Mann der großen Schritte
Der Siemens-Umbauer Joe Kaeser wird 65
MÜNCHEN (dpa) - Joe Kaeser ist ein Mann für Veränderung. Als der Manager, der am Donnerstag (23. Juni) 65 Jahre alt wird, 2013 die Zügel bei Siemens übernahm, gab es einen großen Industriekonzern – der große Elektromotoren für U-Boote ebenso baute wie Computertomografen, Steuerungen für Industriegeräte, Gas- und Windturbinen, Züge und Waschmaschinen.
Heute gibt es Siemens dreimal: Den immer stärker in Richtung Digitalisierung getrimmten Rumpfkonzern mit dem ursprünglichen Namen, den Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers und den Energietechnikkonzern Siemens Energy. Und manch anderes, wie die Waschmaschinen, wurde verkauft.
Es waren intensive acht Jahre, die Kaeser an der Spitze von Siemens verbrachte. Er übernahm Mitte 2013, als Vorgänger Peter Löscher nach mehreren Gewinnwarnungen gehen musste, ein verunsichertes Unternehmen. Kaeser richtete es auf die wachstumsträchtigen Geschäftsfelder Digitalisierung, Automatisierung und Elektrifizierung aus und trimmte den Konzern – auch mit harter Hand und schmerzhaften Einschnitten wie Stellenabbau – wieder in Richtung Gewinn.
Doch das war ihm nicht genug. Kaeser wollte den ganz großen Schritt gehen und aus dem Tanker – um ein von ihm gerne benutztes Bild zu verwenden – mehrere Schnellboote machen. Und so kamen Abspaltungen: Erst von Siemens Healthineers, dann von Siemens Energy. Ein halbes Jahr später räumte Kaeser den Chefsessel – anders als seine beiden Vorgänger geordnet, geräuschlos und von langer Hand geplant.
Auch Kaeser hat sich verändert. Selbst sein Name spiegelt das wider: Als er im niederbayerischen Arnbruck geboren wurde, hieß er noch Josef Käser. Doch seine 1980 gestartete Karriere bei Siemens führte ihn unter anderem in die USA, woher er ohne Umlaut im Namen und als Joe zurückkam. Er ist auch ein politisch engagierter Weltbürger geworden, sitzt dem Advisory Council der Münchner Sicherheitskonferenz vor.
Und bezieht auf Twitter immer wieder deutlich Position gegen rechts – was ihm in der Vergangenheit schon Morddrohungen eingebracht hat.
Auf Twitter kommentiert Kaeser auch die Entwicklung von Siemens. Oft ist dabei zwischen den Zeilen zu lesen, dass er seine Weichenstellungen auch heute noch hinter vielen positiven Entwicklungen sieht. Das mag durchaus zutreffen: Siemens ist mehr als gut durch die Corona-Krise gekommen. Und im Hauptkonzern dürfte man froh sein, nur noch eine Minderheitsbeteiligung an Siemens Energy zu halten, das unter seiner kriselnden Tochter Siemens Gamesa leidet.
Als General Electric vergangenes Jahr beschloss, sich ebenfalls in drei Unternehmen aufzuspalten, dürfte es für Kaeser ein Fest gewesen sein zu sehen, dass der alte Rivale seinen Kurs nachzeichnet.
Langweilig dürfte es Kaeser auch mehr als ein Jahr seit dem Abschied vom Chefsessel nicht sein. Als Aufsichtsratsvorsitzender von Siemens Energy überwacht er ein Unternehmen, das sich gerade neu erfinden muss. Und mit Daimler Trucks – auch hier steht er an der Spitze des Aufsichtsrats – hat Kaeser ein weiteres frischgeschlüpftes Schwergewicht unter seinen Fittichen. Aufzuspalten gibt es bei dem durch die Trennung von Daimler entstandenen Konzern aber nichts mehr.