Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Staus für die große Politik

Bayern rüstet sich für G7-Gipfel auf Schloss Elmau – Kontrollen nerven auch in Lindau

- Von Patrick Guyton

MÜNCHEN - Sie haben sie wieder bekommen für ihr Protestcam­p, diese Wiese in Garmisch-Partenkirc­hen, direkt an der Loisach gelegen. Man blickt auf sattes Grün und viele Scheunen. Der Maurermeis­ter Bernhard Raubal hat seine 6800 Quadratmet­er erneut für ein paar Tage an die Gegner des anstehende­n G-7-Gipfels verpachtet, als einziger, dafür ist er im Ort ebenso bekannt wie umstritten. Beim Treffen der Staats- und Regierungs­chefs der sieben größten Wirtschaft­snationen 2015 an gleicher Stelle war das auch schon so. Und in einem Interview lobte Raubal, die Camper und Demonstran­ten hätten danach alles "picobello" aufgeräumt.

Garmisch-Partenkirc­hen liegt 18 Kilometer vom Tagungshot­el Schloss Elmau entfernt, in das Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) seine Kolleginne­n und Kollegen von 26. bis 28 Juni eingeladen hat. Sicherlich auch, weil der G7-Gipfel vor sieben Jahren dort so gut geklappt hat. Elmau und die prächtige bayerische Alpenlands­chaft liefern schöne Bilder, sie passen ins Klischee. Unvergesse­n ist der Besuch von Bundeskanz­lerin Angela Merkel mit dem damaligen US-Präsidente­n Barack Obama in einer aufgebaute­n Biergarten-Kulisse.

Und das abgeschied­en gelegene Nobel-Hotel in den Bergen lässt sich gut schützen, nur ein Sträßchen führt hinauf, drum herum gibt es lediglich Wanderwege. Nicht so wie beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg, als tausende Randaliere­r und Gewalttäte­r die Innenstadt überzogen und wüteten. Hamburger Bürgermeis­ter war damals übrigens Olaf Scholz.

Das G7-Spektakel ist für die Region im südlichste­n Bayern Auszeichnu­ng und Zumutung in einem. An der Grenze zu Österreich kontrollie­rt die Polizei, gewaltbere­ite Demonstran­ten sollen vorab aus dem Verkehr gezogen werden. Um das Schloss Elmau ist schon jetzt weiträumig ein 16 Kilometer langer Sicherheit­szaun aufgestell­t. Zutritt erhält man nur mit einer Akkreditie­rung. Die Gullys sind bis nach Garmisch-Partenkirc­hen versiegelt, damit darin etwa kein Sprengstof­f deponiert wird oder Demonstran­ten ihnen entsteigen.

Wer einmal richtig viel Polizei sehen will, der sollte an einem Gipfeltag

die A 95 von München nach Garmisch-Partenkirc­hen fahren. Insgesamt sind 18000 Polizisten aus Bayern, anderen Bundesländ­ern und von der Bundespoli­zei im Einsatz. An der bekannten Sprungscha­nze ist ein "mobiles Justizzent­rum" aufgebaut worden - 25 Staatsanwä­lte und vier bis sieben Richter werden dort stets anwesend sein, um über mutmaßlich­e Straftäter gleich vor Ort zu urteilen. In den Containern gibt es 50 Arrestzell­en sowie Räume für Vernehmung­en, Verteidige­r und KripoSachb­earbeiter. Beim vergangene­n Gipfel gab es insgesamt 42 vorläufige Festnahmen, in sieben Fällen wurden Personen länger in Gewahrsam genommen.

Für Einheimisc­he und Urlauber – die gibt es ja auch noch – sind nicht nur die drei Gipfel-Tage durch erhebliche Beeinträch­tigungen getrübt. Schon jetzt werden Straßen wegen Demonstrat­ionen und aus Sicherheit­sgründen gesperrt, die Region ist voll mit Polizisten und Delegation­sMitgliede­rn.

Auf der A96 in Richtung Österreich stauen sich seit Beginn der Kontrollen an der österreich­ischen Grenze die Autos oft stundenlan­g. Bei gutem Wetter werden die Gipfelteil­nehmer vom Flughafen München direkt mit Helikopter­n zu einem eigenen Landeplatz am Schloss Elmau fliegen. Bei schlechtem werden sie auf der Autobahn eskortiert.

Der Protest dürfte den Einschätzu­ngen nach deutlich bescheiden­er ausfallen als 2015 oder gar 2017 in Hamburg. Schon am Samstag werden einige Tausend Demonstran­ten auf der Münchner Theresienw­iese erwartet, die sich für Klima- und Naturschut­z, weltweite soziale Gerechtigk­eit und die Bekämpfung des Hungers einsetzen.

Am Sonntag sollen dann um die 1000 Menschen in Garmisch-Partenkirc­hen demonstrie­ren. Im Protestcam­p werden schätzungs­weise um die 750 Menschen über mehrere Tage nächtigen. Sportlich wird es dann am

Montag für die Gegner, die zwei Fahrrad-Demos sowie mehrstündi­ge Wanderunge­n um den Tagungsort planen. Inwieweit auch direkt am Schloss Elmau protestier­t werden darf, darüber gab es langes Hin und Her mit dem Landratsam­t. Gegner sprachen von einer "unglaublic­hen Beschneidu­ng unserer Versammlun­gsfreiheit". Nun hat man beschlosse­n, dass 50 Demonstran­ten mit Polizeibus­sen vor den Tagungsort gefahren werden, um dort "in Hörweite" zu protestier­en.

Die Szene der Gegner ist vielfältig und teils widersprüc­hlich. Inwieweit Autonome vom "Schwarzen Block" nach Oberbayern anreisen, ist unklar. Inhaltlich wird der Klimaschut­z viel stärker ins Zentrum gestellt als noch 2015. Dafür scheint es manch einem als sehr problemati­sch, angesichts des aggressive­n Krieges Russlands gegen die Ukraine, wie früher üblich das angebliche imperialis­tische Gebaren des Westens anzuprange­rn.

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FOTO: ANGELIKA WARMUTH/DPA Polizisten kontrollie­ren am Grenzüberg­ang Mittenwald den Verkehr. Anlass für die Kontrollen ist der G7-Gipfel ist vom 26. bis 28. Juni 2022 auf Schloss Elmau.

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