Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Tod auf dem Amazonas

Journalist Dom Phillips und sein Begleiter Bruno Pereira brutal ermordet

- Von Denis Düttmann

BRASÍLIA (dpa) - Nach Tagen des Bangens ist es traurige Gewissheit: Der britische Journalist Dom Phillips und der Indigenen-Experte Bruno Pereira wurden im brasiliani­schen Amazonasge­biet getötet. Die sterbliche­n Überreste der beiden Männer seien anhand ihrer Zähne und Fingerabdr­ücke identifizi­ert worden, teilte die Bundespoli­zei am Samstag mit.

Die beiden waren vor zwei Wochen bei einer Reise in das Javari-Tal im Westen Brasiliens verschwund­en. Beide seien erschossen worden, teilte die Bundespoli­zei mit. Phillips wurde demnach mit Jagdmuniti­on in Brust und Bauch getroffen, Pereira erhielt Schüsse in den Oberkörper und den Kopf.

„Die Morde an Bruno Pereira und Dom Phillips sind nicht hinnehmbar, aber es sind keine Einzelfäll­e“, hieß es in einer Stellungna­hme der Menschenre­chtsorgani­sation Amnesty Internatio­nal. „Der Amazonas muss ein sicherer Ort für alle Menschen werden.“

Mittlerwei­le wurden drei Verdächtig­te festgenomm­en. Einer räumte ein, an der Tötung der beiden Männern beteiligt gewesen zu sein und führte die Polizei zu menschlich­en Überresten. Die mutmaßlich­en Täter handelten nach ersten Ermittlung­sergebniss­en wahrschein­lich auf eigene Rechnung. „Die Ermittlung­en deuten darauf hin, dass die Täter allein gehandelt haben und kein Auftraggeb­er oder eine kriminelle Organisati­on hinter der Tat standen“, teilte die Bundespoli­zei mit.

„Die Bestätigun­g, dass Dom und Bruno ermordet wurden, lässt uns mit gebrochene­n Herzen zurück“, hieß es in einer gemeinsame­n Erklärung der Familie von Phillips in Großbritan­nien. „Wir sind allen dankbar, die sich an der Suche beteiligt haben, vor allem den indigenen Gruppen, die ohne Pause nach Beweisen für den Angriff gesucht haben.“

Phillips lebte schon lange in Brasilien und war mit einer Brasiliane­rin verheirate­t. Er schrieb als freier Journalist unter anderem für die britischen Zeitungen „The Guardian“und „The Financial Times“sowie für die US-Zeitungen „Washington Post“und „The New York Times“.

Zuletzt recherchie­rte er für ein Buch über den Schutz des Amazonasge­biets, die starken wirtschaft­lichen Interessen an dessen Ausbeutung und verschiede­ne Entwicklun­gsmodelle.

Das Motiv für den mutmaßlich­en Mord war zunächst unklar. Unter anderem prüfen die Ermittler, ob die Tat im Zusammenha­ng mit illegaler Fischerei oder Drogenhand­el steht.

Die Indigenen-Vereinigun­g des Javari-Tals beklagte den „unschätzba­ren Verlust“von „zwei Partnern“. Es waren vor allem die Indigenen der Region, die die Suche nach den Vermissten von Anfang an vorangetri­eben hatten. Brasiliens rechtspopu­listischer Präsident Jair Bolsonaro hingegen hatte den Männern zunächst eine Mitschuld gegeben. Er sagte, dass Phillips „in der Region schlecht angesehen“gewesen sei und mehr „auf sich selbst“hätte achten müssen.

„Brasilien ist eines der gefährlich­sten Länder für Menschenre­chtsaktivi­sten und Umweltschü­tzer“, sagte die Chefin von Amnesty Internatio­nal in Brasilien, Jurema Werneck. „Das ist die Folge einer Politik,

die Angriffe auf die Umweltgese­tzgebung fördert, Institutio­nen zur Förderung und zum Schutz der Rechte indigener Völker zerschlägt und soziale Bewegungen und Gemeindeor­ganisation­en kriminalis­iert.“

Phillips und Pereira waren nach Angaben einer regionalen Ureinwohne­r-Organisati­on nicht wie geplant am 5. Juni mit dem Boot in der Stadt Atalaia do Norte angekommen. Zuvor hatte Pereira bei der Polizei gemeldet, mehrmals bedroht worden zu sein. Er hatte illegale Machenscha­ften im Javari-Tal für die Behörden dokumentie­rt.

Sie hätten die Behörden mehrfach auf die Aktivitäte­n von kriminelle­n Gruppen in der Region aufmerksam gemacht, teilte der Indigenen-Verband Apib mit. „Die Grausamkei­t des Verbrechen­s zeigt, dass Pereira und Phillips einer mächtigen Verbrecher­organisati­on in die Quere gekommen sind, die ihre Spuren um jeden Preis verwischen wollte“,

Jurema Werneck, Chefin von Amnesty Internatio­nal in Brasilien hieß es in einer Stellungna­hme von Apib.

Die Region ist mit einer Fläche etwas größer als Österreich eines der größten indigenen Gebiete Brasiliens. Viele Indigene leben dort isoliert. Das Grenzgebie­t zu Peru und Kolumbien ist durch illegale Goldsuche, Abholzung, Jagd und illegalen Fischfang sowie Drogenschm­uggel besonders konfliktre­ich. Brasilien war der Nichtregie­rungsorgan­isation Global Witness zufolge im Jahr 2020 das viertgefäh­rlichste Land für Umweltschü­tzer – 20 Naturschüt­zer und Umweltakti­visten wurden dort getötet. „Der Tod von Dom und Bruno ist eine tragische Erinnerung daran, wie tödlich der Kampf für Landrechte und indigene Gemeinscha­ften sein kann, insbesonde­re in Brasilien, das für Land- und Umweltschü­tzer eines der gefährlich­sten Länder der Welt ist“, hieß es in einer Stellungna­hme von Global Witness. „Sie haben sich heldenhaft für den Schutz des Amazonasge­biets und seiner Bewohner eingesetzt und die Lungen unseres Planeten geschützt. Die brasiliani­schen Behörden müssen den Tod der beiden untersuche­n und ihren Familien Gerechtigk­eit widerfahre­n lassen.“

„Brasilien ist eines der gefährlich­sten Länder für Menschenre­chtsaktivi­sten und Umweltschü­tzer. “

 ?? FOTO: JOAO LAET/AFP ?? Nach zwei Festnahmen hat sich ein dritter Verdächtig­er am Samstag der Polizei in Atalaia do Norte gestellt, wie die Polizei mitteilt. Laut Beweisen und Zeugenauss­agen sei er am Tatort gewesen und habe „aktiv an dem Doppelmord“an Dom Phillips und Bruno Pereira teilgenomm­en“. Die beiden dokumentie­rten Umweltzers­törung und illegale Machenscha­ften im brasiliani­schen Regenwald. Das rückte die Männer wohl ins Fadenkreuz von Verbrecher­n.
FOTO: JOAO LAET/AFP Nach zwei Festnahmen hat sich ein dritter Verdächtig­er am Samstag der Polizei in Atalaia do Norte gestellt, wie die Polizei mitteilt. Laut Beweisen und Zeugenauss­agen sei er am Tatort gewesen und habe „aktiv an dem Doppelmord“an Dom Phillips und Bruno Pereira teilgenomm­en“. Die beiden dokumentie­rten Umweltzers­törung und illegale Machenscha­ften im brasiliani­schen Regenwald. Das rückte die Männer wohl ins Fadenkreuz von Verbrecher­n.

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