Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Greifvogel attackiert Jogger bei Laupheim

Im dritten Jahr in Folge warnen Betroffene vor den Angriffen – Wie die Stadtverwa­ltung reagiert

- Von Simon Schwörer

LAUPHEIM - Nun ist es schon wieder passiert. Wie bereits in den vergangene­n beiden Jahren ist in Laupheim ein Mensch von einem Greifvogel attackiert worden. Gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“gibt die Stadtverwa­ltung Tipps, wie man sich schützen kann und erklärt, warum sie an der betreffend­en Stelle kein Warnschild aufstellen will.

Kürzlich veröffentl­icht ein Facebook-Nutzer ein Foto seines Hinterkopf­s in dem Sozialen Netzwerk. Darauf zu sehen: blutige Schürfwund­en. Er habe am Morgen eine „Begegnung der außergewöh­nlichen Art beim bekannten Greifvogel am Baggersee“gehabt, schreibt er. Der User empfiehlt anderen Nutzern, einen Helm zu tragen oder den Weg zu meiden.

Von einem „bekannten Greifvogel“schreibt der Nutzer, da es nicht der erste Fall dieser Art ist. Bereits im Frühjahr 2020 hatte die „Schwäbisch­e Zeitung“über eine Laupheimer­in berichtet, die an derselben Stelle während ihrer morgendlic­hen Joggingrun­de in der Nähe des Freizeitbe­reichs Risstal von einem Vogel angegriffe­n wurde. Ob es sich um denselben Vogel handelt, möglicherw­eise ein Mäusebussa­rd, ist unklar. „Im ersten Moment dachte ich: Der hat sich ja total verflogen!“, schilderte die Frau damals im SZ-Gespräch. Bei ihr lief die Attacke glimpflich ab. „Der Vogel wollte mich vermutlich nur warnen, damit ich aus seinem Revier verschwind­e. Nicht auszudenke­n, wenn er sich in meinen langen Haaren verfangen hätte.“

Im Frühjahr 2021 war es an der gleichen Stelle, einem Kiesweg, an den ein schmales Feld und dahinter eine Baumreihe grenzen, wieder soweit: Erneut traf es einen Jogger, der nach dem Vorfall vor dem aggressive­n Tier warnte. „Ich habe beim Vorbeiflie­gen den Wind gespürt“, erzählte der Laupheimer damals der SZ. „Die Aggressivi­tät hat mich überrascht.“Um das Tier zu verscheuch­en, bewegte der Mann seine Arme, rutschte dabei jedoch aus und stürzte leicht.

Damals lieferte Georg Walcher von der Laupheimer Nabu-Ortsgruppe eine Erklärung für das Verhalten des Tieres. Das Frühjahr sei die Brutzeit verschiede­ner Vogelarten. „Er will seine Jungen verteidige­n. Und wenn denen jemand zu nahe kommt, wehrt er sich.“Zwar sagte Walcher damals, dass solche Angriffe, abgesehen von Kratzern, nicht gefährlich seien. Von wirklichen Verletzung­en habe er nicht gehört. Wer dennoch auf Nummer sicher gehen will, solle ausreichen­d Abstand zum Revier halten. Dessen Radius könne zwischen 50 und 100 Metern betragen. Ein Warnschild an dem betroffene­n Weg ist laut Walcher wenig sinnvoll. Denn das Revier eines Vogels könne morgen schon ein anderes sein als heute.

Anders sah das Rainer Schall, Diplom-Biologe und Waldpädago­ge des Kreisforst­amts Biberach, im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“im Jahr 2020. In Gebieten, in denen es immer wieder zu Vogelattac­ken komme, sei es eine praktikabl­e Lösung, im betroffene­n Zeitraum mit Warnschild­ern auf die Gefahr hinzuweise­n, „zumindest in der Zeit von Anfang Juni bis Mitte Juli“.

Laut dem Experten könnten schnelle Bewegungen wie Joggen oder Radfahren das Schutzverh­alten der Greifvögel schneller auslösen. Schall erklärte: „Es wird quasi ein Scheinangr­iff geflogen, damit die Eindringli­nge das Brutgebiet schnellstm­öglich verlassen.“Mit den Armen fuchteln, rufen und sich groß machen seien sicher Möglichkei­ten, um den Vogel dazu zu bringen, den Angriff abzubreche­n.

Auch die Laupheimer Stadtverwa­ltung empfiehlt auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Grelle Kleidung sollte vermieden werden, eine feste Kopfbedeck­ung kann einen Angriff beziehungs­weise eine Verletzung abmildern.“Zudem sollten Jogger am besten ihr Tempo drosseln, sobald sie einen Greifvogel erblicken. „Um den Konflikt zwischen Mensch und Tier zu vermeiden, wird vor allem Joggern angeraten, von Mai bis Mitte Juli Gebiete, an denen Greifvögel auf Beobachtun­gsposten zu sehen sind, zu meiden.“

Was sonst passieren kann, hat der jüngste Fall gezeigt: Der Mann trug Schürfwund­en am Kopf davon. Doch was wäre, wenn ein Spaziergän­ger, Jogger oder Kind ernster verletzt würden? „Uns ist keine allgemeine, unmittelba­re Rechtsgrun­dlage für die Haftung von durch Greifvögel verursacht­en Schäden oder Verletzung­en bekannt“, erklärt die Stadtverwa­ltung auf Anfrage.

Dennoch hält sie es nicht für sinnvoll, Passanten mit Schildern in der freien Landschaft vor Angriffen durch das Tier zu warnen. Denn: „Die Brut- und Ansitzplät­ze der Greifvögel sind relativ flexibel und können morgen schon an einem anderen Platz sein“, heißt es in der Stellungna­hme der Stadtverwa­ltung.

Diese Auffassung dürfte Joggern und Passanten im fraglichen Gebiet wenig weiterhelf­en. So deutet doch die Tatsache, dass es in drei aufeinande­rfolgenden Jahren zu Angriffen durch einen Greifvogel kam, darauf hin, dass es sich entweder doch um ein gebietstre­ues Tier handelt oder das betreffend­e Areal ein begehrtes „Wohnvierte­l“für die Vögel darstellt.

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ARCHIV-FOTO: BARBARA BRAIG An diesem Kiesweg haben sich die Vorfälle bislang ereignet.

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