Der Erfinder der Blockabfertigung tritt ab
Günther Platter hat 14 Jahre lang Tirol regiert und immer wieder die deutschen Nachbarn gereizt
IMST - Mit seiner restriktiven Verkehrspolitik hat er die bayerischen Nachbarn immer wieder zur Weißglut getrieben, die Corona-Pandemie bescherte ihm einen ungewollten Moment im Rampenlicht. Nun zieht sich Günther Platter von der politischen Bühne zurück, nach 14 Jahren im Amt als Landeshauptmann von Tirol. „Es ist einmal genug“, sagte der 68-Jährige nach der überraschenden Bekanntgabe seiner Pläne vergangene Woche in Innsbruck, bei den kommenden Wahlen nicht erneut anzutreten.
Platter, ein Schwergewicht der konservativen ÖVP, formte das erste schwarz-grüne Bündnis in einem österreichischen Bundesland. Nördlich der Grenze war er vor allem bekannt für seinen verkehrspolitischen Dauerstreit mit Deutschland im allgemeinen und mit Bayern im besonderen. Blockabfertigung von Lastwagen, Straßensperrungen für durchreisende Touristen, Zoff um Mautgebühren und dazu die Tiroler Nörgelei, dass es beim Ausbau der Bahn im deutschen Inntal nicht schnell genug vorangehe – ständig lag Platter mit den Bayern über Kreuz.
„Er hat mit harten Bandagen gekämpft für seine Tiroler“, würdigt der Rosenheimer CSU-Landtagsabgeordnete Klaus Stöttner die Haltung des Innsbrucker Regierungschefs.
„Politisch verstehe ich ihn vollkommen. Aber für uns in Rosenheim war das eine Katastrophe, weil wir die Last abbekommen haben.“
Wenn Platter im Kampf gegen die Überlastung der Brenner-Route Blockabfertigung an der Grenze bei Kufstein anordnet – an den vier Montagen im Juli ist es wieder so weit – stauen sich auf der deutschen A 93 die Lastwagen schon mal bis zum Dreieck Inntal zurück, das sind an die 25 Kilometer. Aus Sicht der Bayern ein Verstoß gegen den freien Warenverkehr
in der EU, aus Platters Sicht eine „Notmaßnahme“, wie er einmal im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“sagte. „Sonst steht ganz Tirol im Stau.“
„Das Verkehrsproblem am Brenner muss gemeinsam gelöst werden“, betont dagegen der CSU-Abgeordnete Stöttner, der auch im Verkehrsausschuss des bayerischen Landtags sitzt, und fügt mit Blick auf die Zeit nach Platter hinzu: „Neue Köpfe sind ein neuer Anfang.“Die Corona-Pandemie hat die Verkehrsprobleme zumindest zeitweise abgemildert – dafür stand Platter Anfang 2020 aus einem ganz anderen Grund im Rampenlicht. Die Krankheit war gerade erst so richtig ins Bewusstsein der Öffentlichkeit eingedrungen, da wurde der Tiroler Skiort Ischgl schon zum Corona-Hotspot. Am 7. März wurde der erste Fall gemeldet, unter Quarantäne gestellt haben die Behörden den Ort aber erst sechs Tage später. Am 13. März 2020 trat Platter schließlich vor die Presse und sagte: „Die Wintersaison ist beendet.“Da waren viele Gäste schon abgereist und trugen so zur Verbreitung des Virus bei – gerade auch in Süddeutschland, der Heimat vieler Ischgl-Besucher. Der Tiroler Landesverwaltung wurde vorgeworfen, auf Druck der mächtigen Tourismusindustrie zu zögerlich reagiert zu haben. Doch Platter sah kein Versagen seines Apparats. Er verwies auf Wien und die Eigenverantwortung der Urlauber.
Den weiteren Verlauf der CoronaPolitik nannte Platter nun aber als wichtigen Grund für seinen Rückzug. Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen habe es gegeben, beklagte der Landeshauptmann. Die nächsten Wahlen werden wohl von 2023 auf Ende September diesen Jahres vorgezogen. Als Nachfolger dürfte Anton Mattle antreten, in Platters Kabinett bislang zuständig für Wirtschaft, Digitalisierung und Seilbahnangelegenheiten.