Greifvogel attackiert Jogger bei Laupheim
Im dritten Jahr in Folge warnen Betroffene vor den Angriffen – Wie die Stadtverwaltung reagiert
LAUPHEIM - Nun ist es schon wieder passiert. Wie bereits in den vergangenen beiden Jahren ist in Laupheim ein Mensch von einem Greifvogel attackiert worden. Gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“gibt die Stadtverwaltung Tipps, wie man sich schützen kann und erklärt, warum sie an der betreffenden Stelle kein Warnschild aufstellen will.
Kürzlich veröffentlicht ein Facebook-Nutzer ein Foto seines Hinterkopfs in dem Sozialen Netzwerk. Darauf zu sehen: blutige Schürfwunden. Er habe am Morgen eine „Begegnung der außergewöhnlichen Art beim bekannten Greifvogel am Baggersee“gehabt, schreibt er. Der User empfiehlt anderen Nutzern, einen Helm zu tragen oder den Weg zu meiden.
Von einem „bekannten Greifvogel“schreibt der Nutzer, da es nicht der erste Fall dieser Art ist. Bereits im Frühjahr 2020 hatte die „Schwäbische Zeitung“über eine Laupheimerin berichtet, die an derselben Stelle während ihrer morgendlichen Joggingrunde in der Nähe des Freizeitbereichs Risstal von einem Vogel angegriffen wurde. Ob es sich um denselben Vogel handelt, möglicherweise ein Mäusebussard, ist unklar. „Im ersten Moment dachte ich: Der hat sich ja total verflogen!“, schilderte die Frau damals im SZ-Gespräch. Bei ihr lief die Attacke glimpflich ab. „Der Vogel wollte mich vermutlich nur warnen, damit ich aus seinem Revier verschwinde. Nicht auszudenken, wenn er sich in meinen langen Haaren verfangen hätte.“
Im Frühjahr 2021 war es an der gleichen Stelle, einem Kiesweg, an den ein schmales Feld und dahinter eine Baumreihe grenzen, wieder soweit: Erneut traf es einen Jogger, der nach dem Vorfall vor dem aggressiven Tier warnte. „Ich habe beim Vorbeifliegen den Wind gespürt“, erzählte der Laupheimer damals der SZ. „Die Aggressivität hat mich überrascht.“Um das Tier zu verscheuchen, bewegte der Mann seine Arme, rutschte dabei jedoch aus und stürzte leicht.
Damals lieferte Georg Walcher von der Laupheimer Nabu-Ortsgruppe eine Erklärung für das Verhalten des Tieres. Das Frühjahr sei die Brutzeit verschiedener Vogelarten. „Er will seine Jungen verteidigen. Und wenn denen jemand zu nahe kommt, wehrt er sich.“Zwar sagte Walcher damals, dass solche Angriffe, abgesehen von Kratzern, nicht gefährlich seien. Von wirklichen Verletzungen habe er nicht gehört. Wer dennoch auf Nummer sicher gehen will, solle ausreichend Abstand zum Revier halten. Dessen Radius könne zwischen 50 und 100 Metern betragen. Ein Warnschild an dem betroffenen Weg ist laut Walcher wenig sinnvoll. Denn das Revier eines Vogels könne morgen schon ein anderes sein als heute.
Anders sah das Rainer Schall, Diplom-Biologe und Waldpädagoge des Kreisforstamts Biberach, im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“im Jahr 2020. In Gebieten, in denen es immer wieder zu Vogelattacken komme, sei es eine praktikable Lösung, im betroffenen Zeitraum mit Warnschildern auf die Gefahr hinzuweisen, „zumindest in der Zeit von Anfang Juni bis Mitte Juli“.
Laut dem Experten könnten schnelle Bewegungen wie Joggen oder Radfahren das Schutzverhalten der Greifvögel schneller auslösen. Schall erklärte: „Es wird quasi ein Scheinangriff geflogen, damit die Eindringlinge das Brutgebiet schnellstmöglich verlassen.“Mit den Armen fuchteln, rufen und sich groß machen seien sicher Möglichkeiten, um den Vogel dazu zu bringen, den Angriff abzubrechen.
Auch die Laupheimer Stadtverwaltung empfiehlt auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“: „Grelle Kleidung sollte vermieden werden, eine feste Kopfbedeckung kann einen Angriff beziehungsweise eine Verletzung abmildern.“Zudem sollten Jogger am besten ihr Tempo drosseln, sobald sie einen Greifvogel erblicken. „Um den Konflikt zwischen Mensch und Tier zu vermeiden, wird vor allem Joggern angeraten, von Mai bis Mitte Juli Gebiete, an denen Greifvögel auf Beobachtungsposten zu sehen sind, zu meiden.“
Was sonst passieren kann, hat der jüngste Fall gezeigt: Der Mann trug Schürfwunden am Kopf davon. Doch was wäre, wenn ein Spaziergänger, Jogger oder Kind ernster verletzt würden? „Uns ist keine allgemeine, unmittelbare Rechtsgrundlage für die Haftung von durch Greifvögel verursachten Schäden oder Verletzungen bekannt“, erklärt die Stadtverwaltung auf Anfrage.
Dennoch hält sie es nicht für sinnvoll, Passanten mit Schildern in der freien Landschaft vor Angriffen durch das Tier zu warnen. Denn: „Die Brut- und Ansitzplätze der Greifvögel sind relativ flexibel und können morgen schon an einem anderen Platz sein“, heißt es in der Stellungnahme der Stadtverwaltung.
Diese Auffassung dürfte Joggern und Passanten im fraglichen Gebiet wenig weiterhelfen. So deutet doch die Tatsache, dass es in drei aufeinanderfolgenden Jahren zu Angriffen durch einen Greifvogel kam, darauf hin, dass es sich entweder doch um ein gebietstreues Tier handelt oder das betreffende Areal ein begehrtes „Wohnviertel“für die Vögel darstellt.