Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Sieben Todeskandi­daten und ein heiterer Mozart

Uraufführu­ng von „Bevor wir schweigen“bei den Internatio­nalen Wolfegger Konzerten – Komponist Florian Frannek zu den Hintergrün­den - Auch Mozart im Programm

- Von Katharina von Glasenapp

WOLFEGG - Am letzten Juniwochen­ende finden wieder die Internatio­nalen Wolfegger Konzerte in der Alten Pfarr, im Rittersaal und in der Pfarrkirch­e St. Katharina statt. Während im Rittersaal am Samstag Beethovens erste Symphonie und sein Violinkonz­ert mit der jungen spanischen Geigerin Maria Dueñas im Mittelpunk­t stehen, freut sich der Dirigent und Künstleris­che Leiter Manfred Honeck, im Kirchenkon­zert am Sonntag neben Mozarts heiterer „Krönungsme­sse“ein besonderes Werk vorzustell­en: In „Bevor wir schweigen“des Leipziger Komponiste­n Florian Frannek sind sieben letzte Briefe von Häftlingen und Widerstand­skämpfern des zweiten Weltkriegs zu einem Oratorium für Bariton, Chor und Orchester verbunden.

Dass diese Themen für Honeck ein Herzensanl­iegen sind, hat er in zahlreiche­n Aufführung­en von geistliche­r Musik gezeigt, auch als er etwa weltweit Mozarts Requiem mit Texten aus der Apokalypse und Lesungen ähnlicher Briefe vertiefte.

Dirigent und Komponist kennen einander seit bald 30 Jahren. Denn Florian Frannek, der bereits als Mitglied des Leipziger Thomanerch­ors in seiner Funktion als Präfekt zum Dirigieren fand, hat nach seinem Klavierstu­dium an der Musikhochs­chule in Leipzig ab 1993 in Zürich bei Manfred Honeck und Ralf Weikert die

Ausbildung zum Kapellmeis­ter fortgeführ­t. Ab 1999 war er Honecks Assistent beim Radiosinfo­nieorchest­er in Stockholm, ebenso wie er immer wieder als Assistent von Christian Thielemann zu den Bayreuther und Salzburger Festspiele­n eingeladen wurde. Dazu hatte er verschiede­ne Positionen als Pianist und Dirigent an Opernhäuse­rn in Schwerin, Wuppertal

oder Ankara inne. Zunehmend entstehen auch eigene Kompositio­nen, seit sich Frannek 2015 ein eigenes Tonstudio einrichtet­e.

Zur Entstehung von „Bevor wir schweigen“sagt Florian Frannek: „Ich war 2020 in den Vorproben zu einer Produktion der Osterfests­piele Salzburg, als die Proben wegen der Corona-Pandemie abgebroche­n wurden. Ich fuhr nach Hause und dachte: Was mache ich jetzt? Und da bin ich durch eine Radiosendu­ng auf Briefe eines Münchner Priesters gestoßen, die er während der NS-Zeit im Gefängnis geschriebe­n hat. Das hat mich sehr bewegt und ich fing an zu recherchie­ren. Dabei stieß ich auf letzte Briefe von Menschen, die zum Tode verurteilt wurden und vor der

Exekution noch einen letzten Brief an ihre nächsten Angehörige­n schreiben durften. Ich habe dann aus verschiede­nen Quellen Texte zusammenge­stellt und angefangen zu komponiere­n. Es war mir ein inneres Bedürfnis, darüber zu schreiben.“

Die Abschiedsb­riefe stammen unter anderem von Klaus Bonhoeffer (dem älteren Bruder von Friedrich

Bonhoeffer), dem in Vorarlberg geborenen Priester Carl Lampert, und dem Franziskan­erpater Maximilian Kolbe, der in Auschwitz ermordet wurde. In aller Düsternis erzählen diese Briefe doch sehr viel von Licht und Hoffnung und Trost für die Hinterblie­benen, werden verbunden mit Texten von Nietzsche, aus dem Hohen Lied oder, zuletzt, dem Gedicht „Abendglöck­lein“von Friedrich Güll.

Franneks „Bevor wir schweigen“hätte bereits im vergangene­n Jahr uraufgefüh­rt werden sollen, doch konnte wegen der Pandemie kein Kirchenkon­zert in Wolfegg stattfinde­n. Umso mehr freut sich Manfred Honeck jetzt auf die Rückkehr nach St. Katharina und auf das sicher bewegende Werk von Florian Frannek.

Der Bariton-Solist ist Paul Armin Edelmann, es singen die Augsburger Domsingkna­ben – wobei die Besetzung der Sopran- und Altstimmen mit Knabenstim­men dem Komponiste­n „ungeplant“entgegenko­mmt – und es spielt die Deutsche Radio Philharmon­ie Saarbrücke­n Kaiserslau­tern. Das zweite Werk des Abends ist Mozarts beschwingt­e „Krönungsme­sse“, die Reihenfolg­e war zum Zeitpunkt des Gesprächs noch offen.

Kirchenkon­zert, Sonntag,

26. Juni, 17 Uhr, St. Katharina in Wolfegg. Kartenbest­ellung und weitere Informatio­nen über Telefon 07527 / 960 151 oder per E-Mail: wolfegg.info@wolfegg.de

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FOTO: ROLAND RASEMANN Für den Dirigenten und Künstleris­chen Leiter der Wolfegger Konzerte, Manfred Honeck, ist geistliche Musik mit Tiefgang eine Herzensang­elegenheit. Zum Beispiel jetzt die Uraufführu­ng von „Bevor wir schweigen“.

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