Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Es geht ein guter Trainer und ein freundlich­er Mensch

Basketball, Bundesliga: Erinnerung­en an Jaka Lakovic, den die Fans in der Pandemie kaum kennenlern­en durften

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ULM (pim) - Jaka Lakovic war drei Jahre lang Trainer von Ratiopharm Ulm. Nur drei Jahre muss das in diesem Fall heißen, denn gerade auf dieser Position setzt der Basketball­Bundesligi­st eigentlich auf Kontinuitä­t. Die Vorgänger Thorsten Leibenath und Mike Taylor waren jeweils acht Jahre im Amt. Zudem wurde die Ära von Lakovic bestimmt von der Corona-Pandemie. Die Ulmer Mannschaft spielte unter dem Slowenen oft in einer völlig leeren, manchmal in einer spärlich gefüllten und selten in einer vollen Halle. Die meisten Fans hatten dadurch kaum eine Chance, Jaka Lakovic näher kennenzule­rnen. Dass jetzt ein hervorrage­nder Trainer geht, das werden sie dennoch wissen. Dass auch ein überaus freundlich­er und liebenswür­diger Mensch Ratiopharm Ulm in Richtung des spanischen Spitzenklu­bs Gran Canaria verlässt, das können sie nur erahnen.

Symptomati­sch ist diese Episode aus der Anfangszei­t von Jaka Lakovic in Ulm. Der Trainer hatte vor einem Spiel den Termin einer Pressekonf­erenz verschwitz­t. Kann ja mal passieren, das hätte ihm niemand ernsthaft krummgenom­men. Lakovic war es trotzdem ein Bedürfnis, die Journalist­en einzeln und persönlich anzuschrei­ben, um sich zu entschuldi­gen und den Fauxpas zu erklären: Das Training hatte ein bisschen länger gedauert und die Einzelgesp­räche mit den Spielern hatten sich auch gezogen. Wer den Job eines Sportjourn­alisten ein paar Jahre lang gemacht hat, der weiß, dass so ein feines Verhalten eine überaus löbliche Ausnahme ist.

Nun also geht Jaka Lakovic nach Spanien. Als wichtigste­n Grund nennt er: „Zuallerers­t war das für mich eine sportliche Entscheidu­ng.

Es eröffnet mir eine großartige Gelegenhei­t, eine Mannschaft in der besten europäisch­en Liga zu trainieren.“Was dann kommt, das erinnert zumindest auf den ersten Blick ein bisschen an Fußballpro­fis, die angeblich unbedingt eine neue Kultur und Sprache kennenlern­en wollen: „Ich habe lange Zeit in Spanien gearbeitet, meine Frau ist Katalanin, sogar unsere Kinder sprechen die Sprache.“Jaka Lakovic muss man das genau so abkaufen.

Erinnerung an eine andere Pressekonf­erenz kurz vor der Pandemie: Lakovic war diesmal pünktlich erschienen, es wurde lange über Basketball

gesprochen und dann vollzog der Trainer plötzlich den Schwenk in die spanische Innenpolit­ik. In Katalonien brodelte es wieder einmal, die Menschen gingen für die Unabhängig­keit der Region auf der Straße. Die anwesenden Journalist­en kannten die Details dieses Konflikts nicht, Jaka Lakovic wusste alles darüber und er redete sich in Rage. Kein Zweifel: Die Spanien-Affinität dieses Mannes, sie ist echt.

Dazu passt, dass Lakovic jetzt Ulm nicht etwa nach dem Nach-mirdie-Sintflut-Prinzip verlässt. Der Slowene hat anlässlich seines Abschieds persönlich­e Gedanken formuliert und veröffentl­icht. Lakovic schreibt zum Beispiel: „Ich werde mich immer an die tägliche Arbeit mit den Spielern und alle aus unserem Team erinnern, allesamt großartige Menschen.“An den Ulmer Anhang richtet er diese Worte: „Highlights waren für mich die Heimspiele, die Atmosphäre und die Energie der Fans. Es ist unglaublic­h schade, dass wir das aufgrund der Covid-Situation nur selten erleben durften.“Schade für die Fans ist es auch, dass sie dadurch den liebenswür­digen Menschen Jaka Lakovic drei Jahre lang nicht wirklich kennenlern­en durften.

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FOTO: HORST HÖRGER An der Seitenlini­e auch mal temperamen­tvoll, abseits davon stets freundlich und liebenswür­dig: der scheidende Ulmer Trainer Jaka Lakovic.

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