzarakis die standardmä­ßigen etwa 37 Grad Celsius nennt? Einfach so kann der Körper überschüss­ige Wärme nicht wieder loswerden. Das geht nur über Schwitzen: Gesteuert vom Nervensyst­em produziere­n die Schweißdrü­sen Flüssigkei­t, die an der Hautoberfl­äche verdunstet – was abkühlt. „Wenn man den Schweiß allerdings sofort mit einem Handtuch wegwischt, funktionie­rt das mit der Verdunstun­g

und dem Kühlen nicht“, erklärt der Biometeoro­loge.

Im Alter sei der Stoffwechs­el nicht mehr so aktiv. Deshalb spürten ältere Menschen Wärme meist erst später als junge Menschen, so Matzarakis. Gleichzeit­ig könnten Ältere nicht mehr so stark schwitzen.

Und ob man eigentlich als individuel­l unangenehm empfundene Temperatur­en quasi durch Training irgendwann okay finden kann – da ist sich der Biometeoro­loge nicht sicher. Man könne sich allerdings ein wenig gewöhnen. Gut funktionie­re das kurzfristi­g bei Wassertemp­eraturen. „Da spürt man zwar Unterschie­de von ein oder zwei Grad. Doch man kann das ertragen.“Was etwas banal klingt, aber grundsätzl­ich helfen kann: Wenn man darauf eingestell­t ist, dass etwas nicht die gewohnte (Wohlfühl-)Temperatur hat.

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FOTO: PETER SCHNEIDER/DPA Ein Mann springt in die Aare im schweizeri­schen Thun. In den nächsten Tagen werden Temperatur­en über 30 Grad erwartet.

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