Staus für die große Politik
Bayern rüstet sich für G7-Gipfel auf Schloss Elmau – Kontrollen nerven auch in Lindau
MÜNCHEN - Sie haben sie wieder bekommen für ihr Protestcamp, diese Wiese in Garmisch-Partenkirchen, direkt an der Loisach gelegen. Man blickt auf sattes Grün und viele Scheunen. Der Maurermeister Bernhard Raubal hat seine 6800 Quadratmeter erneut für ein paar Tage an die Gegner des anstehenden G-7-Gipfels verpachtet, als einziger, dafür ist er im Ort ebenso bekannt wie umstritten. Beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben größten Wirtschaftsnationen 2015 an gleicher Stelle war das auch schon so. Und in einem Interview lobte Raubal, die Camper und Demonstranten hätten danach alles "picobello" aufgeräumt.
Garmisch-Partenkirchen liegt 18 Kilometer vom Tagungshotel Schloss Elmau entfernt, in das Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seine Kolleginnen und Kollegen von 26. bis 28 Juni eingeladen hat. Sicherlich auch, weil der G7-Gipfel vor sieben Jahren dort so gut geklappt hat. Elmau und die prächtige bayerische Alpenlandschaft liefern schöne Bilder, sie passen ins Klischee. Unvergessen ist der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama in einer aufgebauten Biergarten-Kulisse.
Und das abgeschieden gelegene Nobel-Hotel in den Bergen lässt sich gut schützen, nur ein Sträßchen führt hinauf, drum herum gibt es lediglich Wanderwege. Nicht so wie beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg, als tausende Randalierer und Gewalttäter die Innenstadt überzogen und wüteten. Hamburger Bürgermeister war damals übrigens Olaf Scholz.
Das G7-Spektakel ist für die Region im südlichsten Bayern Auszeichnung und Zumutung in einem. An der Grenze zu Österreich kontrolliert die Polizei, gewaltbereite Demonstranten sollen vorab aus dem Verkehr gezogen werden. Um das Schloss Elmau ist schon jetzt weiträumig ein 16 Kilometer langer Sicherheitszaun aufgestellt. Zutritt erhält man nur mit einer Akkreditierung. Die Gullys sind bis nach Garmisch-Partenkirchen versiegelt, damit darin etwa kein Sprengstoff deponiert wird oder Demonstranten ihnen entsteigen.
Wer einmal richtig viel Polizei sehen will, der sollte an einem Gipfeltag
die A 95 von München nach Garmisch-Partenkirchen fahren. Insgesamt sind 18000 Polizisten aus Bayern, anderen Bundesländern und von der Bundespolizei im Einsatz. An der bekannten Sprungschanze ist ein "mobiles Justizzentrum" aufgebaut worden - 25 Staatsanwälte und vier bis sieben Richter werden dort stets anwesend sein, um über mutmaßliche Straftäter gleich vor Ort zu urteilen. In den Containern gibt es 50 Arrestzellen sowie Räume für Vernehmungen, Verteidiger und KripoSachbearbeiter. Beim vergangenen Gipfel gab es insgesamt 42 vorläufige Festnahmen, in sieben Fällen wurden Personen länger in Gewahrsam genommen.
Für Einheimische und Urlauber – die gibt es ja auch noch – sind nicht nur die drei Gipfel-Tage durch erhebliche Beeinträchtigungen getrübt. Schon jetzt werden Straßen wegen Demonstrationen und aus Sicherheitsgründen gesperrt, die Region ist voll mit Polizisten und DelegationsMitgliedern.
Auf der A96 in Richtung Österreich stauen sich seit Beginn der Kontrollen an der österreichischen Grenze die Autos oft stundenlang. Bei gutem Wetter werden die Gipfelteilnehmer vom Flughafen München direkt mit Helikoptern zu einem eigenen Landeplatz am Schloss Elmau fliegen. Bei schlechtem werden sie auf der Autobahn eskortiert.
Der Protest dürfte den Einschätzungen nach deutlich bescheidener ausfallen als 2015 oder gar 2017 in Hamburg. Schon am Samstag werden einige Tausend Demonstranten auf der Münchner Theresienwiese erwartet, die sich für Klima- und Naturschutz, weltweite soziale Gerechtigkeit und die Bekämpfung des Hungers einsetzen.
Am Sonntag sollen dann um die 1000 Menschen in Garmisch-Partenkirchen demonstrieren. Im Protestcamp werden schätzungsweise um die 750 Menschen über mehrere Tage nächtigen. Sportlich wird es dann am
Montag für die Gegner, die zwei Fahrrad-Demos sowie mehrstündige Wanderungen um den Tagungsort planen. Inwieweit auch direkt am Schloss Elmau protestiert werden darf, darüber gab es langes Hin und Her mit dem Landratsamt. Gegner sprachen von einer "unglaublichen Beschneidung unserer Versammlungsfreiheit". Nun hat man beschlossen, dass 50 Demonstranten mit Polizeibussen vor den Tagungsort gefahren werden, um dort "in Hörweite" zu protestieren.
Die Szene der Gegner ist vielfältig und teils widersprüchlich. Inwieweit Autonome vom "Schwarzen Block" nach Oberbayern anreisen, ist unklar. Inhaltlich wird der Klimaschutz viel stärker ins Zentrum gestellt als noch 2015. Dafür scheint es manch einem als sehr problematisch, angesichts des aggressiven Krieges Russlands gegen die Ukraine, wie früher üblich das angebliche imperialistische Gebaren des Westens anzuprangern.